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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 125

 

Wien zukommt, weil Sie wahrscheinlich abgewählt werden, bis das gebaut wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich finde es auch ungeheuerlich, dass man nicht erfährt, wie dieser Bericht am 1. Februar ausschauen wird, den Sie, Frau Vassilakou, an die UNESCO in Paris zu schreiben haben. Ich höre nur von Ihrem Referenten, es wird sehr allgemein gehalten sein und es wird nichts anderes drinnenstehen als Mitte Dezember. Mit einer Neuauflage des Plans will man ja die UNESCO in Paris nicht belasten. Es wäre ja noch schöner, wenn man da alle neuen, revidierten Pläne mitschicken würde. - Nein, Sie hätten die Aufgabe gehabt, einen Plan erarbeiten zu lassen und einen Investor nicht zu ermutigen, ein Projekt zu verfolgen, das gegen dieses Weltkulturerbe gerichtet ist und der damit natürlich ein großes wirtschaftliches Risiko eingeht. Immerhin macht der Herr Tojner mit anderen Interessenten 40 Millionen EUR flüssig, um das alles irgendwie hinzustellen, und Sie, und das ist Ihre Verantwortung oder der Missbrauch Ihrer Verantwortung, haben Herrn Tojner dazu ermutigt, so ein Projekt in die Wege zu leiten, mit einem Wettbewerb, den er als Bauunternehmer ausgelobt hat. Da kann man natürlich auch fragen, wie objektiv war hier die Jury, wie objektiv war hier die Preisfindung. Es hat nämlich einen Beitrag gegeben, der, während der Wettbewerb noch gelaufen ist, plötzlich aus dem Verkehr gezogen wurde, von Herrn Architekt Puchhammer, der, wenn ich das recht in Erinnerung habe, das Konzerthaus restauriert hat, der also weiß, welcher Wert hier vorhanden ist.

 

Und es ist ein Wert, auch wenn es nur ein ideeller Wert ist, der uns den Namen des Weltkulturerbes eingebracht hat. Der Canaletto-Blick ist nicht einfach nur ein schöngeistiger Akzent. Der Canaletto-Blick ist ein ungeheurer Wert. Ich war erst gestern mit der Frau Dr. Kickert bei der Aktion 21, die trotz aller Widerstände, die ihr Stadt und Land Wien entgegenbringen, seit zehn Jahren Bestand hat. Dort war ein Arzt, der mir gesagt hat, wenn er Gäste aus dem Ausland hat, führt er sie zum Belvedere, denn sie wollen diesen Blick vom Oberen Belvedere auf dieses Ensemble der Wiener Innenstadt haben. Auch wenn das schon leicht beeinträchtigt ist, ist das ein ungeheurer historischer Blick. Der wurde nicht nur von Canaletto festgehalten, Rudolf Alt hat ihn festgehalten, Wilhelm Thöny hat ihn festgehalten, Erich Lessing hat ihn bei der Staatsvertragsunterzeichnung fotographiert, mit diesem Blick. Dieser Blick und diese Morphologie der Innenstadt Wiens ist ein Wert, der für uns eine große identitätsstiftende Bedeutung hat. (Beifall bei der FPÖ.) Und ein derartiges Projekt, zu dem Sie die politischen Rahmenbedingungen geschaffen haben - was ich als unverantwortlich erachte -, ist ein Affront dagegen.

 

Wir sollen uns doch nichts vormachen, wir machen uns auch zum Gespött in der internationalen Kulturszene und Kulturwelt. Der Appell von ICOMOS, International Council on Monuments and Sites, ist jetzt gerade veröffentlicht worden. Er macht ganz deutlich - ich habe nur das englische Original hier -, dass mit großer Betroffenheit von diesen neuen, revidierten Plänen Kenntnis genommen wurde, die wiederum ein glatter Widerspruch zum Weltkulturerbe und seinen Konditionen sind. Sie fordern uns daher auf, ebenso die Nationalkomitees der Österreich umgebenden Staaten, dass man dieses Weltkulturerbe durch eine revidierte Planung doch endlich schützen möge und sich auch der internationalen Verpflichtung stellen möge. Unterschrieben haben Bosnien-Herzegowina, Polen, Kroatien, die Schweiz, die Tschechische Republik, Serbien, die Bundesrepublik Deutschland, Slowenien, Ungarn und Italien -, also Nachbarländer, die unmittelbar an uns grenzen, aber auch - und ich sage dies hier bewusst auch als Blue-Shield-Repräsentantin Österreichs - ehemalige Kronländer. Gerade Blue Shield ist eine Organisation, die sich weltweit für kulturelles Erbe, wo es gefährdet ist, einsetzt. Es ist nicht nur in Syrien gefährdet, in Palmyra, nein, es ist auch in Wien gefährdet. Was denken Sie sich bei einem solchen Vorgehen, in tiefsten Friedenszeiten? (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich möchte noch etwas sagen: Bei diesem Verfahren hat man versucht, immer wieder UNESCO-Vertreter, ICOMOS-Vertreter am Tisch sitzen zu haben. Man hat versucht, sie als sozusagen unwillkommenen Gast und Teilnehmer an den Planungen teilnehmen zu lassen, aber immer mit der Intention, ihre Einwände zu ignorieren. So wurde auch der Barbato-Bericht im November 2015 ignoriert. Ich erinnere mich noch, wie Sie die Vertreter dieser Kulturkommission und Kontrollkommission in das letzte Kammerl im Akademietheater verpflanzt haben, wo man kaum genug Platz hatte, auch die PowerPoint-Präsentationen von Architekturkritikern entsprechend zu sehen und zu würdigen. So gehen Sie mit Vertretern des Weltkulturerbes um!

 

Sie machen eine nachhaltige Veränderung der Innenstadt. Warum? - Weil Sie natürlich nicht nur das Hochhaus am Wiener Eislaufgelände errichten wollen, sondern weil Sie hier weitere Hochhäuser, die Sie im Masterplan Glacis schon vorgezeichnet und räumlich gekennzeichnet haben, bauen wollen. Sie machen einen Präzedenzfall, um der Hochhauslobby gerecht zu werden. Und natürlich ist mir völlig klar, dass ein Hochhaus, das sich im unmittelbaren Randbereich der Inneren Stadt befindet, ob jetzt in der Pufferzone oder im Zentrum des Weltkulturerbes, ob es eine Aufstockung der Winterthur-Versicherung ist, unmittelbar neben der Karlskirche - auch ein Verbrechen -, oder ob es ein weiteres Hochhaus entlang des ehemaligen Glacis ist, für den Erbauer und den Investor natürlich viel mehr wert ist als ein Hochhaus auf der Donauplatte. Hier kann ich wirklich Luxuswohnungen lukrieren, hier kann ich damit spekulieren, ob ich die bewohne oder nicht. Da mache ich ein Manhattan, wo die Leute ein paar Wochen drinnen sind und dann wieder Monate nicht. Es ist die Gewinnmaximierung.

 

Und auch das ist unerklärlich, dass eine Regierung aus Sozialdemokraten und GRÜNEN, die das soziale Element in den Vordergrund ihrer Betrachtungen und ihrer Politik stellen sollte, solchen Spekulationsobjekten Vorschub leistet und in Kauf nimmt (Beifall bei der FPÖ.), dass dieses Prädikat Weltkulturerbe damit verlustig geht. Es ist bis jetzt nur in drei Fällen, glaube ich, verlustig gegangen. Das eine war Dresden, durch eine vierspurige

 

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