Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 78
nämlich einen Rechnungshofbericht zu ausgewählten Liegenschaftsverkäufen der Stadt Wien aus den Jahren 2005 bis 2014. In diesem Rechnungshofbericht bekommt die Verkaufspraxis der Stadt Wien, ich würde einmal sagen, ordentlich ihr Fett weg. Man könnte vielleicht getrost sagen, dass die Liegenschaftsverkäufe zum Teil förmlich in der Luft zerrissen wurden.
Da meine Redezeit leider nicht unbegrenzt ist, der Rechnungshofbericht aber sehr umfassend ist, er hat immerhin 122 Seiten, bleibt mir hier nicht mehr Zeit, als Ihnen nur auszugsweise aus dem Bericht Punkte zum Besten zu geben und Ihnen sozusagen mehr oder weniger ein Best-of zusammenzustellen beziehungsweise wiederzugeben.
Im Prüfungszeitraum, das waren die Jahre 2005 bis 2014, wurden seitens der Stadt Wien 3.400 Liegenschaftskäufe durchgeführt, wobei die Stadt Wien in lediglich 67 Fällen öffentliche Bieterverfahren durchgeführt hat und zum Teil auch die Verfahrensgrundsätze der Europäischen Kommission nicht eingehalten hat.
Ein weiterer Kritikpunkt, den der Rechnungshof angebracht beziehungsweise aufgezeigt hat, war, es wurden in manchen Fällen Inserate über einen Liegenschaftsverkauf so spät geschaltet, dass eine Kenntnisnahme durch alle an der Versteigerung Interessierten nicht gewährleistet war. Nachdem vorhin die Emotionen etwas hochgegangen sind, möchte ich das jetzt nicht sonderlich vertiefen, möchte aber durchaus auf eine gewisse schiefe Optik in diesem Bereich hinweisen.
Ein weiterer Punkt war, die Stadt Wien hat Liegenschaften an gemeinnützige Bauvereinigungen bis zu 40 Prozent unter ihrem Verkehrswert verkauft, was einer Wohnbauförderung von rund 2 Millionen EUR gleichkommt. Diese Wohnbauförderung wurde als solche aber leider nicht ausgewiesen.
Ein weiterer Punkt war, es gab 4 Bauvereinigungen, denen die Stadt ein nahezu unentgeltliches Baurecht eingeräumt hat, für sage und schreibe 11 Cent pro Quadratmeter und Jahr sowie für immerhin 80 Jahre. Auch bei anderen Baurechten hob die Stadt zum Teil viel zu wenig Bauzins ein, was zu einer jährlichen Minderleistung von 9,36 Millionen EUR bei Einzelbaurechten beziehungsweise zu rund 23 Millionen EUR bei Bauchrechten gemeinnütziger Bauvereinigungen führte.
Die Stadt legte überhaupt erst im Jahr 2014 - zwar spät, aber Gott sei Dank ist sie gekommen - eine Immobilienstrategie fest. Bis dahin waren keine einheitlichen Ziele und Richtlinien in puncto Liegenschaftsmanagement vorhanden.
Sie sehen, der Rechnungshofbericht hat es in sich. Die Liste ließe sich noch sehr weit fortführen. Aber zusammenfassend kann man sagen beziehungsweise unterm Strich kommt im Endeffekt heraus, bei 23 Liegenschaftsverkäufen stellte der Rechnungshof bei 21 Liegenschaftsverkäufen Mängel fest. Das sind rund 91 Prozent. Rechnet man das auf den Prüfungszeitraum beziehungsweise auf die gesamten 3.400 Liegenschaftsverkäufe hoch, könnte man bei rund 3.100 Verkäufen Beanstandungen festmachen. Es wäre einerseits für uns sehr interessant, alle entsprechend zu prüfen. Insbesondere wäre es natürlich auch für die Wienerinnen und Wiener interessant, weil sie natürlich als Steuerzahler das größte Interesse daran haben. Aber bekanntlich sind die Ressourcen des Rechnungshofs auch nicht unendlich.
Der Herr Stadtrat hat in einer Stellungnahme in Reaktion auf diesen Rechnungshofbericht dann auch medial verlautbaren lassen, er nimmt grundsätzlich jeden Bericht des Rechnungshofes und insbesondere die dargelegten Empfehlungen sehr, sehr ernst. Sehr, sehr ernst, hat er gesagt. Ich habe in der Sitzung des Gemeinderates am 1. Juni in der Fragestunde auf eine Anfrage von mir eine Zusatzfrage gestellt, wo ich gefragt habe, welche Punkte von denen, die der Rechnungshof aufgezeigt hat, schlussendlich schon umgesetzt wurden. Sie haben gesagt, und ich habe das Wortprotokoll auch hier mit, dass man in Zukunft zusätzlich zum tatsächlichen Verkaufserlös auch den Verkehrswert der Liegenschaft ausweisen wird. Das war genau ein Punkt aus diesen gesamten Schlussempfehlungen.
Wenn man aber den Rechnungshofbericht hernimmt und an das Ende des Berichtes blättert - ich habe es mir markiert -, und zwar ist es auf Seite 108, stehen dort die Schlussempfehlungen. Dort stehen aber sage und schreibe 38 Schlussempfehlungen, die der Rechnungshof der Stadt Wien mitgibt. Das sind im Endeffekt die Schlussempfehlungen, die unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Stadt Wien zum ursprünglichen Rohbericht noch übrig geblieben sind. Diese Schlussempfehlungen des Rechnungshofes werden nicht an die Stadt Wien adressiert, weil es den Herrschaften beim Rechnungshof besonders langweilig ist oder weil sie eh nicht ausgelastet sind, sondern es geht schlichtweg darum, die Stadt entsprechend weiterzuentwickeln beziehungsweise die Stadt weiterzubringen, der Stadt den Weg von Optimierungen zu zeigen, Einsparungen zu ermöglichen oder, wie es im konkreten Fall beim Bericht der Fall ist, dass der Rechnungshof eben aufzeigt, dass sehr wohl höhere Verkaufserlöse möglich wären beziehungsweise hier einen Weg zu zeigen.
Es ist auch nicht so, dass es in Wien im Endeffekt keinen Handlungsbedarf gäbe. Der Wohnungsmarkt ist schon seit dem Jahr 2012 sehr angespannt. Auch die Arbeiterkammer hat in mehreren Publikationen festgehalten, dass bereits seit 2012 die Schere zwischen Bevölkerungswachstum und Wohnbedarf auf der einen Seite und dem tatsächlichen Wohnungsneubau auf der anderen Seite massiv aufgeht. Zusätzlich hat das Jahr 2015 dank der Willkommensklatscher in den beiden Regierungsfraktionen auch noch einmal zu einer Verschärfung der Situation am Wohnungsmarkt geführt. Die Mietpreise steigen. Das wissen Sie wahrscheinlich alle selbst beziehungsweise insbesondere die Wienerinnen und Wiener. Aber weil es heute schon in den vorangegangenen Diskussionen mehrmals angesprochen wurde, auch die Preise von den Eigentumswohnungen sind massiv gestiegen, zwischen 2010 und 2015 bei neuen Eigentumswohnungen um immerhin 33 Prozent und bei alten Eigentumswohnungen überhaupt um 43 Prozent. Nur zum Vergleich, der Bruttodurchschnittslohn ist im selben
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