Gemeinderat, 30. Sitzung vom 22.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 89
wir in Richtung Dezentralisierung, ganz klar. Auch die Wien Energie macht das - sehr vernünftig. Einer der Bereiche der Dezentralisierung, wo sogar Private Geld in die Hand nehmen, nennt sich Bürgersolarkraftwerk. Das heißt, Wienerinnen und Wiener haben die Möglichkeit, ihr eigenes Geld in Bürgersolarkraftwerke zu stecken. Das ist eigentlich nichts anderes als eine Public Private Partnership, eine gute Sache. (GR Erich Valentin: Ist ja kein Widerspruch!)
Ich glaube, es ist einfach sehr, sehr wichtig zu diskutieren: Was ist Daseinsvorsorge? Was ist Daseinsvorsorge nicht? Ich denke, über das Thema der Energieerzeugung - oder konkret physikalisch ist es ja keine Erzeugung, sondern die Energieumwandlung - kann man diskutieren, denn sehr vieles werden Sie natürlich über den Markt beziehen, was sie auch tun, weil natürlich die Strompreise europaweit immer günstiger werden, auch auf Grund der erneuerbaren Energien Das ist auch gut so.
Das heißt, langfristig haben Sie mit dem Geschäftsmodell ein großes Problem. Die Fernwärmeerzeugung ist zwar durchaus sinnvoll. Wien hat auch eine gute Infrastruktur. Das ist auch nicht trivial und strategisch nicht so leicht zu lösen, aber der Strom ist ziemlich teuer. Das ist auch einer der Gründe, warum die Wien Energie und damit die Stadtwerke langfristig sozusagen mehr Verluste machen werden müssen und das Körberlgeld, das der Stadt zufließt, so nicht mehr einfach passieren wird. Das ist eine schwierige, langfristige Situation, vor der Sie stehen. Das ist auch in den deutschen Kommunen der Fall, bei den deutschen Stadtwerken, ganz klar, das ist eine schwierige strategische Situation.
Ich komme jetzt einmal auf einen Punkt im Sinne von Einfluss bei Aktiengesellschaft und GmbH. Entschuldigung, bitte stellen Sie sich nicht hier hin und behaupten, bis dato in der Aktiengesellschaft gab es keinen politischen Einfluss. Ich meine, das ist lächerlich. Jeder, der die Situation hier in Wien kennt, weiß, dass es immer wieder einen politischen Einfluss gegeben hat - konsequent, weil Sie natürlich den Vorstand auswählen. Wie ist denn der Aufsichtsrat besetzt? Der Aufsichtsrat ist ja nicht unabhängig besetzt - im Übrigen eine Forderung, die wir hätten. Ich halte es für sehr wichtig, dass auch ein Aufsichtsrat gemischt besetzt ist, teilweise aus Vertretern der Stadt, aus dem Magistrat, aber auch durch unabhängige Experten. Ich halte das für extrem wichtig. Es ist im Übrigen eine Situation, die in Deutschland stattfindet, und ich halte das für sehr, sehr wichtig. (Beifall bei den NEOS. - GR Erich Valentin: Das ist kein Widerspruch!) - Nein, ich halte das für sehr, sehr wichtig. In Wirklichkeit ist die Situation, dass Sie ein absolutes Durchgriffsrecht haben. Das ist doch Realität, ist doch vollkommen lächerlich. Das war in der Vergangenheit so, und das wird in der Zukunft so sein. (Beifall bei den NEOS. - GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Sehr gut!)
Das ist doch die Situation. Sie wechseln doch genau die Vorstände so, wie Sie es wollen, das ist doch vollkommen klar. Glauben Sie, das ist jetzt ein Unterschied? Insofern sage ich, noch näher zur Stadt als GmbH in dem Sinne heißt noch mehr Weisungsmöglichkeiten, und das finde ich eigentlich nicht gut. Denn so, wie Sie es schon gesagt haben oder wie es einer der Vorgänger schon gesagt hat, Geschäftsführer sind direkt weisungsgebunden, beim Vorstand sind sie weisungsfrei, aber natürlich auch nur theoretisch, denn das ist eine Frage des Vorstandsvertrages. Sie können doch ganz klar definieren, welche Geschäfte zustimmungspflichtig sind und welche nicht. Es ist doch vollkommen lächerlich, zu glauben, dass ein Vorstand der Wiener Stadtwerke einfach so Anteile des Unternehmens verkaufen würde. Das kann er ja gar nicht. Das heißt, das, was Sie quasi als Schreckensszenario skizzieren, von wegen, da könnte jetzt jemand das verkaufen, das ist doch nicht Realität.
Was aber Realität ist, darauf möchte ich doch eingehen, weil Sie nämlich gesagt haben, die Frau StRin Sima kümmert sich um die Wiener Stadtwerke. Ich kann Ihnen sagen: Im Kontext des Klimaschutzes gibt es schon ein paar Beispiele, wie sie sich kümmert. Zum Beispiel ein sehr wichtiges Organ der Wiener Stadtwerke, nämlich der Nachhaltigkeitsbeirat, wurde abgeschafft. Finde ich nicht gut. Das war eigentlich ein sehr gutes Gremium, um sich tatsächlich klimapolitisch, energiepolitisch mit nachhaltigen Szenarien auseinanderzusetzen. Das wurde abgeschafft. Eine sehr gute Unternehmung der Wiener Stadtwerke, die gerade im Bereich innovativer Mobilitätstechnologien die verschiedensten Themenfelder gebündelt hat, um Innovationen voranzutreiben, nämlich die Neue Urbane Mobilität Wien GmbH, die NeuMo, wurde aufgelöst. Ich halte das für nicht gut, denn gerade das, was in den letzten Jahren in den Wiener Stadtwerken passiert ist, nämlich Innovationen tatsächlich auch in der Holding entsprechend zu bündeln und damit einen sehr guten Austausch zwischen den verschiedenen Unternehmen zu machen, das ist plötzlich weg. Dabei sagen Sie, Sie hätten überhaupt keinen Einfluss auf die Wiener Stadtwerke. (Beifall bei den NEOS.)
Eine weitere Geschichte: Wenn Sie sich hier herstellen und sagen, wir brauchen eine neue Organisationsform, können wir schon darüber reden. Dann erwarte ich mir aber zuvor eine zukunftsorientierte Strategie. Auch darüber könnten wir diskutieren. Gerade das Thema Wien Energie ist, glaube ich, hinlänglich bekannt. Das ist kein leichtes Umfeld und es gibt auch sehr gute Mitarbeiter dort, das möchte ich hier wirklich unterstreichen, aber zum Thema Zukunftsstrategie habe ich, sage ich einmal, relativ wenig gehört. Immer dann, wenn es strategische Überlegungen gegeben hat, auch schon bei vorherigen Vorständen, auch noch unter Ihrer Kollegin StRin Brauner, als sie für die Wiener Stadtwerke zuständig war, wurde der Vorstand gewechselt, falls es nämlich nicht gepasst hat, was man als Strategie wollte. Das ist Realität bei den Wiener Stadtwerken. Erzählen Sie mir bitte nicht, dass Sie keinen Einfluss haben! (Beifall bei den NEOS.)
Vor diesem Hintergrund, gerade, was die strategischen Ausrichtungen betrifft, mache ich mir Sorgen. Ich halte das für wirklich wichtig, denn die Umwandlung, die man so schnell in eine Unternehmensbroschüre hereinschreibt, wir werden jetzt vom Energieerzeuger zum Energiedienstleister, die ist ja nicht so trivial. Da gibt es
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