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Gemeinderat, 30. Sitzung vom 22.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 89

 

noch in eine Runde mit ordentlichen Informationen gehen, eine Diskussion, um hier auch für uns evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können. (Beifall bei den NEOS.)

 

Warum wir die ganze Sache insgesamt sehr kritisch sehen, hat mehrere Gründe. Erstens ist das schon die gefährliche Drohung der Stadträtin, die die Entscheidung damit begründet, dass das die Stadtwerke wieder näher an die Stadt heranbringt. Die Stadtwerke sind deswegen in so einer ernsten wirtschaftlichen Lage, weil sich die Politik immer wieder zu viel in die Unternehmensstrategie eingemischt hat. Das sieht man an vielen Beispielen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Aber Sie sind auch deswegen in so einer schwierigen Lage, insbesondere die Wiener Netze, weil Ihnen von der Politik immer wieder tausende Beamte aufgezwungen werden, deren Personalkosten in einem kompetitiven Markt nicht darstellbar sind, nicht einmal bei einer ohnehin hochbezahlten Energiebranche. (Beifall bei den NEOS. - Ruf bei der SPÖ: Das ist doch Blödsinn!)

 

Sie meinen auch, wenn wir jetzt dann eine GmbH als Tochter hätten, könne eine GmbH als Tochter der Stadt einfacher agieren, wenn es um In-House-Vergaben geht. Ich glaube, das ist ein bisschen ein Etikettenschwindel, denn daran ist ja auch die Voraussetzung geknüpft, dass auftragsübernehmende Gesellschaften wie eine eigene Dienststelle beherrscht werden können. Klar, das wird durch die GmbH erleichtert, aber für In-House-Vergaben müsste die Tätigkeit des Auftragnehmers, also der Stadtwerke oder einer Tochtergesellschaft, im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber erfolgen. Das ist aber bei den Stadtwerken eigentlich, außer bei den Verkehrsbetrieben, nicht der Fall. Die sind auch am Markt tätig und nicht nur für die Stadt alleine.

 

Da kann man sich mit Hilfskonstruktionen aushelfen, keine Frage, das funktioniert in der Stadt ja auch ganz gut: Vergabe der Energiesparverträge, LED-Lampen, auch die E-Ladestellen sind jetzt ein Beispiel, wo Millionenverträge nicht dazu genutzt werden, hier unsere technologienahe Privatwirtschaft zu stützen, die auch Arbeitsplätze schafft, sondern um diesen schwerfälligen Konzern weiter zu stützen und besser am Leben zu halten. Wir brauchen in Wien aber dringend mehr Wettbewerb und nicht weniger. (Beifall bei den NEOS.)

 

Es sind aber natürlich auch die Kunden der Stadtwerke die Leidtragenden, weil die mit dieser politischen Rückendeckung natürlich die höheren Preise für ihre Leistungen bezahlen.

 

Abschließend nur so viel: Wir haben hier auch ein absolutes Transparenzproblem. Ich habe es erläutert. Dieser Kurs des Tarnens und Täuschens und wie man hier sehr lapidar eine Entscheidung herbeiführen wollte, öffnet der Freunderlwirtschaft auch immer Tür und Tor. (Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Das ist ja unglaublich!) Das können wir als Kontrollpartei der Stadt nicht gutheißen. - Danke. (Beifall bei den NEOS. - Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich werde mir Ihr Beispiel merken, Frau Kollegin!)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Das waren jetzt nicht 40 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dipl.-Ing. Olischar, auch 40 Minuten.

 

11.42.50

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP)|: Ich kann Sie jetzt schon vorwarnen, Herr Vorsitzender, es wird auch bei mir nicht 40 Minuten dauern.

 

Das Thema Umwandlung der Wiener Stadtwerke: Ich habe heute für meinen Beitrag auch einige Zitate mitgebracht. Ich fange mit einem Zitat von unserem Vorsitzenden Reindl an, der am 24. Juni 1998 im Gemeinderat die Umwandlung der Wiener Stadtwerke in eine Aktiengesellschaft mit den Worten „ein historischer Grundsatzbeschluss“ bezeichnet hat. Wenn wir heute über den rot-grünen Vorstoß zur Änderung der Gesellschaftsform debattieren, so möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, in der Historie etwas zurückzugehen und zu überlegen, wie es damals zu diesem Grundsatzbeschluss gekommen ist. Denn was war das Historische an diesem Grundsatzbeschluss? Die damalige zuständige Finanzstadträtin Brigitte Ederer hat in ihrer Rede vor dem Gemeinderat fünf Gründe genannt. Auf die möchte ich noch einmal replizieren und sie als Begründung vorbringen.

 

Der erste Grund war: Unternehmen werden im Wettbewerb stehen. Durch die von der EU ausgehende Öffnung der Märkte für Elektrizität und Gas müsse man sich laut Ederer ein weitsichtiges Modell für die wirtschaftliche Struktur der Wiener Stadtwerke überlegen. Ihr Zitat dazu war: „Das heißt, es geht insgesamt darum, dass diese Teilunternehmen zunehmend im Wettbewerb stehen werden, und eine Änderung der Rechtsform ermöglicht ihnen eine größere Beweglichkeit am Markt und ermöglicht ihnen ein anderes Vorgehen, als das heute der Fall ist.“

 

Der zweite Grund, den sie vorgebracht hat: Vereinfachung und Versachlichung der Willensbildung. Das ist auch aus meiner Sicht einer der zentralen Punkte. Denn die damalige Stadträtin Ederer wollte eine klare Trennung zwischen betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten beziehungsweise langfristiger strategischer Planung auf der einen und politischen Wünschen auf der anderen Seite. Hier ihr Zitat dazu: „Wie wir alle wissen, der Eigentümer, hier der Gemeinderat, ist letztendlich auch von politischen Stimmungen abhängig, ist auch von der Tagespolitik abhängig. Man sollte so ein wichtiges großes Unternehmen stärker aus tagespolitischen Schwankungen herausnehmen und verstärkt versuchen, hier strategisch langfristige Positionen zu beziehen.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der dritte Grund, den sie genannt hat: die Möglichkeit von Partnerschaften. Bei dieser Begründung betont Ederer, dass mit der Umwandlung Partnerschaften leichter eingegangen werden können. In ihrer Fragestunde, damals im Gemeinderat, hat sie geantwortet: „Ich sehe strategisch die Möglichkeit, dass wir in Kooperation mit EVN, also mit dem niederösterreichischen Energieversorger, mit dem Verbund und vielleicht mit der OMV im Gasbereich gemeinsam einen Nukleus einer österreichischen Kooperation starten oder erarbeiten. Ich halte dies aus mehreren Gründen für wichtig.“

 

Der vierte Grund: neue Möglichkeiten der Finanzierung. Die Umwandlung in eine AG gibt mehr Möglichkeiten puncto Finanzierung. Da hat sie gesagt: „Ein weiterer Punkt ist auch, dass der Zugang zu neuen Formen der

 

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