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Gemeinderat, 30. Sitzung vom 22.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 89

 

wir ja kein Problem, miteinander zu diskutieren und zu telefonieren - und zu sagen, das fehlt mir, und am nächsten Tag wird es, wenn es möglich ist, nachgereicht. Wenn man sieben Tage braucht und nicht einmal anrufen und sagen kann, dass einem etwas fehlt, dann ist doch der Verdacht naheliegend, dass man das als Argumentation für die Debatte im Gemeinderat braucht. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Herr Vorsitzender, das ist eine Bringschuld!)

 

Langer Rede kurzer Sinn: Ich denke mir einfach, Orakel von Delphi oder Psychoanalytiker bin ich noch lange nicht, ich bin nur Ausschussvorsitzender, was euch gerade fehlt zu eurer Meinungsbildung, kann ich nicht erahnen. Deshalb gibt es das Telefon. Ich nehme zur Kenntnis: Wenn du einen Ärger brauchst im Gemeinderat, dann telefonierst du nicht mit uns und sagst nicht, dass du es brauchst, und wenn es dich wirklich interessiert, dann rufst du an und hast in zwei Tagen die Unterlagen. Ich denke nur, wir hätten das nicht notwendig. Ich denke, bei so einer Entscheidung soll man über Inhalte diskutieren und nicht über Mätzchen und nicht warten, so nach dem Motto: Ich habe draußen vor sieben Tagen einen gesehen, der grade einen Herzinfarkt hat und jetzt erzähle ich es der Gesundheitsstadträtin, weil sie für die Rettung zuständig ist. Also das ist eine Art und Weise, die, glaube ich, unser aller nicht würdig ist. Ich würde dich bitten: Machen wir es nächstes Mal anders! Wenn dir etwas fehlt, dann sage es und mach kein parlamentarisches Theater daraus! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Jetzt komme ich zum Inhaltlichen. Ich darf bei Kollegin Olischar anfangen, weil ich mich mit einigen dieser Argumente wirklich tatsächlich inhaltlich und intellektuell auseinandersetzen möchte. Kapitalgesellschaften gibt es seit dem Römischen Reich. Seit damals haben die etwas Gemeinsames gehabt, nämlich eine größere unternehmerische Anstrengung, zu der einer allein nicht genug Kapital hat. Deshalb sucht derjenige Menschen, die auch viel Geld, Kapital oder Ressourcen haben, die sich einbringen. In diesen Aktiengesellschaften, die es in den unterschiedlichen Kulturkreisen und in unterschiedlichen Bereichen und jetzt auch auf der Börse gibt, ist immer Folgendes massiv evident gewesen:

 

Erstens: Die Leute, die das Geld eingebracht haben, wollten es schützen. Das heißt, das Kapital in einer Kapitalgesellschaft ist geschützt, auch vor Wünschen von Anlegern und Aktionären. Deshalb ist es auch so, dass die Kapitalgesellschaften betriebswirtschaftlich autark agieren und von außen keinerlei Anweisungen, Ratschläge oder Wünsche entgegennehmen dürfen. Aufsichtsräte als ein Organ neben den Vorständen dürfen das grundsätzlich nicht. Wenn sie es tun, gilt das als Tatbestand der Untreue, wenn es eine Schädigung des Unternehmens dadurch gegeben hat.

 

Das Zweite, das ganz wesentlich ist: Aktiengesellschaften dienen nur einem einzigen Ziel neben dem Erhalt des Kapitals: der Mehrung. Aktiengesellschaften werden zur Mehrung gegründet. Beispielsweise als die British Airport Authority - das ist die Gesellschaft, die alle Londoner Airports gehalten hat - am frühen Morgen, vor, glaube ich, zwölf Jahren draufgekommen ist, dass sie nicht mehr Besitzer ihrer eigenen Flughäfen ist, ist über Nacht eine spanische Investmentfirma gekommen - damals waren die Spanier wirtschaftlich besser drauf als heute - und haben sich die Mehrheit dort gesichert. Die haben nicht die Idee beispielsweise, dass sie dort die Region entwickeln wollen oder London helfen wollen oder den Airways dort helfen wollen, die wollen Kohle machen. Das ist legitim. Ich möchte mein eingesetztes Kapital schützen und es mehren, möglichst schnell, möglichst effizient. Oftmals investieren auch deshalb große Pensionsfonds und Ähnliches aus irgendwelchen Ländern in Kapitalgesellschaften - wie auch jetzt beispielsweise die FWAG am Flughafen Wien.

 

Punkt ein: Ja, es stimmt, wir haben große Vorhaben bei den Stadtwerken, die auch Geld benötigen. Punkt zwei: Wir suchen aber keine Partner, die da einsteigen, um uns das Geld zu bringen. Und drittens: Wir sind selber Unternehmer nicht deshalb, weil wir das Kapital der Stadt mehren wollen, sondern weil wir Daseinsvorsorge für die Wienerinnen und Wiener machen wollen. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Und was war bis jetzt?) Wir wollen also nicht haben, dass möglichst viele andere daran verdienen, dass die Wiener Energie brauchen, sondern wir wollen nachhaltig und sicher für die Wienerinnen und Wiener Energie zur Verfügung stellen. Das ist der Unterschied. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Warum habt ihr nicht heuer eine GmbH gemacht, von Anfang an?)

 

Wenn ich eine Aktiengesellschaft nehme, dann nehme ich mir Partner herein, damit sie an den Wienerinnen und Wienern Geld verdienen. Wir wollen nicht an den Wienern und Wienerinnen Geld verdienen, und wir wollen auch verhindern, und das ist Tatsache, dass andere an unseren Bürgern Geld verdienen. Das ist der Unterschied. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenruf von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.)

 

Ich ahne es schon, Kollege Guggenbichler, du wirst mich jetzt wahrscheinlich fragen: Warum habt ihr es damals gemacht? Es ist immer ein grundsätzlicher Fehler, nachträglich gesehen, wenn die Sozialdemokratie der Stadt nicht die absolute Mehrheit hat. Damals ist dieser Fehler wieder einmal passiert. Die Folge war dann, dass wir eine Partei benötigt haben, die gemeinsam mit uns die Regierung stellt (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Weil ihr Geld verhehlen wolltet!), und diese Partei war die Österreichische Volkspartei. Da war es Bedingung in den Koalitionsverhandlungen, dass die Umwandlung geschieht. Warum? Weil es auch damals schon geheißen hat, lockig formuliert, damit es attraktiver wird: Da könnten wir doch einen strategischen Partner finden.

 

Eine Koalition ist immer ... (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Hat die SPÖ zugestimmt?) - Na warten wir ab, was die Freiheitlichen an Federn lassen werden, damit ihnen der Herr Kurz ein paar Jobberln, ein paar Ministerposten gibt. Schauen wir uns das an, und dann reden wir darüber, was Sie an Ihrer Programmatik für Abstriche machen. (Zwischenruf von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) Jetzt hab‘ ich schon gemerkt, dass die Freiheitlichen zu einer engagierten Europapartei geworden sind.

 

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