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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 78

 

Bei den drei Beschlussanträgen, um die es geht, alle drei zum Thema Transparenz, ist zunächst einmal ein Antrag, wo wir wollen, dass der Fachbeirat für Stadtplanung zukünftig nur aus Mitgliedern bestehen soll, die in keinem Auftragsverhältnis zur Stadt stehen oder in den vergangenen drei Jahren standen. Hier geht es um Unabhängigkeit dieses Gremiums. Zusätzlich sollen für befangene Mitglieder zukünftig auch Ersatzmitglieder gewählt werden. Das ist die eine Sache.

 

Der zweite Beschlussantrag, auch zum Thema Transparenz, betrifft das Thema Liegenschaftsverkäufe. Hier geht es uns darum, dass wir bemerkt haben, dass in einigen Fällen die Bewertungen falsch gelaufen sind. Wir wollen zukünftig, dass daher bei Ankäufen und Verkäufen im Bauland, also bei allen Transaktionen im Bauland, ab 500 m² Fläche aus Transparenzgründen jedenfalls externe Gutachten von Gerichtssachverständigen einzuholen sind.

 

Im dritten Beschlussantrag geht es grundsätzlich darum, bei Liegenschaftsverkäufen die Verpachtung und die Vergabe von Baurechten in den Vordergrund zu stellen und erst dann, wenn nichts anderes geht, den Verkauf in Erwägung zu ziehen.

 

Soweit die Beschlussanträge zum Thema Transparenz.

 

Nun zu meinem eigentlichen Thema, ganz tagesaktuell. Ich habe die Informationen selber erst vor einigen Stunden erhalten. Es ist vielleicht ein bisschen weiter ausgeholt, aber können Sie sich erinnern - wahrscheinlich ja - an die Aufhebung der Bundespräsidentenwahl vor einem Jahr? Insbesondere die Frage: Wissen Sie, was eigentlich die Hauptargumente zur Aufhebung dieser Wahl seitens des Verfassungsgerichtshofes waren? Da hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem festgestellt, dass in einer Kärntner Wahlbehörde die Beisitzer dieses Kollegialorganes den Wahlvorsitzenden ermächtigt haben, alleine auszuzählen, also alleine Entscheidungen zu treffen. Scheinbar demokratisch legitimiert. Aber es ist eben eine Behörde, ein Kollegialorgan. Daher können Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden. Der Vorsitzende darf nicht alleine auszählen, egal, was sie beschließen. Der Verfassungsgerichtshof hat das ganz klar als rechtswidrig erkannt. Obendrein haben alle Beteiligten jetzt auch noch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft am Hals. Warum erzähle ich Ihnen das? Weil sich zu meinem großen Erstaunen gerade dieser Tage aufgetan hat, dass möglicherweise im Wohnbauressort etwas Ähnliches passiert, nämlich namentlich in einem Bauausschuss einer örtlich zuständigen Bezirksvertretung, konkret im Meidlinger Bauausschuss.

 

Für diejenigen, die mit dem Bauausschuss in den Bezirken nicht so viel zu tun haben: Was tut er? Wenn es um Ausnahmen geht, wenn zum Beispiel etwas höher gebaut werden soll, als es der Flächenwidmungsplan eigentlich erlaubt, kann man eine Ausnahme nach § 69 der Bauordnung erwirken. Diese Ausnahmen haben es teilweise in sich. Im extremsten Fall ist ein berühmtes Beispiel der damalige Muzicant-Tower im 22. Bezirk, wo über diese sogenannte - unter Anführungszeichen - Ausnahme ein Hochhaus gleich einmal um fast 40 m höher geworden ist, als es ursprünglich erlaubt gewesen wäre. Das ist also doch etwas ganz Gewaltiges, über das der Bauausschuss entscheidet.

 

Was hat das mit der Bundespräsidentenwahl zu tun? In Meidling möchte sich offensichtlich dieser Tage der Bauausschuss, nämlich namentlich der Vorsitzende des Bauausschusses, mittels eines Rahmenbeschlusses die Ermächtigung geben lassen, zukünftig alleine über solche Ausnahmen zu entscheiden, zukünftig also nicht mehr den Ausschuss mit den Themen zu befassen, die Ausschussmitglieder in die Unterlagen Einblick nehmen zu lassen, sondern ganz alleine zu entscheiden und hinterher zu berichten, worum es geht. So, wie es damals in Kärnten eben der Vorsitzende einer Wahlkommission gemacht hat, was der Verfassungsgerichtshof als klar rechtswidrig aufgehoben hat. Ich weiß nicht genau, was den Vorsitzenden des Bauausschusses in Meidling hier reitet. Aber der Sachverhalt ist klar nachvollziehbar. Sie finden dieses Thema auch im Protokoll des Bauausschusses, dort ist es mittlerweile bereits abgedruckt, wo immerhin, muss man sagen, die Mitarbeiterin der MA 37 auf die Frage, ob denn das rechtmäßig sei, sagt, das wisse sie nicht, denn sie ist keine Juristin und müsse erst nachfragen. Aber die MA 37 liefert mittlerweile immerhin auch den entsprechenden Rahmenbeschluss dazu - diesen habe ich hier und ich werde ihn Ihnen, Herr Stadtrat, nachher auch gerne zur Verfügung stellen. Ich habe auch gleich einen ganzen Schippel an vorbereiteten Rahmenbescheiden auf dieser Basis, Bescheide, die letztlich rechtswidrig sind, weil sie dann eben nicht von einer Behörde getroffen werden, wie es § 133 der Bauordnung verlangt, sondern wo ein Einzelner sich, ich möchte fast sagen, nach alter DDR-Manier, so kommt mir das vor, das Recht erbitten möchte, ganz alleine, ohne Einsichtnahme der anderen Fraktionen, ohne Einsichtnahme der demokratisch legitimierten Gremien, Entscheidungen zu treffen. Sehr geehrte Damen und Herren, das halte ich schlicht für ungeheuerlich und für einen echten Anschlag auf das demokratiepolitische System und auf den Rechtsstaat in Wien! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wie gesagt, ich habe die Unterlagen selbst erst vor wenigen Stunden erhalten. Mich hat es, offen gestanden, um es auf gut Wienerisch zu sagen, fast aus den Socken gehaut, als ich das gelesen habe. Ich habe dazu bereits einige Verwaltungsjuristen und auch einen namhaften Vertreter des Bauwesens befragt. Bisher sind alle diese Experten ganz klar der Meinung - vom Verfassungsdienst gibt es meiner Ansicht nach auch noch keine andere Meinung -, dass das rechtswidrig ist! Ich wiederhole noch einmal, im Falle der Wahlbehörde, wo genau das Gleiche passiert ist, ermittelt mittlerweile die Staatsanwaltschaft! Nur, dass wir ungefähr wissen, wovon wir reden!

 

Sehr geehrter Herr StR Ludwig, ich gehe davon aus, dass Sie es mutmaßlich wohl nicht gewusst haben. Ich lasse Ihnen die Unterlagen da, damit Sie sich diese auch anschauen können. Ich habe sie selber, wie gesagt, erst seit wenigen Stunden. Ich bitte Sie, ich fordere Sie auf,

 

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