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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 26.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 134

 

unterschiedlichen Prognosen eines anhaltenden Bevölkerungswachstums der Funktion des Arbeitsstandortes Wien als Arbeitsplatzgeber für die umgebenden Regionen sowie der Tendenz der steigenden Erwerbsquote ist in den kommenden 10 Jahren ein Zuwachs von 100.000 Jobs zu erwarten.“ Ganz ehrlich, wie schaffen wir 100.000 Jobs? Die schaffen wir nicht nur durch die Deregulierung der Schanigärten. Die schaffen wir nicht nur durch, ich sage, Kleinstderegulierungen. Da geht es schon um andere Dimensionen. Das ist das, was ich immer wieder sage, und ich könnte fast die Rede vom letzten Jahr zitieren. Hier geht es um das Thema Hightech-Standort.

 

Und es geht mir auch nicht mehr darum, zu sagen, wir sind eh nicht so schlecht in Europa, wir sind eigentlich ganz gut und Nummer 7, Nummer 8, Nummer 9. Sorry, wir müssen Leader sein! Wir müssen ganz vorne sein, und wir müssen mit den Besten kämpfen und uns nicht irgendwo in einem Ist-eh-nicht-so-schlecht befinden, sonst schaffen wir diese Wende nicht. Ich halte das für extrem wichtig, auf dieser Ebene zu diskutieren. Ich habe mir das jetzt wirklich genau angeschaut, und zwar weil Sie, sehr geehrte Frau Stadträtin, davon gesprochen haben, es gab im Jahr 2016 ein deutliches Plus an Unternehmungsgründungen, 8.900 hab ich mir notiert, okay. Schauen wir in das Jahr 2008, da gab es 9.582 Gründungen. Na gut, jetzt kommt das Argument, da war die Wirtschaftskrise und dann ging‘s rein. Dann sage ich, ups, aber im Jahr 2010 hatten wir 9.253 Gründungen, also auch mehr als letztes Jahr.

 

Und wenn man sich die Kurve insgesamt anschaut, vom Jahr 2005 bis 2015, ist das in etwa gleich geblieben. Warum ist das so? Weil sich das Arbeitsvolumen verändert. Wir haben viel mehr Teilzeitjobs. Das heißt, die Situation ist nicht so, dass wir hier eine starke Zunahme von Jobs haben, dass die Rahmenbedingungen so gut geworden sind, dass es mehr Unternehmensgründungen gibt. Das ist nicht der Fall, das ist nicht der Fall. Und ich halte es für wirklich wichtig, einfach mal die rosarote Brille abzunehmen und zu sagen: Okay, wo liegen wir tatsächlich? Wo sind die tatsächlichen Key Performance Indicators, die jährlich publiziert werden, wo genau drinnensteht, wo liegen wir? Und mich interessiert auch bei den 178 neu angesiedelten internationalen Betrieben, in welchem Sektor sich die befinden. Befinden sich die in den Zukunftssektoren, in den Hightech-Sektoren, die wir haben wollen? Eine solche Aufschlüsselung wäre vielleicht auch interessant, so als Gesamtbilanz beim Rechnungsabschluss.

 

Ich glaube, Wien steht nicht schlecht da. Ich möchte Wien nicht schlechtreden, oder wir wollen Wien nicht schlechtreden. Das ist nicht der Punkt, Aber wir könnten deutlich besser sein, und wir haben uns hier in diesen letzten Jahren nicht wirklich deutlich verbessert.

 

Ich sehe das nicht. Es gibt einzelne Highlights, Boehringer Ingelheim. Aber Sie sagen selber, die größte Investition seit General Motors, also seit 30 Jahren. Was war dazwischen? Was ist die nächste Stufe? Es ist eine große Investition, ein großer Erfolg. Keine Frage. Aber wir brauchen mehr davon. Sonst schaffen wir diese 100.000 Arbeitsplätze nicht. Das ist vollkommen unrealistisch. Ich halte es für wichtig. Deswegen sind wir hier auch als Opposition.

 

Weil Sie kritisiert haben, wir reden nicht über Arbeitsmarktpolitik, wir reden nicht über Wirtschaftspolitik, ich rede hier sehr klar über Arbeitsmarktpolitik, ich rede hier sehr klar über Wirtschaftspolitik, und ich rede hier sehr klar über Standortpolitik.

 

Ich erwähne immer öfter, wir brauchen hier eine Deregulierung in sehr vielen Bereichen. Viele dieser Gesetze passen einfach nicht mehr zu den neuen Geschäftsmodellen. Viele dieser Gesetze passen einfach nicht mehr zu den neuen Technologien. Viele dieser Gesetze verhindern, dass viele Unternehmen nach Wien kommen. Es ist notwendig, diesen innovationsfreien Raum für Unternehmen zu schaffen, um Dinge auszuprobieren, in der Praxis, in der Realität, und nicht immer mit Angstargumenten zu kommen. Sonst kommen wir hier nicht weiter. Das ist genau der Punkt, der Unternehmen anzieht oder eben nicht anzieht.

 

Wenn ich realistisch die Forschungsquote, Forschungsstandorte von Unternehmen in Wien, anschaue, dann geht sie zurück. Wir haben zwar Headquarter, aber das Wesentliche sind nicht die Headquarter. Das Wesentliche sind die Forschungsstandorte von Unternehmen in Wien. Diese nehmen nicht zu. Diese Zahl möchte ich gerne von Ihnen sehen. Sie nehmen nicht zu. Sie nehmen ab. Aber genau das ist jener Anteil, wo Wien die große Chance hätte. Dort ist Bildung gefragt. Dort ist eine gute Stadt gefragt, ist ein Umfeld gefragt. Dort ist Infrastruktur gefragt. In diese Richtung müssten wir agieren.

 

Deswegen ist es einfach wichtig, diese rosarote Brille abzunehmen, sich ernsthaft mit Kennzahlen auseinanderzusetzen und klar zu sagen, wo wir stehen. Ich vermisse diesen klaren Leadership, zu sagen, wir wollen in Europa nicht ganz gut oder unter den Top Sieben sein, sondern ich erwarte mir von der Stadtregierung, dass Sie sagt, wir wollen bei den Allerbesten sein und uns in vielen Bereichen nicht damit zufriedengeben, wo wir jetzt stehen. - Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Das waren genau 10 Minuten. Die Fraktion hätte noch eine Restredezeit von 5 Minuten.

 

Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Herr Dr. Stürzenbecher gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

14.02.41

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ)|: Geschätzte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!,

 

Mein Vorredner, Kollege Gara, hat behauptet, ich hätte gesagt, ich wäre generell gegen Deregulierungen. Das ist unrichtig. Ich habe im Zusammenhang mit der Brandkatastrophe am Grenfell-Tower ausgedrückt und ein Zitat von Kurt Seinitz aus der „Kronen Zeitung“ gebracht, wo er schreibt: „Hemmungslose Deregulierung ist lebensgefährlich.“ (GR Markus Ornig, MBA: Passt das in diesem Zusammenhang?) Es war natürlich gedacht, dass Deregulierungen im Bereich des Brandschutzes und der Sicherheit nicht Platz greifen sollen. In der Wirtschaft ist natürlich ernsthaft zu prüfen, wo man weitere Deregulierungen machen kann. Diesen differenzierten

 

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