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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 71

 

sen. Auf der anderen Seite stärkt es natürlich auch unseren Export. Bitte, ich bin aus Oberösterreich: Wenn heute die voest sehr viel nach Kanada exportiert, wenn viele Betriebe neue Jobs schaffen, weil im Export dementsprechend der Bedarf sehr groß ist, weil sie sich die doppelten Zertifizierungen ersparen können, dann ist das eine echte Win-win-Situation. Ich glaube, diese Win-win-Situation gilt es ganz einfach zu nutzen, und ich glaube, das ist auch der Grund, warum sich die Europäische Volkspartei und auch die ÖVP klar für das CETA-Abkommen einsetzen.

 

Ich muss auch ehrlich sagen, es war für mich keine große Überraschung, wie der Bundeskanzler Kern die Umfrage gestartet hat, wie es mit bilateralen Handelsabkommen in Zukunft weitergeht. Ich würde sagen, die Leute, die in der täglichen Arbeit sind, sagen, es ist natürlich Aufgabe der Politik, derart komplexe Verträge durchzuführen, vielleicht noch von Universitätsprofessoren. Natürlich haben sich alle Politiker im Detail damit zu beschäftigen, aber für mich als Staatsbürger vertraue ich eigentlich den Entscheidungsträgern und den Experten, das dementsprechend umzusetzen.

 

Das hat auch die Befragung ergeben. Wenn man hernimmt, dass nur 7 Prozent an der Befragung teilgenommen haben, und nicht alle waren da Parteimitglieder, und von den 7 Prozent haben sich noch 15 Prozent für CETA ausgesprochen, dann sieht man, dass sich das Interesse der Bevölkerung für derartige Verträge wirklich in überschaubaren Grenzen hält.

 

Deshalb ist auch eine Befragung des Volkes in dieser Detailliertheit natürlich eine Herausforderung. Denn wer ist schon bereit, diese Verträge zu lesen und die Auswirkungen der verschiedenen Paragraphen dementsprechend zu beurteilen? Aus diesem Grund ist es, glaube ich, auch in Zukunft wichtig, sich damit zu beschäftigen, wie wir unseren Bürgern und Bürgerinnen dementsprechend helfen können.

 

Lassen Sie mich aber noch ein zweites Beispiel anführen, das auf der Tagesordnung steht, und das ist die Frage des Brexit. Sind wir besser aufgehoben in einem gemeinsamen Binnenmarkt? Wie wird sich die internationale Entwicklung auf unser Wohlstandsniveau in Europa auswirken? Da geht es ganz einfach darum, dass es im Kern notwendig ist, dass das, was wir konsumieren wollen, auch produziert werden muss. Wir sind alle sehr stark, besonders in der Politik, auf der Seite des Konsumenten, dass wir untereinander teilen, dass jeder genügend hat, dass wir im Wohlstand leben. Aber es sind sehr wenige auf der Seite, wo produziert wird, dort, wo Leistung erbracht wird, dort, wo eigentlich das entsteht, was die Bevölkerung zum Leben dementsprechend braucht.

 

Der Brexit als der Antrag einer Gruppe von Menschen, die glauben, dass man in Großbritannien allein und im Commonwealth sich besser entwickeln könnte als in der Europäischen Union, ist, glaube ich, auch etwas, was man respektieren muss. Was man nicht respektieren kann, ist, wenn mit Lügen, Unterstellungen und falschen Argumenten gearbeitet wird. Wenn der Herr ... (GR Mag. Wolfgang Jung: Wenn es ernst wird, muss man lügen, hat der EU-Präsident gesagt!)

 

Ja, das hat es schon auf mehreren Ebenen gegeben, diese Sprüche. (GR Mag. Wolfgang Jung: Ja, ja!) Ich glaube, dass man mit der Wahrheit am besten fährt. Natürlich geht es auch darum, dass beim Brexit sehr viele Unterstellungen getätigt worden sind (GR Mag. Wolfgang Jung: Das war ja vor dem Brexit!), die nicht der Realität entsprechen. Aber lassen Sie uns zum Fachlichen zurückkommen. Was ist nach dieser Abstimmung eigentlich das Resultat? Ein Drittel der Stimmberechtigten hat für den Brexit gestimmt, ein bisschen mehr als ein Drittel. Ein Drittel hat gegen den Brexit gestimmt, und ein Drittel hat sich an der Befragung nicht beteiligt.

 

Jetzt geht es darum: Laut dem Lissabon-Vertrag muss der Art. 50 erklärt werden, also die Regierung muss offiziell an die Staats- und Regierungschefs den Austritt bekannt geben. Das ist bis heute nicht erfolgt, weil es natürlich bis jetzt keine seriösen Analysen gegeben hat, was der Art. 50 in Großbritannien für die Politik bedeutet. Darf da Westminster mitstimmen? Darf das Oberhaupt mitstimmen? Dürfen sich die beiden Parlamente an dieser Abstimmung dementsprechend mitbeteiligen? Das entscheidet derzeit der High Court. Also wird es sehr interessant, wie weit die Mitbestimmungsrechte der gewählten Politiker sich dementsprechend gestalten.

 

Wir haben natürlich auch gesehen, dass diese Brexit-Frage viele verschiedene Ebenen hat. Da geht es nicht nur darum, dass man den Lissabon-Vertrag dementsprechend neu verhandeln muss. Das heißt, wir brauchen auf europäischer Ebene wieder einen Konvent, und wir müssen schauen, wie wir die Ordnung innerhalb der 27 Mitgliedstaaten neu definieren.

 

Wir haben internationale Verträge, die in den letzten 43 Jahren auch von Großbritannien mitverhandelt wurden. Wie verhält es sich jetzt mit diesen internationalen Verträgen? Zum Beispiel der Vertrag mit der Ukraine, ein sehr umfangreicher, sehr detaillierter Vertrag - kann man den einfach dann auf die Seite legen? Also diese juristischen Fragen sind hochinteressant, und natürlich auch die gesamten Handelsabkommen, die die Europäische Union in den letzten 43 Jahren für die Mitgliedstaaten verhandelt hat. Wie geht es in diesem Bereich weiter?

 

Deshalb ist es, glaube ich, immer gut, sich zuerst die Optionen zu überlegen, wenn man derartige Schritte vorhat. Aus der Geschichte Europas ist uns eigentlich allen klar, dass sich unsere Landesgrenzen immer verändert haben, und es geht jetzt ganz einfach darum, Spielregeln zu entwickeln, auch in Zukunft: Was passiert, wenn jemand austritt? Meine Meinung ist, praktisch wie den Beitritt sollte man den Austritt spiegeln und dann dementsprechend auch die Möglichkeit geben, nicht in der Europäischen Union sein zu müssen, mit allen dazugehörigen Folgen. Wenn man die Folgen sauber auf den Tisch legt, wenn man sich die Pros und Kontras anschaut, dann ist es, glaube ich, relativ leicht, sich für die eine oder andere Variante zu entscheiden.

 

Deshalb, und das ist meine Bitte an Sie: Wir vom Europäischen Parlament glauben, dass eine Debatte auch

 

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