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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 102

 

ÖVP in Wien einstellige Prozentergebnisse eingefahren hat bei der Gemeinderatswahl, 9 Prozent, und sich denkt, darauf kann man verzichten, dafür mobilisiert man in den Bundesländern die Menschen. Man schießt sich auf die SPÖ ein und quasi auf eine Stadt ein, die von (GR Mag. Wolfgang Jung: Ihr schießt euch selbst ein, Frau Kollegin! Da brauchen wir nichts mehr tun!) SPÖ und GRÜNEN regiert wird. Das ist eine Politik ohne Verantwortungsgefühl, das ist eine rücksichtslose Politik, das ist ein Feuern auf die Stadt. Das ist Ressentiments Bedienen, wenn der Herr Kurz sagt, es muss wieder Politik quasi nicht nur für Wien, sondern für die Regionen gemacht werden. Das ist ein Auseinanderdividieren von Menschen, von Gruppen und mittlerweile auch von Bundesländern.

 

Ich sage Ihnen, ich komme aus der Steiermark. Ich bin damals aus der Steiermark aus einem kleinen Dorf weggegangen, weil sich meine Lebensumstände geändert haben. Und so, wie sich meine Lebensumstände damals geändert haben, haben sie sich mittlerweile mehrmals geändert. Ich habe in unterschiedlichen Bezirken gelebt und gearbeitet, weil man sich natürlich in diesen Jahren oder in Jahrzehnten einfach auch immer weiterentwickelt, so wie es auch die Stadt tut. Es gibt in jeder Stadt und in jedem Dorf Herausforderungen. Ich würde nicht auf die Idee kommen, meinen kleinen Heimatort, der einmal 3.000 Einwohner gehabt hat und jetzt 2.000 Einwohner hat, dafür verantwortlich zu machen oder zu sagen, das ist eine verfehlte Politik, sondern das sind Lebensumstände und Entwicklungen, die dort passiert sind. Ich würde es nicht auf dem Rücken der Menschen machen.

 

Ich bin gestern am Abend mit einem Taxifahrer nach Hause gefahren, der vor 30 Jahren aus Kärnten nach Wien zugewandert ist. Er hat gesagt, er versteht überhaupt nicht, und wir haben nicht über Politik gesprochen, er hat nicht gewusst, wer ich bin, warum da jetzt die ganze Zeit auf Wien so hingehaut wird. Er ist vor 30 Jahren gekommen. Damals im 4. Bezirk war alles grau in grau. Es war wenig grün, und der Verkehr war irgendwie total schlecht. Und jetzt quasi passieren ihm so Sachen wie: Zwei niederösterreichische Ehepaare, die zu ihm ins Taxi steigen und in den Stadtpark wollen, sagen, sie wissen gar nicht, wie er es da aushält bei so viel Kriminalität und die Ausländer: „Wieso leben Sie eigentlich da?“ Die wollten in den Stadtpark und er hat zu ihnen gesagt: „Na, wir können jetzt den kürzesten Weg fahren quasi, aber es kann sein, dass dort Heckenschützen sind und da ein bissel irgendwie Terrorangriffe auf uns lauern, oder wir fahren einen Umweg.“ Also die Leute verstehen das auch nicht mehr, was Sie hier machen und das ist ein wirkliches Auseinanderdividieren. Das ist nicht Politik, wie ich sie verstehe. Politik, die verantwortungsvoll agiert, muss ein Miteinander in den Vordergrund stellen, das Gemeinsame in den Vordergrund stellen. Das macht die Sozialdemokratie, und das macht sie vor einer Wahl, das macht sie während einer Wahl und das macht sie auch nach einer Wahl. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist der GR Dipl.-Ing. Dr. Gara. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.51.35

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Die Aktuelle Stunde, die die ÖVP heute zum Thema „Es ist Zeit. Wien verdient mehr als diese rot-grüne Stillstandspolitik!“ ausgerufen hat, würde ich sagen, ist nur ein Teil der Medaille. Denn wenn man sich nämlich anschaut, und ich glaube, das ist schon auch wichtig, und Sie haben es gesagt, wir sind natürlich hier auch im Vorwahlkampf, deswegen werden diese Themen auch sehr stark angesprochen. Es gibt einige Baustellen in Wien, die tatsächlich einer drastischen Veränderung bedürfen, und das Gesundheitssystem ist ja nur eines davon. Aber, und ich glaube, das ist schon auch wichtig, Rot-Wien, es ist Zeit, Wien hat sich mehr verdient. Und wenn die ÖVP davon spricht, es ist Zeit für Gerechtigkeit, dann meint sie offenbar nicht ganz die Generationengerechtigkeit. Wenn die ÖVP an einem nachhaltigen Pflege- und Gesundheitssystem interessiert wäre, und das hat massive Implikationen für Wien, dann hätten Sie ja in den letzten Jahrzehnten hier Zeit gehabt, schon einiges zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Wenn die ÖVP auch verantwortungsvoll für Wien wäre, dann hätte sie sich eigentlich auch für ein nachhaltiges und sozial faires Sozialsystem gekümmert. Das, was Sie eigentlich gemacht haben, war ein sehr großer Sündenfall als Wahlzuckerl. Sie haben nämlich einfach den Pflegeregress abgeschafft. Die Abschaffung dieses Pflegeregresses hat natürlich auch starke Implikationen für Wien. Wir haben diesbezüglich auch nachgefragt. Die Nachfrage hat ergeben, dass das für Wien einen Einnahmenverlust von knapp 40 Millionen EUR bedeutet. Und natürlich, dass jetzt auch mehr Menschen versuchen, ins Pflegeheim zu kommen. Aber die sind eigentlich schon fast zu 100 Prozent ausgelastet. Das heißt, die Kosten werden hier noch weiter steigen. Das heißt, das, was die ÖVP hier auf der Bundesebene macht und was massive Implikationen auch für Wien hat, finden wir sozial nicht gerecht. (Beifall bei den NEOS.)

 

Denn eines ist schon klar: Diese Aktionen vor der Wahl sind so klassische Hauruck-Aktionen, um noch irgendwo Wähler zu mobilisieren. Aber mit einer langfristigen Finanzierung hat das nichts zu tun. Ähnliches passiert ja auch im Gesundheitssystem. Auch da fordern wir ja seit Langem die Finanzierung aus einer Hand. Und letztendlich ist das Thema, das auf Bundesebene, wo man sich seit Jahrzehnten dagegen wehrt, eine Finanzierung aus einer Hand zu machen. Auch hier haben wir nachgefragt: Was sind so die Kosten der Spitalsambulanzen des Wiener Krankenanstaltenverbundes? Das sind 500 Millionen EUR pro Jahr. Davon zahlen die Krankenkassen allerdings nur knapp 20 Prozent. Das heißt, die Stadt Wien macht damit ein Defizit von knapp 400 Millionen EUR pro Jahr. Wenn es Ihnen also wirklich wichtig wäre, hier eine langfristig nachhaltige Finanzierung zu gestalten, die Spitalsambulanzen tatsächlich zu entlasten, den niedergelassenen Bereich entsprechend auszubauen, dann würden Sie sich auch massiv dafür

 

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