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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 71

 

Da frage ich Sie: Stört Sie diese unheilige Allianz der Protektionisten, der Nationalisten, derer, die Ängste schüren, nicht? Haben Sie sich einmal die Videos angeschaut, die hier in einer Kampagne gegen freien Handel propagiert werden, etwa von Greenpeace? Das hat ein Ausmaß angenommen, das erschreckend ist!

 

1994, als wir über den Beitritt zur Europäischen Union diskutiert haben, habe ich als junger Mensch vor allem von Jörg Haider und der FPÖ von Blutschokolade gehört. Da stellt man sich gewissermaßen Blutklumpen in der Schokolade vor! Es war auch die Rede von Schildlausjoghurt. Das waren grausame Vorstellungen, die da gezeichnet wurden und die uns alle Angst vor diesem Vereinten Europa machen sollen hätten! - Aber nichts ist passiert! Jetzt sind es die Chlorhühner, im Hinblick auf welche man sich auch so richtig schön die weiße, ausgebleichte Haut vorstellt und man geradezu diesen Chlorgeschmack spürt und riecht. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Ich lehne diese Art und Weise, Politik mit Ängsten zu machen, ab! Das ist genau das Gleiche! Das ist die Allianz, in der Sie sich jetzt wiederfinden! Das müssen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern und den jungen Menschen sagen. denen Sie damit Chancen auf Arbeitsplätze und Chancen auf die Zukunft nehmen! - Meine Kollegin Claudia Gamon hat es im Nationalrat gesagt: „Wer hier ohne Freihandel ist, werfe das erste iPhone!“ - Dieser Protektionismus ist einfach nur lächerlich! (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich habe heute auch schon auf Twitter darüber diskutiert: Ich halte das für gefährlich, denn mit diesem insinuierten Kampf gegen ein Europa der Konzerne erreichen wir letztlich, was wir nicht wollen. Kollege Raimon hat gesagt, stoppen wir zuerst Ceta und dann TTIP! - Da könnte man aber auch sagen: Stoppen wir Arbeitsplätze, Wachstum und Chancen! Das wäre sozusagen die Erweiterung dieses Slogans. (StR DDr. Eduard Schock: Wir wollen gleichberechtigte Partner bei Verhandlungen. Das ist der Punkt!) Damit betreiben Sie nichts anderes als das Geschäft der Nationalisten und Populisten, nämlich eine Stärkung der Ablehnungshaltung gegenüber der Europäischen Union!

 

Das war natürlich auch bei der FPÖ der Fall. Ich kann mich ganz genau an die Debatte erinnern, die wir hier geführt haben, dass wir Wien zur CETA-freien Zone erklären. Das ist Populismus! Das ist Politik mit der Angst der Bevölkerung mit Blick auf einen kurzfristigen Stimmungsumschwung oder Wahlgewinn! Letztlich unterminieren Sie aber das Vertrauen in dieses Vereinte Europa, und das in einer Zeit, in der es gerade wichtig wäre, für dieses Friedens- und Freiheitsprojekt einzutreten!

 

In diesem Punkt ist die FPÖ überhaupt nicht konsistent! Sie wollen ein Europa der Nationen und eine Wirtschaftsgemeinschaft. So habe ich das verstanden, oder? Das heißt, Freihandel ist Teil Ihres Konzepts, aber nur dann, wenn es sich um Freihandel zwischen europäischen Staaten handelt, nicht aber, wenn es um Freihandel zwischen Europa und Kanada beziehungsweise Europa und den USA geht. Und wie stehen Sie zu den anderen 60 Freihandelsabkommen? In diesem Punkt sind Sie nicht konsistent, weil es Ihnen auch nicht um Konsistenz geht. Es geht Ihnen ausschließlich um Populismus und darum, die Stimmung aufzugreifen, die es in der Bevölkerung gibt. Dabei zeigt sich das, was ich gestern, glaube ich, an dieser Stelle schon gesagt habe, nämlich dass ich meine, dass Wien nicht in guten Händen wäre, wenn Sie es regieren würden, denn Sie haben keine Ahnung von Wirtschaft, keine Ahnung davon, wie man Arbeitsplätze schafft, keine Ahnung, wie man Innovationen fördert, keine Ahnung von Forschung und Entwicklung! Sie würden Arbeitsplätze letztlich vernichten! (Beifall bei den NEOS.)

 

Nun ein abschließender Appell: Ich habe auch die Papiere gelesen, die jetzt rund um Brexit und zur Zukunft der Europäischen Union kursieren, wie man jetzt damit umgeht. - Wenn von Seiten der europäischen Think Tanks, die einmal Motoren der europäischen Integration waren, nun Papiere kursieren, die de facto darauf hinauslaufen, zwar eine Wirtschaftsunion herzustellen, also eine freie Zirkulation von Waren, Dienstleistungen und Kapital, wozu man dann Ja sagt, was Sie ja auch tun, es aber letztlich nicht schaffen, Personenfreizügigkeit herzustellen, was darüber hinaus ein politisches und identitätsstiftendes Projekt ist, dann sehe ich dieses Projekt wirklich als gefährdet an!

 

Ich frage Sie: Ist es das, wohin wir gehen wollen? In eine reine Wirtschaftsgemeinschaft, wo sozusagen Kapital, Waren und Dienstleistungen frei florieren und zirkulieren können, Menschen jedoch nicht mehr? - Ich will das nicht, und ich werde jeden Tag dafür kämpfen, dass das Projekt dieses Vereinten Europa für Frieden, Freiheit, Wohlstand und Chancen der Jungen erhalten bleibt! - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin MMag. Dr. Kugler, und ich erteile es ihr.

 

12.48.34

GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP)|: Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Abgeordnete zum Europäischen Parlament!

 

Wie meine Kollegen hier wissen, bin ich normalerweise sehr zurückhaltend mit Kritik und Vorwürfen auch gegenüber den anderen Parteien hier im Haus. Ich glaube aber, heute muss ich mich bei allen unbeliebt machen und zu einigen Themen hier Stellung nehmen, hinsichtlich welcher wir sicherlich anderer Meinung sind. Ich möchte über die Sozialunion, über Ceta, über die Lebensrealitäten und die Städte und dann auch noch über den Brexit sprechen.

 

Ich beginne mit der Sozialunion und knüpfe an die Debatte an, die wir am 27. Juni an dieser Stelle geführt haben. Als Antwort auf den Brexit haben besonders die Grünen gefordert, dass eine Sozialunion geschaffen wird. Es ist für mich vollkommen unverständlich, wie man sagen kann, dass die Briten die EU in dieser Form nicht haben wollen und wir deshalb jetzt eine vertiefte Union, eine Sozialunion, brauchen. (Zwischenruf von GRin Mag. Barbara Huemer.)

 

Ich darf Ihnen Ihre eigenen Zitate vorlesen, Frau Kollegin Huemer! Sie haben gesagt: „Die Kritik, die derzeit

 

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