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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 01.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 96

 

her kommt diese Differenz? Warum sind die Angaben des Vereins so unterschiedlich?

 

Wir können diesem Akt einfach aus diesen Gründen nicht zustimmen. Da geht es nicht um eine inhaltliche Beurteilung der Arbeit des Vereins, sondern da geht es einfach darum, dass - auch auf Grund unserer Recherchen - diese Fragen nicht geklärt werden konnten.

 

Der Verein gibt ja auch Unterricht beziehungsweise Nachhilfe in Deutsch für viele Kinder. Das ist aber das, was viele Vereine machen, auch viele Integrationsvereine. Viele Integrationsvereine wie eben auch der Verein NACHBARINNEN versuchen an allen möglichen Ecken und Enden, irgendwo Integrationsarbeit zu leisten.

 

Wir sehen da, dass ein ziemlicher Handlungsbedarf seitens der rot-grünen Stadtregierung besteht, was ein Gesamtkonzept angeht. Also es fehlt einfach ein Gesamtkonzept. Überall wird ein bisschen gestoppelt, überall wird ein bisschen versucht. Das ist kein Vorwurf den Vereinen gegenüber, sondern ein Vorwurf der rot-grünen Stadtregierung gegenüber: Es gibt keine klare Zielsetzung.

 

Es gibt keine klare Zielsetzung von Ihnen: In welche Richtung wollen Sie mit der Integration gehen? Was sind Ihre langfristigen Ziele? Was sind Ihre kurzfristigen Ziele? Was können Vereine abdecken? Was kann die Stadt Wien abdecken? Es gibt keine Evaluierung, die wir als Opposition erkennen können. Warum arbeitet man nur mit diesen Vereinen zusammen und nicht mit anderen? Es fehlt also ein ganz grobes Gesamtkonzept, und ich denke, dass es wirklich schon sehr, sehr notwendig ist, dass Sie uns das endlich einmal vorlegen.

 

Wie gesagt, viele Integrationsvereine bieten auch Deutsch für die Kinder an. Das zeigt ganz deutlich, wie groß das Bedürfnis und die Nachfrage sind. Denn die Kinder, die nicht Deutsch können und somit natürlich auch dem Regelunterricht nicht folgen können, haben ja fast keine Chance auf eine qualitätsvolle Bildung und Ausbildung.

 

Dass dieser Bedarf enorm hoch ist, zeigen auch die aktuellen Zahlen von den außerordentlichen Schülern. Jeder sechste Pflichtschüler in Wien ist ein außerordentlicher Schüler, kann also dem Regelunterricht nicht folgen, wird maximal zwei Jahre lang nicht negativ beurteilt und verbringt nur die Hälfte der Zeit im Regelunterricht. Wäre die Zahl der außerordentlichen Schüler nicht so hoch - davon bin ich überzeugt -, könnte das Bildungssystem in Wien es schaffen.

 

Mit der rot-grünen Stadtregierung ist es aber so, dass die Schulen enorm an den Kapazitätsgrenzen und Belastungsgrenzen angelangt sind. Aber auch hier fehlt Ihnen ein Konzept, wie Sie diese Anzahl der außerordentlichen Schüler senken wollen. Sie haben kein Konzept, so wie wir es sagen, dass es zum Beispiel Deutschvorbereitungsklassen geben sollte. Nein, Sie sagen, das wären ja Ghettoklassen - und das ist meiner Meinung nach ein Irrsinn, welche ideologische Feinarbeit Sie hier auf Kosten der Kinder leisten!

 

Wenn Kinder und Jugendliche sich nämlich intensiv aufs Deutschlernen konzentrieren dürften und sich damit auseinandersetzen dürften, dann könnten sie spätestens in einem halben Jahr so gut Deutsch, dass sie dem Regelunterricht folgen könnten und dass sie auch in der Klassengemeinschaft aufgenommen werden. Denn man darf den sozialen Aspekt nicht vergessen! Die Kinder hätten dann auch eine viel größere Chance auf Bildung und eine Ausbildung und kämen nicht in die Karrierelaufbahn zum Mindestsicherungsbezieher oder zur Mindestsicherungsbezieherin.

 

Ich denke, dass Sie so früh wie möglich anfangen müssen, Kinder zu fördern, Kindern die Chance zu geben, dass sie Deutsch lernen können. Und Sie sollten nicht das Problem schönreden! Herr Kollege Vettermann hat ja in einer Presseaussendung am 30. Mai gemeint, es ist so zynisch von uns, dass wir kritisieren, dass die Anzahl gestiegen ist. Ich meine, wir haben ganz klar aufgezeigt, dass die Anzahl gestiegen ist. Das haben ja nicht wir verursacht! Die Sache ist, Herr Vettermann: Die Zyniker sind schon Sie und Ihr Koalitionspartner, denn Sie spielen allen eine heile Welt vor. (GR Heinz Vettermann: Überhaupt nicht!)

 

Sie sagen zum einen, Sie versprechen ein Bildungssystem, wo Kinder individuell gefördert werden und die Stärken und Schwächen erkannt werden, aber ohne dass man die Arbeit der Kinder beurteilen muss oder sie messen muss. Und Sie versprechen auch noch individuelle Lerntempi den Kindern und den Eltern für ihre Kinder, indem Sie sowohl die Kinder in den Regelunterricht geben, die der deutschen Sprache nicht folgen können, als auch die Kinder, die einfach Deutsch als Mutter- oder Alltagssprache haben. Das machen Sie von Anbeginn so auf, aber das kann nicht funktionieren. Das ist unserer Meinung nach zynisch und unfair den Kindern gegenüber.

 

Ich möchte Ihnen auch ein Beispiel nennen, warum wir glauben oder wissen, dass es total wichtig ist, dass es Deutschklassen geben muss. Es geht nämlich auch um ein soziales Miteinander. Ich möchte Ihnen ein Ereignis erzählen; Sie wissen ja, dass ich Ihnen gerne auch Beispiele erzähle und das untermauere mit Geschichten oder mit Sachen, die passieren.

 

Es gibt zwei Jungs, die in eine Klasse gehen: Nennen wir den einen Michael - auf Englisch -, weil er eben einen Ao.-Status hat, und über den anderen sagen wir, er heißt Michael. Die zwei sind im Turnunterricht, und der Michael fragt den - auf Englisch - Michael, ob er mit ihm in ein Team gehen möchte. Aber der - auf Englisch - Michael versteht den Michael nicht und gibt keine Antwort. Dann fragt der Michael noch einmal, ob er mit ihm in ein Team gehen möchte. Der - auf Englisch - Michael gibt aber immer noch keine Antwort, er schüttelt den Kopf, weil er ja einfach nicht versteht, worum es geht.

 

Was passiert? Der Michael wird wütend und schreit ihn an, warum er denn nicht mit ihm spricht. Der - auf Englisch - Michael schubst dann den Michael weg, der Michael schubst den - auf Englisch - Michael weg, und in Wirklichkeit ist das schon einmal der Beginn, dass es ohne ein soziales Miteinander nicht geht. Wäre das passiert, wenn der - auf Englisch - Michael verstanden hätte, worum es geht? Ich glaube nicht. Vielleicht wären sie

 

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