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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 78

 

von Ihnen bekommen. So kann man mit Eltern und Familien in Wien nicht umgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die nächste Frage ist natürlich: Was muss ein Kindergarten können? - Darüber haben wir auch ganz viel gesprochen, damit die Kinder sozusagen die nächste Leitersprosse zur Volksschule erklimmen können. Wir haben diesbezüglich auch sehr viele Ideen im letzten Jahr eingebracht. Wir haben immer wieder gesagt, dass es wichtig ist, dass man die Umgangssprache testet, dass man herausfindet, welche Umgangssprache die Kinder haben, damit man die Kinder leichter in homogene Gruppen geben kann, damit man leichter erkennen kann, wo man mit der Sprachförderung ansetzen muss, denn das ist nun einmal in Wien eine große Herausforderung.

 

An Sie, Herr Stadtrat, haben wir die Anfrage gestellt, wie hoch der Anteil der Kinder mit nichtdeutscher Umgangssprache an den Volksschulen, an den Hauptschulen, an den Wiener Mittelschulen und an den Neuen Mittelschulen ist. - Ihre Antwort war: „Da die Umgangssprache in der allgemeinen Pflichtschule nicht erhoben wird, können wir die Fragen nicht beantworten.“ - Als ich das gelesen habe, habe ich mir gedacht, dass ich im falschen Film bin! Ich frage Sie: Wie wollen Sie denn wissen, wo Sie ansetzen müssen, wenn Sie nicht wissen, welche Umgangssprache die Schüler und Schülerinnen in Wien haben?! (Beifall bei der ÖVP.)

 

In der 4. Klasse der Volksschule wird im Rahmen der Bildungsstandardtestungen die Alltagssprache sehr wohl erhoben. Allerdings ist es dann zu spät! Wir brauchen diese Erhebung in Wirklichkeit spätestens bei der Einschreibung. Es gibt zwar schon 15 Monate vor Schulantritt im Kindergarten eine Sprachstanderhebung, diese Daten werden jedoch nicht weitergegeben.

 

Dazu sage ich: So lange es keine rechtliche Regelung gibt, muss man zumindest bei der Schuleinschreibung damit anfangen, weil die Lehrer und Lehrerinnen ja wissen müssen, wo sie anfangen können. Wir müssen wissen, wo wir unsere Kinder abholen und unterstützen können.

 

Wir haben uns - das ist auch etwas, was ich einmal ganz klar sagen möchte - auch immer wieder für Deutschklassen vor dem Regelunterricht eingesetzt, und zwar aus folgendem Grund: Geben wir den Kindern doch die Zeit, sich auf das Deutschlernen wirklich zu konzentrieren und sich damit zu befassen! Auch dazu gab es einen Antrag, über den ich das letzte Mal sehr lange gesprochen habe: Wir wissen, dass ein Kind, wenn es sich wirklich konzentriert damit auseinandersetzen kann, in zirka einem halben Jahr in den Regelunterricht integriert werden kann.

 

Man sollte diese Deutschkurse beziehungsweise Deutschklassen wirklich vor Ort machen. - Das wollen Sie nicht, sondern Sie wollen, dass die Kinder gleich in den Regelunterricht kommen, dann aus dem Regelunterricht wieder herausgenommen werden, um Deutschförderunterricht zu bekommen, dann wieder hineingegeben werden. - Das ist unserer Meinung nach den Kindern gegenüber nicht fair, und deswegen sind wir nach wie vor für Deutsch vor dem Regelunterricht. (Beifall bei der ÖVP. - GR Mag. Wolfgang Jung: „Nach wie vor“ ist gut!)

 

Im Zusammenhang mit Bildung muss man sich auch eine Frage stellen: In welche Richtung geht es denn mit der Orientierung der Leistung? Sollte man sich am Schwächsten orientieren, oder sollte man sich am Stärksten in der Gruppe orientieren? - Ich sage Ihnen ganz klar: Ich bin der Meinung, dass man sich am Stärksten in der Gruppe orientieren und prüfen sollte, inwiefern die anderen Kinder, die das Niveau nicht halten können, Hilfe brauchen. Wenn wir nämlich unsere starken Kinder nicht fördern und nicht fordern, dann verlieren sie die Neugier, und Neugier ist der Motor der Kreativität, des Fortschritts und der Entwicklung. Die Kinder brauchen die Neugier, um nicht den Spaß am Lernen zu verlieren und die nächsten unglücklichen Erwachsenen zu werden.

 

Ich muss jetzt ein bisschen schneller werden, weil ich sehe, dass ich nur noch 4 Minuten habe. - Ich möchte ganz kurz noch auf einen aktuellen Fall eingehen, um zu zeigen, wie die Stadt Wien mit den Eltern umgeht.

 

Sie sagen zum einen immer, dass es wichtig ist, dass Eltern betreffend die Bildungslaufbahn der Kinder mitreden. Auch wir meinen - lassen Sie es mich so sagen -, dass wir es ohne Eltern nicht schaffen und wir die Eltern brauchen, damit sich die Kinder in der Bildung wirklich konzentrieren können. Wir brauchen die Eltern im Boot, damit Kinder eine gute Bildungslaufbahn haben. Das haben wir immer wieder gesagt, diesbezüglich bestand immer eine einhellige Meinung.

 

Dann hatten wir folgenden Fall: Es geht um die Form der Nachmittagsbetreuung in einer Volksschule, nämlich auf dem Bischof-Faber-Platz im 18. Bezirk. Im Dezember hatten die Eltern vor Ort erfahren, dass eine Volksschule, die halbtags mit einem Hort geführt wird, in eine verschränkte Ganztagsschule umgewandelt werden soll. Die Eltern vor Ort, die Pädagogen, die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort waren bislang sehr zufrieden mit der Arbeit. Sie wollen gar keine Änderung. Die baulichen Bedingungen der Schule machen es in Wirklichkeit unmöglich, eine verschränkte Ganztagsschule zu machen, weil es nicht genug Freiraum gibt. Das ähnelt dem Fall vor einiger Zeit in der Vorgartenstraße, und Sie wollen beinhart auch dort eine verschränkte Schulform machen. Sie glauben wirklich, dass Sie besser wissen, welches Modell der Familie am besten zukommt. Wir meinen aber, dass eine Familie selbst bestimmen darf, welche Betreuungsform die beste für ihre Kinder ist. Und wenn dort die Eltern geschlossen Nein zu Ihren Plänen sagen, dann fahren Sie doch bitte nicht drüber, nur um Ideologiepolitik zu betreiben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

In der Anfragebeantwortung haben wir von StR Czernohorszky, als wir ihn zu diesem Fall befragt haben, zu hören bekommen, dass Sie am liebsten hätten, dass das schon im folgenden - also im jetzigen - Schuljahr kommt, dass die Schule verschränkt zu arbeiten anfängt. Ich meine, dass das einfach Wahnsinn ist! Nehmen Sie die Eltern ernst und fahren Sie nicht drüber! Wenn Sie die Eltern im Boot haben wollen, dann seien Sie ein Partner und nicht ein Oberlehrer! (Beifall bei der ÖVP.)

 

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