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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 13.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 69

 

wertiges, erschwingliches Wohnen ermöglicht. Ich bringe in Erinnerung, dass Wien das einzige Bundesland ist, das auch tatsächlich die Wohnbauförderungsmittel für den Wohnbau einsetzt. Gleichzeitig zeigt sich aber auch an diesem Beispiel des Wohnbaues, welchen Strukturwandel die Stadt letztendlich in den letzten Jahren vollzogen hat und auch zukünftig vornehmen wird. Ehemalige Betriebsgebiete, Bahnhöfe, Kasernenareale, die ihre Bedeutung verloren haben, erhalten durch den geförderten Wohnbau eine neue Identität und gleichzeitig kann dabei die vorhandene Infrastruktur optimal ausgenutzt werden. Dazu zählen beispielsweise die ehemaligen Coca-Cola-Gründe in Favoriten, das ehemalige Gaswerk Leopoldau in Floridsdorf oder das Areal der ehemaligen Sargfabrik in Liesing. Es gibt viele andere Beispiele, die man anführen kann. Gerade das Beispiel Nordbahnviertel zeigt, wie in einem sinnvollen Mix von privatem, von freifinanziertem und gleichzeitig von gefördertem Wohnbau qualitatives Wohnen und Arbeiten kombiniert mit Bildungs- und Freizeiteinrichtungen angeboten werden kann. Das heißt, auf einem Areal, das immerhin 85 Hektar umfasst, kann neben der sozialen Durchmischung auch eine funktionale Durchmischung sichergestellt werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine ganz wichtige Entscheidung zur Sicherung von leistbarem Wohnraum war auch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu den Richtwertmieten, indem das Höchstgerichtsurteil die geltenden gesetzlichen Regelungen als verfassungskonform bestätigt. Es ging konkret um die Frage, ob das gesetzliche Verbot von Lagezuschlägen für Mietwohnungen in Gründerzeitvierteln verfassungswidrig sei. Weiters musste die gesetzliche Regelung hinsichtlich der pauschalen Abschläge für befristete Mietverträge beurteilt werden. Beides wurde als verfassungskonform bestätigt und die Anträge auf Aufhebung abgewiesen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Begründung dieses Urteils, in der davon die Rede ist, dass es dem sozialpolitischen Ziel diene, Wohnen in zentrumsnaher, städtischer Lage zu Preisen zu ermöglichen, die es auch Personen mit mittleren oder niedrigen Einkommen erlauben, ihren Wohnbedarf in dieser Lage angemessen zu decken. Das ist natürlich eine enorme Entscheidung für die Mieterinnen und Mieter, auch ein Erfolg der Mieterhilfe Wien, die sich auch entsprechend vor dem Höchstgericht eingesetzt hat.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht aber auch darum, dieses international anerkannte Erfolgsmodell des Wiener Wohnbaues, des geförderten Wohnbaues, das auch immer wieder Angriffen auf europäischer Ebene ausgesetzt ist, entsprechend zu verteidigen. Daher sind auch die Initiativen des Wohnbaustadtrates, auf europäischer Ebene Bündnispartner zu finden, um gemeinsam diesen Gedanken des gemeinnützigen Wohnbaues in Europa zu stärken, entsprechend zu würdigen, weil es letztendlich auch darum geht, das Bewusstsein zu schaffen, wie notwendig dieser geförderte Wohnbau auch für nachfolgende Generationen ist und dass er eine wichtige Dienstleistung im Sinne einer sozialen Durchmischung darstellt.

 

Kollege Gara hat auch die Treffsicherheit angesprochen. Ich meine, zur Treffsicherheit, nämlich jene zu fördern, die besonders die Förderung brauchen, gehört aber auch die wesentliche Frage einer sozialen Durchmischung, die auch für den sozialen Frieden in dieser Stadt besonders wichtig ist, weil man an einer Wohnadresse noch nicht den Status eines Menschen erkennen soll. Daher spielen sowohl die Durchmischung der Generationen wie auch die soziale Durchmischung eine wichtige Rolle. (GR Mag. Manfred Juraczka: Es sagt ja niemand, dass die Leute ausziehen müssen!)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gäbe noch viele Beispiele anzuführen, nämlich die Erfolgsgeschichte der Sanierungen beispielsweise, die ja in ganz Wien sichtbar sind und die nach mehr als 40 Jahren einer sozial orientierten Stadterneuerung natürlich auch im Jahr 2017 fortgesetzt werden sollen.

 

Aber lassen Sie mich zum Schluss noch auf die Vorbereitungen zur internationalen Bauausstellung zum Thema „Neues soziales Wohnen“ eingehen, die hier in einem mehrjährigen Prozess bis zum Jahre 2022 laufen soll und bei der es darum geht, den sozialen Wohnbau für diese Stadt sowie für neue Stadtteile weiterzuentwickeln. Es geht auch darum, nicht nur Fachleute einzubinden, sondern natürlich auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Es geht darum, Lösungen zu Fragen, die die hohe Wiener Wohn- und Lebensqualität betreffen, auf der einen Seite zu erarbeiten, nämlich wie diese auch unter aktuellen Rahmenbedingungen weiter gesichert und ausgebaut werden kann, und auf der anderen Seite die vorhandenen Instrumente der Wohnungspolitik, wie etwa den Wohnfonds oder die Wohnpartner zu evaluieren beziehungsweise zu prüfen und weiterzuentwickeln. Es geht im Wesentlichen um fünf Fragen, die im Rahmen dieser internationalen Wohnbauausstellung diskutiert werden sollen. Beim bereits angesprochenen Bereich des leistbaren Wohnens: Wie kann es gelingen, für eine steigende Anzahl an Menschen mit besonders geringem Einkommen ausreichend qualitative und leistbare Angebote bereitstellen zu können?

 

Wie begegnen wir der veränderten Altersstruktur in dieser Stadt? Die Stadt wird jünger und älter zugleich. Wie müssen zeitgemäße Wohnformen für diese Bevölkerungsgruppen aussehen? Dritter Bereich: Vielfalt und Partizipation. Auch hier die Auseinandersetzung mit Beteiligungsmodellen, Aktivierungsprozessen. Vierter Punkt: eine neue, grundsätzliche Architekturdiskussion. Fünfter Punkt: Klima und Umweltschutz, der sich mit der Frage beschäftigt, wie es gelingen kann, Stadtteile zu schaffen, die mit einer optimalen Energiebilanz errichtet und über die Lebenszeit der Gebäude betrieben werden können.

 

Alles wesentliche zukünftige Fragen, wobei es im Rahmen dieser internationalen Bauausstellung auch darum geht, Wien weiterhin als europa- und weltweites Kompetenzzentrum für soziales Wohnen zu etablieren und dabei immer die Wohnzufriedenheit für die zukünftigen Mieterinnen und Mieter im Fokus zu haben. In diesem Sinne darf ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsgruppe für ihr Engagement,

 

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