Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 95 von 98
Ich habe mich in den letzten Wochen sehr viel mit diesem Thema und auch sehr viel mit den Gegnern eines Vollverschleierungsverbotes beschäftigt. Mir ist dabei aufgefallen: Was alle gemeinsam haben, ist eine wunderbare romantische Vorstellung der Welt. Ich würde die auch gerne haben, aber die gibt es leider nicht. Es ist eine Tatsache, dass die Vollverschleierung, wie sie hier bei uns in Europa ausgetragen wird, entweder ein Zeichen eines politischen Islams oder ein Zeichen der Unterdrückung der Frau ist. Es gibt hier kein Dazwischen. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist höchst an der Zeit, dass wir hier in diesem Gremium auch diese Debatte austragen. Ich würde mir wünschen, auch Ihre Meinungen dazu noch einmal konkret zu hören; ich würde mir wünschen, dass man sich wirklich damit auseinandersetzt. Tatsache ist: Wir Freiheitliche pochen schon sehr, sehr lange darauf, dass eine Vollverschleierung im öffentlichen Raum verboten wird. Das hat ganz klare Gründe. Wir wollen unsere Stadt so erhalten, wie sie ist. Heute ist es die Vollverschleierung, morgen ist es vielleicht das Schariagericht auf offener Straße. Kein Fußbreit! Wir müssen beharren auf unseren Errungenschaften! Wir haben hier nicht einmal 100 Jahre ...
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk (unterbrechend): Frau Kollegin! (GR Armin Blind: Es geht eh um G‘wand!) Darf ich Sie trotz toleranter Auslegung bitten, wieder zum Geschäftsstück zu kommen. Da geht es um Dienstbekleidung der MA 68. (GR Armin Blind: Na eben! Das ist die Burka?!)
GRin Elisabeth Ullmann (fortsetzend): Tatsache ist, wenn es vorgeschrieben ist, im Dienst Dienstbekleidung zu tragen, was macht dann die vollverschleierte Frau? Wird das dann irgendwie versteckt darunter? Das heißt, es gibt keine Erkennung mehr, keine Sicherheit. Um noch einmal darauf zurückzukommen: Wir sollten hier keinen Fußbreit in die falsche Richtung öffnen.
Wir tun auch niemandem weh, wenn wir das verbieten. Wir wissen ganz genau: Die Frauen, die die Vollverschleierung selbst freiwillig tragen, wollen damit ein politisches Statement abgeben. Es ist also sozusagen eine textile Abgrenzung von unseren Werten. Die, die dazu gezwungen werden, werden das meistens von ihren Männern. Da gibt es auch sehr, sehr viele Gegenargumente, dass die Frauen dann zu Hause bleiben müssen, eingesperrt werden, et cetera, die aber auch schon längst widerlegt sind. Das wird sicherlich nie der Fall sein. Die Einkäufe wird immer noch die Frau erledigen müssen. Ich frage mich auch, ob Sie in Wien die sogenannten Niqab-Shops schon irgendwie unter Beobachtung genommen haben. Da geht es auch nicht um Bekleidungsgeschäfte, sondern um Treffpunkte für Salafisten und Islamisten.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk (unterbrechend): Frau Kollegin! Bei jeder Toleranz, aber ich konnte jetzt nicht den Zusammenhang mit der Dienstbekleidung der MA 68 finden. (GR Mag. Wolfgang Jung: Entschuldigung, das ist an den Haaren herbeigezogen!) Aber bei dieser Postnummer geht es um Dienstbekleidung der MA 68 (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Feuerwehr!) - Ja, Feuerwehr. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und GRÜNEN.)
GRin Mag. Elisabeth Ullmann (fortsetzend): Ich möchte jetzt die Chance nützen, im Sinne der Dienstbekleidungsvorschriften eine andere Bekleidungsvorschrift mit einem Beschlussantrag durchzubringen. Und zwar geht es um das Verbot der Verschleierung des Gesichts im öffentlichen Raum und im öffentlichen Dienst. Ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ. - Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste ist Frau GRin Mag. Huemer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kollegin!
Es war schon sehr spannend, zu schauen, wie Sie sich verbiegen, um Ihren Antrag unter diesem Tagesordnungspunkt einzubringen. Ich werde auch hier keine lange Debatte zu Ihrem Verschleierungsverbotsantrag führen, so wie Sie das wünschen. Ich möchte aber trotzdem hier festhalten, und das werden Sie ja dann ohnehin auch im Abstimmungsverhalten sehen, dass wir Grüne absolut gegen das Verschleierungsverbot sind. (Ruf bei der FPÖ: Warum denn nicht?)
Ich kann Ihnen auch sagen, warum - Sie haben gemeint, es wäre ein Zeichen der Unterdrückung, und so weiter. Das Verbot ist absolut der falsche Weg. Wien geht den Weg der Angebote und nicht den Weg der Verbote. (GR Dominik Nepp: Bald kommt der Antrag auf ein Gebot von Ihnen! - Heiterkeit und Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP. - GR Mag. Manfred Juraczka: Da schau her!)
Die Angebote sind Beratungsangebote in mehreren Sprachen. Ich meine auch Angebote, wenn es um arbeitsmarktpolitische Unterstützung geht, Angebote, wenn beispielsweise auch Gewalt im Spiel ist. Hier haben wir einen Rechtsstaat, hier haben wir Gesetze. (Ruf bei der FPÖ: Dienstbekleidung!) Darf ich Sie bitten, Ihre Wortmeldungen einzustellen? Gut. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich möchte nur kurz die Debatte von der Frau Kollegin, diesen Ball aufgreifen. Es geht beim Verschleierungsverbot in keinster Weise um das, was Sie vorgeben, nämlich um die Emanzipation von Frauen oder um die Gleichstellung von Frauen, genauso wenig, wie es in Ihrem Antrag um Dienstbekleidung geht. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Ruf bei der FPÖ: Haben Sie ihn gelesen?) Nein.
Sie instrumentalisieren schon wieder einmal die Burka, sie instrumentalisieren eigentlich auch hier dieses Haus, sie instrumentalisieren auch in gewisser Weise unsere Toleranz. Aber im Gegensatz zu Ihnen haben wir Toleranz, denn uns stört es nicht, wenn eine Frau beispielsweise in einer Verschleierung durch die Gegend geht.
Aber in einem Punkt bin ich tatsächlich auch bei Ihnen, dass es mir schon auch um Entschleierung geht, nämlich um die Entschleierung Ihres Kalküls, Ihres Populismus, der Politik der FPÖ, die ich hier in dieser Sache
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