«  1  »

 

Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 102

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kugler. Ich erteile ihr das Wort.

 

16.52.30

GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich beteilige mich normalerweise nicht gerne an solchen Schlagabtauschen, denn ich glaube an produktive, lösungsorientierte Politik, aber ich glaube, ich muss hier heute in alle Richtungen auch ein paar Dinge sagen.

 

Das Thema dieser Dringlichen Anfrage ist die Islamisierung. Das Wort Islamisierung, was heißt das eigentlich? - Wenn man länger darüber nachdenkt, dann kann man eigentlich nur eines sagen: Es bedeutet die immanente Machtübernahme durch den Islam. Und ich weiß nicht, ob das der richtige Titel für die Anliegen ist, die wir hier unbedingt besprechen müssen. Ich glaube, besser und sachlicher wäre es, zu sagen, wir haben in Wien Parallelgesellschaften zugelassen, wir haben sie gefördert (GR Mag. Wolfgang Jung: Wir nicht! Ihr! - GR Dominik Nepp: Ihr!) und wir müssen dagegen etwas unternehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und wenn Sie, liebe Kollegen von der FPÖ, plakatieren: „Die Machtübernahme des Islam ist immanent und Sebastian Kurz findet das gut!“, dann ist das eigentlich eine bewusste Irreführung. (Beifall bei der ÖVP. - VBgm Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Das hat er ja gesagt!)

 

Aber: Die Worte höre ich schon, und dazu könnte ich auch viel sagen. (GR Dominik Nepp: Das hat er auch schon vergessen! Er vergisst nicht nur, dass er den Silberstein getroffen hat, er vergisst auch, was er gesagt hat! Der ist ja so unehrlich! Wie soll der jemals Kanzler werden?) Aber was sagt dieses Plakat? - „Die Machtübernahme des Islam ist immanent“ - damit schüren Sie wirklich Ängste - „und Sebastian Kurz findet das gut.“ Das stimmt einfach nicht! Aber ich komme später noch einmal darauf zurück. Ich habe zuerst ein paar Gedanken für unsere Stadtregierung.

 

Der Grund, warum wir die Parallelgesellschaften haben, ist, weil Sie sie über Jahre, über Jahrzehnte zugelassen haben, weil Sie zugesehen haben, und ich glaube, Sie haben aus mehreren Gründen zugesehen. (GR Mag. Wolfgang Jung: Wer ist denn in der Regierung seit ewigen Zeiten?) - Aber wir sprechen jetzt über die Wiener Stadtregierung, weil ganz viele Themen richtigerweise Themen des Gemeinderates und auch des Landtages sind.

 

Also: Sie haben deswegen die Entstehung von Parallelgesellschaften zugelassen und Sie haben sie gefördert, weil Sie aus einer falsch verstandenen Toleranz heraus gesagt haben, nämlich, wir wollen gegenüber anderen Kulturen nicht kritisch sein, und deswegen haben Sie weggeschaut. Man hat manchmal das Gefühl, die Rolle der Frau im Islam ist für Sie kein Problem, aber die Rolle der Frau in der katholischen Kirche sehr wohl.

 

Sie haben auch die Dynamik der Entwicklungen unterschätzt. Und wenn Sie jetzt reagieren würden, dann müssten Sie einen Fehler eingestehen, und auch das ist Ihnen nicht angenehm. Und da muss ich zu meinen Vorrednern jetzt Folgendes sagen: Herr Kollege Vettermann, Sie sagen, die Maßnahmen, die jetzt auch von Sebastian Kurz gesetzt wurden, sind ein Gegeneinander-Ausspielen. Und das zeigt ja, dass Sie Realität verweigern, denn hier geht es nicht um ein Gegeneinander-Ausspielen, sondern um notwendige Maßnahmen, die unser langfristiges Zusammenleben sichern sollen.

 

Und wenn Sie sagen, Kollege Al-Rawi ist falsch übersetzt worden, dann frage ich mich: Warum muss ich überhaupt das Posting eines Gemeinderates übersetzen? Ich würde es gerne lesen können. Und zu der Übersetzung, die anscheinend falsch war (VBgm Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Die ist nicht falsch! Die ist richtig! Die ist ganz richtig!), sind Sie uns auch die richtige schuldig geblieben. Ich hätte gerne von Ihnen gehört, was wirklich gesagt wurde! (Beifall bei der ÖVP. - GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Ich habe zwei Profile! - VBgm Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Alter Ego!)

 

Also vielleicht können Sie uns das noch vorlegen. Das würde mich persönlich interessieren.

 

Und auch zur Kollegin El-Nagashi: Wenn du, liebe Faika, sagst, das Problem ist, dass hier zu wenig im Gewaltschutz für Frauen getan wird, dann lenkst auch du vom eigentlichen Problem ab - nämlich, dass Parallelgesellschaften gewachsen sind und gefördert wurden, in denen die Gewalt gegen Frauen nicht abgelehnt wird oder nicht stark genug abgelehnt wird. Und indem du auf ein vollkommen anderes Thema ablenkst, bleibst du, bleiben Sie alle uns diese Antworten schuldig. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und heute haben wir das Schlamassel: Parallelgesellschaften, wo die Zugehörigkeit zu Österreich schwächer ist als in anderen Ländern, wo man sich hier nicht zu Hause fühlt, wo man eigentlich ein ganz anderes Leben, abgeschottet von Österreich, lebt.

 

In der Dringlichen Anfrage wird ÖVP und SPÖ vorgeworfen, hier auf billigen Stimmenfang mit fundamentalistischen, islamischen Gruppen zu gehen. - Ich weiß nicht, wo genau Sie das jetzt sehen. Efgani Dönmez, der auf der ÖVP-Bundesliste kandidiert, ist der Aufdecker in Sachen reaktionäre, nationalistische Gruppierungen. Und gerade er hat aufgezeigt, wie stark die SPÖ mit diesen Gruppierungen verstrickt ist. Ich nenne Ihnen jetzt nur zwei Beispiele und stelle Ihnen auch die Frage, wie Sie damit umgehen: Vorgestern gab es einen Tweet von Ihrem Wirtschaftsverbandmitglied Resul Ekrem Gönultas, der gesagt hat, er hat sich jetzt endlich mit Bundeskanzler Kern versöhnt - ein Foto mit Handschlag ist im Internet kursiert -, und wie Sie wissen, ist er laut Medienberichten Mitglied der Islamischen Föderation Wiens, die wiederum Teil des globalen Netzwerks der Milli Görüs ist, die wiederum einer der Vorreiter des politischen Islam ist. Hier gibt es eine Versöhnung - kurz vor der Wahl. Vielleicht können Sie uns das erklären.

 

StR Ludwig war anscheinend mit Personen in der Türkei, die dem türkischen Präsidenten Erdogan sehr nahestehen. Er hat dort den Herausgeber eines Pro-Erdogan-Blattes getroffen. In diesem Blatt hat auch die Stadt Wien mehrfach inseriert. Wir haben dazu eine Anfrage gestellt, warten noch auf Ihre Antwort. Aber das sind schon große Fragen, die sich uns da stellen.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular