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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 71

 

GR Markus Ornig, MBA (NEOS)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

 

Wir haben uns schon gestern in diesem Haus intensiv über unsere Vorschläge für ein Demokratieschutzpaket unterhalten, und dieses Geschäftsstück zeigt mir ganz klar, dass ein Punkt, nämlich wenn es um die Transparenz der Unternehmungen in Wien geht, ein sehr wichtiger ist, den wir uns genauer anschauen müssen. Was hier zutage kommt, ist schon sehr - ich drücke es einmal nett aus - verwunderlich.

 

Worüber sprechen wir bei diesem Geschäftsstück? Die MA 53 soll mit der WH Digital, einer Tochter der WH Medien GmbH für die Leistungen im Digitalbereich einen Rahmenvertrag abschließen beziehungsweise verlängern. Da geht es unter anderem um Web Content, Betreuung Social Media, Graphikleistungen und so weiter. Dieser Vertrag hat ein Gesamtvolumen von 1,56 Millionen EUR pro Jahr. Das sind immerhin 7,8 Millionen EUR in der gesamten Laufzeit von 5 Jahren, und das ohne jegliche Ausschreibung. Die Aufgaben wurden schon 2011 von der WH Medien übernommen. Damals gab es eine Ausschreibung, und die WH Medien hat sich auf Grund des besten Preises durchgesetzt. Da fragt man sich, warum man die Konkurrenz hier so klar überbieten konnte. Wir haben sogar eine Antwort von der MA 53 dazu bekommen, die ganzen offen sagt: Na ja, weil man als städtischer Konzern ja nicht profitorientiert arbeiten müsse. Jetzt macht man überhaupt keine Ausschreibung mehr. Die MA 53 verweist auf das Vergaberecht § 10 Z 1 Bundesvergaberecht, wonach Direktvergaben an Firmen im Besitz der Stadt Wien zulässig seien. Da spricht man von sogenannten Inhouse-Vergaben. Es gibt aber auch das sogenannte Wesentlichkeitskriterium, das man nicht außer Acht lassen kann - da komme ich später noch darauf zurück, aber so lapidar ist es nicht -, bei einer Inhouse-Vergabe ein Kontrollkriterium, das eine Einrichtung wie eine eigene Dienststelle beherrscht. Das ist hier sicher der Fall. Aber das Wesentlichkeitskriterium besagt, dass der Auftragnehmer zumindest 80 Prozent seines Geschäftes mit dem öffentlichen Auftraggeber macht. Das hört sich sehr nett an, aber wenn man jetzt die Frage stellt, ob dieses Kriterium bei der WH Digital zutrifft, dann bekommt man die Antwort: Das ist Betriebsgeheimnis. Für den Gemeinderat und vor allem für die Opposition ist es also nicht überprüfbar, und es ist wieder einmal Sinnbild dafür, wie intransparent unsere Stadtregierung ist und wie hier bewusst Strukturen in ausgelagerten Unternehmen geschafft werden, dass ja alles hinter verschlossenen Türen bleibt. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das ist noch lange nicht alles: Jetzt hat die WH Digital eine Tochter, die WH Interactive, ein Unternehmen, das laut Kundenliste auf der Website jedenfalls einige Kunden in der Privatwirtschaft hat; als Beispiele habe ich mir bwin, Sofitel oder Fairtrade herausgesucht. Ich könnte jetzt einen Sidestep machen und darüber reden, ob es integer ist, wenn wir doch gemeinsam das Glücksspiel in Wien bekämpfen wollen und mit Verboten arbeiten, aber ein Konzern wie bwin eine Stadttochter natürlich sehr gern servicieren darf. Aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Fakt ist: Es darf nicht sein, dass öffentliche Unternehmen, die kompetitiv am Markt unterwegs sind, durch Direktvergaben einen maßgeblichen Vorteil gegenüber der Konkurrenz bekommen. Mein Damen und Herren, so etwas nennt man Marktverzerrung. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das zeigt auch auf, wie Ihr Wirtschaftsverständnis ist, liebe rot-grüne Stadtregierung, und das ist meiner Meinung nach strikt abzulehnen. Es wird nicht einmal mehr versucht, alternative Angebote einzuholen, die vielleicht qualitativ hochwertiger oder günstiger sind. Die Stadt betreibt mit der öffentlichen Hand im Rücken, die sich ja nach Belieben verschulden kann, und das ist ja in Wien der Fall, Konkurrenz zu privaten, kleinen, österreichischen Unternehmen, die solche Dienstleistungen genauso anbieten. Für diese Unternehmer und Unternehmerinnen ist das nichts anderes als ein Schlag ins Gesicht, meine Damen und Herren.

 

Was ich noch weniger verstehe - der Herr Juraczka, die Herrschaften sind gerade ein bisschen abgelenkt (in Richtung der sich unterhaltenden GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc und GR Mag. Manfred Juraczka - GR Mag. Manfred Juraczka: Muss ich jetzt auf jeden NEOS-Redner reagieren?) -: Dass Sie, liebe ÖVP, hier mitgehen, ist für mich absolut unbegreiflich. Sie unterstützen einen Player der Stadt, der den kleinen und mittleren Unternehmen das Wasser abgräbt. Das muss man sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen, das ist nämlich ein echter Tiefpunkt für Sie als Wirtschaftspartei. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich freue mich sehr, dass Herr Juraczka jetzt aufspringt und sich doch noch zu Wort meldet, denn eigentlich wollten Sie sich schön ruhig durch diesen Tagesordnungspunkt durchstehlen. Ebenfalls unbegreiflich ist mir die ehemalige Sauberpartei der GRÜNEN zu meiner Rechten, die als Mehrheitsgeber dieser Stadtregierung solche Deals oder Rahmenverträge des Koalitionsfriedens wegen einfach abnicken. Da hat sich auch noch keiner zu Wort gemeldet. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn Sie hier verteidigend rausgehen und Gegenargumente bringen, die mich davon überzeugen, dass das ein Top-Deal ist. (Beifall bei den NEOS.)

 

Leider ist das noch nicht einmal das Ende der Argumente, warum wir diesem Deal auf keinen Fall zustimmen können. Wir müssen uns auch ansehen, was die WH Medien, die erneut fast 8 Millionen EUR bekommen soll, eigentlich für ein Konzern ist. Zunächst einmal ist sie - große Überraschung - eindeutig parteipolitisch besetzt. Herr Marcin Kotlowski ist Geschäftsführer, sein Lebenslauf, glaube ich, ist allgemein bekannt: ehemaliger Kommunikationschef der SPÖ Bundespartei, ehemaliger Mitarbeiter im Kabinett von Medienminister Ostermayer, und natürlich darf es nicht fehlen, dass er auch schon im echo medienhaus tätig war. Auch die bereits erwähnte WH Medienbeteiligung, die WH-Interactive, wird von einem Parteifreund der Roten geführt, dem SWV-Mann André Reininger, dessen Werbeagentur 2012 als WH-Interactive ins Firmennetzwerk der Stadt eingegliedert wurde. Da zeigt sich schon ganz klar, dass

 

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