Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 102
hervorragend ist. Natürlich wird dieses System laufend adaptiert und an neue Umstände angepasst. So wurde etwa erst vor Kurzem ein neues Kindergartengesetz erarbeitet: Dabei wird das pädagogische Konzept der Antragstellerin beziehungsweise des Antragstellers in den Vordergrund gerückt und soll auch gegenüber den Eltern transparent gemacht werden. Wird ein Antrag auf den Betrieb eines Kindergartens gestellt, müssen ein pädagogisches Konzept auf Basis des Bildungsplans und ein Businessplan vorgelegt werden, die unter Beiziehung von Sachverständigen geprüft werden. Die Angabe im pädagogischen Konzept, ob und welche religiöse Vermittlung stattfindet, wird nun verpflichtend festgeschrieben. Der Businessplan wiederum soll über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Auskunft geben. So soll eine bereits erfolgte Insolvenz ein Ausschließungsgrund für den Betrieb eines Kindergartens sein.
Kontrolliert wird auch jetzt schon sehr scharf. Im laufenden Jahr 2017 haben bereits 2.410 Kontrollen der MA 11 stattgefunden. Insgesamt wurde 51 Einrichtungen die Bewilligung für den Betrieb eines Kindergartens entzogen beziehungsweise wurde die Fördervereinbarung beendet.
Zum immer wieder kommenden Vorwurf, dass wir nicht genau hinschauen: Wir intensivieren bei der Bewilligung von neuen Kindergärten auch die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz, um Auskünfte über anhängige Verfahren oder Vorstrafen der Betreiber zu erhalten.
Aber eines möchte ich hier schon betonen: Auch in der Vergangenheit hat die zuständige Behörde MA 11 bei jeder einzelnen Bewilligung eine Anfrage beim Verfassungsschutz gestellt, und bei keiner einzigen Anfrage gab es einen Einwand seitens des Verfassungsschutzes.
Wir werden natürlich auch weiterhin verstärkt mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeiten, wobei eines klar gesagt werden muss: Hintergrundrecherchen zu Trägervereinen sind einzig und allein die Aufgabe des Innenministeriums. Ich denke nicht daran, einen Verfassungsschutz, einen Geheimdienst für Kindergärten zu schaffen, das ist schon noch allgemeine Aufgabe des Bundes. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Wie Sie sehen, haben wir die Herausforderungen, die sich einer Millionenstadt in diesem Bereich stellen, angenommen. Und wenn Sie, die noch überhaupt nichts Konkretes für die Lösung von Herausforderungen unserer Zeit geleistet haben, dann auf Wien zeigen und sagen: „Da ist das Problem.“, dann sage ich, wir genieren uns nicht für die Herausforderungen einer Millionenstadt. Wir genieren uns auch nicht dafür, dass diese größer sind als das Eröffnen eines Kreisverkehrs. Wir sind stolz darauf, dass wir die Herausforderungen angehen und auch lösen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen, sofern ich sie nicht ohnehin in meiner Einleitung bereits behandelt habe.
Zu Frage 1: Elementare Bildungseinrichtungen werden nach Vereinen, die sie betreiben, erhoben und nicht nach deren religiösen Hintergründen, wie zum Beispiel katholisch, evangelisch, jüdisch oder islamisch. Das Wiener Kindergartengesetz stellt ausdrücklich darauf ab, dass das Bildungskonzept auf die gemeinsame Bildung und Betreuung von Kindern unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft sowie auf ihre individuelle psychische und physische Eigenart abgestimmt ist. Im Zuge der aktuellen Novellierung des Wiener Kindergartengesetzes sowie des Wiener Tagesbetreuungsgesetzes werden Trägerorganisationen dazu verpflichtet, anzugeben, ob religiöse Erziehung vermittelt wird. Dies muss gegenüber den Eltern transparent dargelegt werden.
Zu den Fragen 2, 3, 6, 9 und 17: Im Rahmen der Kontrollen durch die MA 11 wurden noch nie radikal-religiöse Entwicklungen in elementaren Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen festgestellt, sodass ich mich von derartigen Behauptungen - ich sage, Unterstellungen - distanziere. Durch unangemeldete jährliche Qualitätskontrollen prüfen die Kindergarteninspektorinnen und -inspektoren die tatsächlichen Bedingungen in den Betreuungseinrichtungen, die Umsetzung des pädagogischen Konzeptes und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Im Zuge der Kontrolle wird auch das Konzept der Religionsvermittlung standardmäßig hinterfragt. Die Kindergarteninspektorinnen und -inspektoren beobachten dabei das Gruppengeschehen, auch im Hinblick darauf, dass Religion ausnahmslos spielerisch und altersadäquat vermittelt wird. Vielfalt ist ein Charakteristikum unserer Gesellschaft und wird auch im Kindergarten gelebt. Bräuche und Rituale aus unterschiedlichen Kulturen fließen in die pädagogische Arbeit im Kindergarten ein. Religion darf dabei jedoch stets nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Als Ergänzung zum Bildungsplan wurde nun ein neuer Leitfaden zum Umgang mit Religionen, Weltanschauungen und Werten erarbeitet. Die Anerkennung und Achtung der demokratischen Grundsätze müssen sowohl in den pädagogischen Konzepten und Leitbildern, im Alltag, aber auch in den Grundsätzen, Schriften, Statuten oder Regelungen jeder Einrichtung eindeutig erkennbar sein. Klar abgelehnt werden im neuen Leitfaden eine ideologische Indoktrinierung der Kinder oder andere Zwangsausübungen.
Im Zuge des Bewilligungsverfahrens von Kindergärten und Kindergruppen wird die Eignung des Betreibers beziehungsweise der Betreiberin überprüft. Vor Erteilung einer Bewilligung wird in jedem Fall das Landesamt für Verfassungsschutz um Stellungnahme ersucht, ob gegen den Betreiber beziehungsweise die Betreiberin aus dortiger Sicht Bedenken bestehen. In Zukunft muss ein neuer Betreiber beziehungsweise eine neue Betreiberin neben einem pädagogischen Konzept auch zwingend einen Businessplan vorlegen, der eine Marktanalyse mit Prognosen zur Auslastung enthält.
Zu Frage 4: Ich verweise auf meine einleitenden Ausführungen.
Zu Frage 5: Die Stadt Wien hat gemeinsam mit dem Integrationsministerium eine wissenschaftliche Studie über islamische Kindergärten, Kindergruppen in Wien in Auftrag gegeben.
Zu Frage 7: Ja, dennoch stehen wir zu einer offenen, vielfältigen Angebotslandschaft. Neben dem erwähnten
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