Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 78
Feuer und Schwert durch die Lande gezogen ist, sondern das war ein Philosoph, ein Vortragender und Ökonom.
Also das Fahrrad ist 200 Jahre alt und gegen Ende des vorvorigen Jahrhunderts, also wir sind jetzt im Habsburgerreich und in der christlich-sozialen Stadtregierung in Wien, war es so, dass sich einerseits zwar Radfahrvereine gegründet haben. Die durften aber nicht im öffentlichen Verkehr, also nicht auf der Straße fahren, sondern nur Freizeitverkehr. Das ist ja offenbar das Ideal der Opposition, vor allem der FPÖ, weil wir ja heute in einer Rede gehört haben, na ja, Freizeitfahrer, und so weiter, und so weiter. Das ist ja ganz gut so. Aber im öffentlichen Verkehr, im normalen Fließverkehr sollten sie ja möglichst verschwinden. Diese Idee ist ja schon 100 oder 120 Jahre alt, wie wir da heute von Ihnen gehört haben. Also es haben sich erste Vereine gegründet. Und warum war das im Verkehr verboten? Das ist mir auch eine ganz wichtige Bemerkung. Man hatte Angst, dass die Pferdefuhrwerke irgendwie gestört werden und möglicherweise die Pferde durchdrehen, wenn da ein Fahrrad kommt. Das erinnert mich auch so an die eine oder andere Wortmeldung heute hier, oder in den Medien kommt es mir auch so vor, dass der eine oder andere Autofahrer, der da in den Oppositionsbänken sitzt, vielleicht auch durchdreht, wenn er ein Fahrrad sieht. Damals waren es also die Pferdefuhrwerke. Und damals sind auch die ersten Arbeiterradfahrvereine entstanden. Das „R“ in dem Wort ARBÖ kommt ja von Radfahren. Nachdem ich die Bezirksgeschichte des Alsergrundes ganz gut kenne, kann ich Ihnen gerne sagen, der Arbeiterradfahrverein Alsergrund hatte den Namen Karl Marx. Damit schließt sich also der Kreis. Ich habe ja gesagt, ich werde begründen, warum ich den guten Herrn im Zusammenhang mit dem Radfahren hier auch erwähne.
Ich mache zeitlich jetzt einen großen Sprung, um also nicht wirklich die 20 Minuten auszuschöpfen. Ich komme in die 60er Jahre, damals natürlich Fortschrittsglaube, Auto ist halt etwas Tolles. Man hat geglaubt, das wäre der Stein der Weisen und hat noch nicht bedacht, dass, wenn jeder ein Fahrzeug hat, sich das mit dem engen Straßenraum nicht ausgeht. Man könnte zwar ganze Häuserzeilen wegreißen, aber das wollen wir nicht. Man muss den bestehenden Straßenraum auf alle Verkehrsteilnehmer aufteilen. Schon damals hat der damalige Bürgermeister, das war der Franz Jonas, im Jahre 1962 gesagt, wörtlich: „Bei allem Verständnis für die Freude am motorisierten Verkehr müssen wir doch feststellen, dass wir aus Wien keine autogerechte Stadt machen können. Mein Ideal ist die Vision einer menschengerechten Stadt.“ Das war schon 1962, und das ist auch meine persönliche Prämisse. Das ist immer meine Handlungsanleitung, bei aller Interessensabwägung von Einzelinteressen zu Gesamtinteressen eine menschengerechte Stadt zu machen.
Damit komme ich jetzt auch schon zum heute mehrmals zitierten Getreidemarkt. Ich finde es sehr spannend, dass jetzt alle von der Behinderung durch die Radfahrer sprechen. Ich möchte aber daran erinnern, dass dort jetzt einmal die Fahrspur weggefallen ist, weil die Wasserrohre ausgetauscht werden müssen. Die Wasserrohre werden ja in regelmäßigen Abständen ausgetauscht, insbesondere bei solchen sehr, sehr stark von Lastfahrzeugen befahrenen Straßen, damit nicht das passiert, was beispielsweise vor gar nicht so langer Zeit einmal nicht weit von der Stadiongasse passiert ist, dass dort ein Wasserohr bricht, weniger jetzt durch die enorme Hitze, sondern durch die Lastfahrzeuge, die halt den Boden erschüttern. Dann haben wir eine gewaltige Überschwemmung, mehrere Häuserblöcke sind ohne Wasser und Ähnliches. Daher begrüße ich das sehr, dass in regelmäßigen Abständen die Wasserrohre getauscht werden. So müssen sie halt am Getreidemarkt getauscht werden und daher, Baustelle ist Baustelle, gibt es eine Fahrspur weniger. Jetzt sind Sie halt deshalb so aufgeregt, weil Sie erfahren haben, dass diese Fahrspur auch weg bleibt. Sie kommt nicht wieder, wenn die Wasserrohre (GR Mag. Wolfgang Jung: Der Bürgermeister hat sich dazu zu Wort gemeldet!) wieder ausgetauscht sind, sondern sie bleibt gleich weg. Also der ganze Stau, und jeder, der dort steht, ist der Stau, der ganze Stau ist jetzt durch den Tausch der Wasserrohre bedingt. Wenn sich dann alles eingespielt hat, wird es nachher zur Erschaffung einer Radverbindung genützt.
Aber man hat das ja nicht leichtfertig gemacht. Man hat sich die Verkehrsentwicklung im innerstädtischen Bereich angesehen. So kann ich Ihnen gerne mitteilen, dass in den letzten sieben Jahren im innerstädtischen Bereich, im Bereich innerhalb des Gürtels, der Verkehr, der motorisierte Verkehr, um 11 Prozent abgenommen hat, und gleichzeitig … (GR Mag. Manfred Juraczka: Da gibt es ja dort keinen Stau!) Ja, da war aber der Getreidemarkt noch nicht gesperrt, die Spur ist erst seit sieben Wochen gesperrt. Der Verkehr hat abgenommen, weil die Menschen auf andere Fahrzeuge, speziell auf die Öffis, umgestiegen sind, manche auf Motorräder und sehr viel auf Fahrräder. 11 Prozent hat der Verkehr abgenommen, das können Sie objektiv nachmessen. (GR Mag. Manfred Juraczka: Ist ja super!) Ja Moment, ich bin ja noch nicht fertig. Seien Sie nicht so aufgeregt! Ich weiß eh (GR Mag. Manfred Juraczka: Ich bin so begeistert!), Sie sind immer aufgeregt. Also 11 Prozent hat der Autoverkehr abgenommen. Gleichzeitig nimmt der Radverkehr sehr stark zu.
Es gibt zwar nicht am Getreidemarkt eine Messstelle, aber es gibt nicht weit davon, nämlich am Opernring eine Messstelle für den Radverkehr. Das ist auch ein Indikator dafür, wie viele Radler sich dort in dem gesamten Bereich bewegen, denn wenn dort beim Ring-Radweg immer mehr Radfahrer fahren, dann wird das auch für die Radfahrer selber gefährlich, wenn dort immer mehr Radfahrer im Begegnungsverkehr, et cetera, et cetera, fahren. Diese Messstelle hat gezeigt, wir haben dort 1,5 Millionen Radfahrer in diesem Bereich. Der Juni war im vorigen Jahr, das hängt natürlich auch immer vom Wetter ab, ein besonders starker Monat. Da gab es im Schnitt 8.000 Radfahrer täglich, am stärksten Tag waren es 10.300 Radfahrer. Also einerseits, ich habe heute in meiner Wortmeldung schon gesagt, Interessensabwägung, Einzelinteressen gegenüber Gesamtinteressen
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