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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 13.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 69

 

dadurch aus, dass es eben auch eine Opposition gibt, die die Regierung wieder auf den Boden der Realität zurückholt, die Finger in Wunden hineinlegt (GR Christian Deutsch: Keine Vorschläge!), wo eben Sachen nicht für in Ordnung befunden werden können und wo schlichtweg einige Sachen aus dem Ruder laufen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie haben den Kollegen von der ÖVP kritisiert, weil er diesen Betrugsskandal angesprochen hat, aber das hat nichts mit Skandalisieren zu tun, sondern was ein Skandal ist, das kann durchaus auch als Skandal bezeichnet werden, wie ich meine, und nichts anderes ist das.

 

Auch wenn es Ihnen unangenehm ist, ich werde diesen Skandal heute, hier und jetzt thematisieren, weil er sehr wohl viele Verfehlungen aufzeigt, die ganz offenbar in der Vergangenheit passiert sind beziehungsweise zu dem geführt haben, wo wir heute stehen.

 

Meine Damen und Herren, wir reden von 65 Millionen EUR. Von 65 Millionen EUR kolportiertem Schaden für Wiener Wohnen, von 65 Millionen EUR Schaden für die Stadt Wien, von 65 Millionen EUR Schaden für die Wienerinnen und Wiener, schlichtweg für die Steuerzahler, aber auch von 65 Millionen EUR Schaden für die Mieterinnen und Mieter. 65 Millionen EUR beträgt die kolportierte Schadenssumme des aktuellen Bau- und Vergabeskandals bei Wiener Wohnen, der wohl, wenn man sich so gewisse Ereignisse aus den vergangenen Jahren anschaut, bei Wiener Wohnen vielleicht auch nur die Spitze eines Eisberges sein könnte. Über Jahre hindurch hat scheinbar ein Geflecht aus Firmen, wie man ja auch den Medien entnehmen konnte, Wiener Wohnen Leistungen verrechnet, die zum Teil gar nicht erbracht wurden oder zum Teil nicht in der vertraglich vereinbarten Qualität erbracht wurden, nämlich in minderwertiger Qualität, oder zum Teil auch mehrfach verrechnet wurden, obwohl die Leistung beispielsweise nur ein Mal erbracht wurde. Da gibt es so Gustostückerl wie etwa, dass sieben Mal das Ausmalen verrechnet wurde, obwohl es scheinbar nur ein Mal tatsächlich vorgenommen wurde.

 

Meine Damen und Herren, das ist aber ein Skandal, der nicht über Nacht über Wiener Wohnen hereingebrochen ist und, behaupte ich einmal, durchaus zu verhindern gewesen wäre. Weshalb zu verhindern? - Ich habe viele Berichte in Vorbereitung auf den heutigen Tag recherchiert, und ich bin bei meinen Recherchen auf Berichte gestoßen, die eigentlich schier unglaublich sind, sodass ich mich manchmal selbst vergewissern musste, ob das jetzt Berichte sind oder ob sich diese Berichte tatsächlich auf Wien beziehen oder ob die Berichte sich nicht auf irgendwelche Umstände beziehen, die sich auf Sizilien, Süditalien oder irgendwo in Lateinamerika zugetragen haben. - Nein, diese Berichte handeln tatsächlich von einer Stadt mitten in Europa in einem hochentwickelten Industriestaat. (Beifall bei der FPÖ.) Man hat scheinbar schlichtweg jahrelang bei gewissen Umständen zugesehen, wie sich ein scheinbar sehr tiefer Sumpf entwickeln konnte. Bereits im Jahr 2004 stellte das damalige, mittlerweile zum Stadtrechnungshof umfunktionierte Kontrollamt in seiner Prüfung fest, dass Fassadensanierungen um 300 Prozent teurer verrechnet wurden, als das ursprüngliche Angebot betragen hatte. Das Kontrollamt hat es aufgezeigt, bezahlt wurde es von Wiener Wohnen damals trotzdem. Bereits 2005 kritisierte das Kontrollamt, dass Instandsetzungen von immerhin 6 Innentüren 4.199 EUR betragen haben; wohl bemerkt, eine Innentür bekommt man in einem Baufachmarkt bereits um 300 EUR. Bei einem Gemeindebau, ungefähr im selben Zeitraum, wurden in Simmering damals Leistungen in Rechnung gestellt, die laut Kontrollamt einfach nicht erbracht wurden. All diese Missstände deckte wohlgemerkt das Kontrollamt auf. Wiener Wohnen registrierte all dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Bereits im Gemeinderatswahlkampf 2010 hat eine bestimmte Fraktion auf Grund von Rückmeldungen von Mietern auf diese Missstände, auf diese Machenschaften hingewiesen und kritisierte auch dezidiert die Vergabe an einschlägig bekannte Firmen - drei Mal dürfen Sie raten, welche Fraktion das damals war. Passiert ist aber leider nichts, ganz im Gegenteil, man hat hier leider tatenlos zugeschaut.

 

Bereits im März 2013 wird dann auch medial berichtet: 1.000 neue Aufträge zu viel verrechnet. Korruptionskrimi bei Wiener Wohnen weitet sich aus. In einem Zitat des Direktors von Wiener Wohnen heißt es damals medial aber relativ lapidar dazu: Es kann immer etwas passieren.

 

Meine Damen und Herren, nur so am Rande, Wiener Wohnen ist ja nicht irgendein Unternehmen, Wiener Wohnen gehört unter dem Strich den Steuerzahlern, Wiener Wohnen ist ein Milliardenunternehmen und jeder möge sich, glaube ich, auf diese lapidare Antwort hin selbst sein Urteil fällen (Beifall bei der FPÖ.)

 

Im November des Jahres 2013 platzte dann der nächste finanzielle Eiterbeutel auf. Bei mehreren Firmen wurden im Zuge von Kontrollen Fehlverrechnungen entdeckt. Herr StR Ludwig hat damals medial verkündet, dass Unternehmen, die zu viel verrechnet haben, die Verträge gekündigt werden. Ja, ich werde dann später noch darauf zu sprechen kommen.

 

Anfang 2015 kritisierte der Stadtrechnungshof Glaserarbeiten bei Wiener Wohnen und kritisierte auch sehr deutlich, dass zahlreiche Aufträge direkt an eine kleine Zahl von schon bekannten Unternehmen vergeben wurden.

 

Im Prüfungszeitraum 2013 - heißt es hier wörtlich - und im 1. Quartal 2014 erfolgten rund 5.000 Direktvergaben an nur 6 Unternehmen, ohne Angebote von anderen eingeholt zu haben. Als ich das gelesen habe, dass rund 5.000 Direktvergaben an nur 6 Unternehmen erfolgten, ohne dass Angebote von anderen eingeholt wurden, ließ mich das, um es höflich zu formulieren, durchaus recht staunend zurück.

 

2016 stellt sich nun die Situation wie folgt dar: 150 Polizeibeamte, Finanzfahnder rückten im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu 40 Standorten zu einer Großrazzia aus, und im Fokus der Ermittlungen stehen Unternehmen, Installateure, Glaser und vor allem Maler. Ermittelt wird gegen die Unternehmen wegen gewerbsmäßigen Betrugs und der illegalen

 

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