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Gemeinderat, 30. Sitzung vom 22.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 89

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Pawkowicz, und ich erteile es ihm.

 

13.28.22

GR Mag. (FH) Alexander Pawkowicz (FPÖ)|: Sehr geehrte Frau Gemeinderatsvorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Wir werden ebenfalls die geplante Änderung in der Satzung des Zuwandererfonds ablehnen, aber aus einem etwas anderen Grund. Ich weiß nicht, ob das so überraschend ist. Es ist aus einem Grund, Frau Kollegin, den ich mir eigentlich gerade von der Sozialdemokratischen Fraktion erwartet hätte, zu bewahren. Es ist nämlich die faktische soziale Tätigkeit, die der Zuwanderungsfonds derzeit durchführt und die in Zukunft offenbar so nicht mehr geplant ist. Es geht um die Änderung auf eine marktkonforme Vermietung, die es derzeit in dieser Form nicht gibt. Tatsächlich ist es so, dass der Zuwanderungsfonds derzeit nämlich auch eine ganz wesentliche soziale Funktion erfüllt. Er ist ein Gremium, wo heute vielfach Menschen untergebracht werden können und auch untergebracht werden, die sich das Wohnen auf einer anderen Basis nicht mehr leisten können. Ich habe einige Fälle erlebt, wo mir damals auch die entsprechenden Stadträte der Sozialdemokratischen Partei geholfen haben, nämlich in meiner früheren Tätigkeit als stellvertretender Bezirksvorsteher in Meidling und davor auch noch in der Bezirksvertretung. Dann nämlich, wenn Menschen gekommen sind, die von der Obdachlosigkeit bedroht waren und die daher von Wiener Wohnen auch keine Wohnungen mehr bekommen haben. Weil dort gibt es Einkommensgrenzen. Und diese Menschen hatten dann die Möglichkeit, über die faktische Tätigkeit des Zuwandererfonds, obwohl dieser satzungsgemäß andere Ziele hatte - der Rechnungshof hat das kritisiert - (Zwischenruf von GR Dip.-Ing. Martin Margulies.) Sie können sich gerne dann zu Wort melden, Herr Kollege, und das auch noch einmal erklären -, die dann aber sehr wesentlich die Möglichkeit hatten, dort eben um sehr günstiges Geld untergebracht zu werden.

 

Genau das ist etwas, was ich in dieser neuen Satzung vermisse. Die neue Satzung sagt nicht nur „temporäres Wohnen“ in Zukunft, sondern sie hat vor allem zwei wesentliche Pferdefüße: Zum einen der angesprochene Punkt meines Vorredners, nämlich die „marktübliche Vermietung“. Derzeit ist es so, dass im Zuwanderungsfonds die Wohnungen teilweise sehr, sehr günstig vermietet sind, damit man sie sich eben leisten kann, wenn das Einkommen hart an der Mindestsicherungsgrenze ist. Der zweite Punkt, der mir ebenfalls in der Satzung aufgefallen ist, ist, dass dort die Rede davon ist, dass der Zuwanderungsfonds oder in Zukunft „Fonds für temporäres Wohnen“ ermächtigt ist, die alten Verträge beizubehalten. Das ist juristisch klar. Man muss dem Vorstand auch die Möglichkeit geben, alte Verträge beizubehalten. Aber der Unterschied liegt für mich im Detail. Wenn ich ihn bloß „ermächtige“, die Verträge beizubehalten und ihn nicht dazu „verpflichte“, dann sehe ich die Gefahr, dass der Fonds in Zukunft mit der neuen Satzung vielfach Menschen bei jeder sich bietenden Gelegenheit ausmietet, damit er dann marktüblich die Wohnungen an andere Leute vergibt. Damit geht die Grundidee dieses Zuwandererfonds verloren, nämlich für benachteiligte Menschen leistbaren Wohnraum zu sichern. Das ist die große Sorge, die wir an dieser Stelle haben, dass es in Zukunft in Wien dieses Instrument für Menschen, die finanziell schwer benachteiligt sind, in dieser Form nicht mehr geben wird.

 

Ich sage Ihnen auch konkrete Beispiele, die ich in meiner früheren politischen Tätigkeit erlebt habe, auch mit dem Zuwandererfonds. Es sind in den letzten Jahren mehrmals Leute zu mir gekommen, die eine Wohnung im Zuwandererfonds hatten und die damit Probleme hatten, sich die Miete zu leisten, obwohl die sehr niedrig war. Und die waren daher dann selbstverständlich von einer Kündigung bedroht waren. Ganz normal, weil das im Mietrechtsgesetz auch so vorgesehen ist, keine Frage. Aber weil der Zuwandererfonds eben eine soziale Verantwortung hatte, ist es uns regelmäßig gelungen, hier diese Kündigungen wieder rückgängig zu machen. Einvernehmlich, wohlgemerkt, weil der Zuwandererfonds und seine Geschäftsführung hier großzügigerweise auch entgegengekommen ist und den Mieterinnen und Mietern, die von einer Kündigungsklage bedroht waren, hier mit Ratenzahlungsvereinbarungen entgegengekommen ist. Das müsste er nicht machen, das hat er freiwillig gemacht. Aber die Satzung war da eine andere. Wenn die neue Satzung den Zuwanderungsfonds dazu verpflichtet, zu marktüblichen Bedingungen zu vermieten, dann fällt diese Option weg. Nämlich die rechtliche, dass die dortige Geschäftsführung gerade in solchen Fällen sozial Benachteiligten überhaupt die Chance einräumt, trotzdem drinnen zu bleiben, weil es dann nämlich nicht mehr marktüblich wäre. Marktüblich heißt, da gibt es ein Mietrechtsgesetz und in dem Mietrechtsgesetz steht klar drinnen: Wer die Miete nicht zahlt, wird rausgekündigt. Das soll auch bei Wohnungen des Zuwanderungsfonds so sein, wenn einer gar nicht zahlt, keine Frage. Aber das Mietrecht ist hier strenger als diese soziale Möglichkeit, die der derzeitige Zuwandererfonds bietet. Und die neue Satzung bietet diese Möglichkeit nicht. Sie bringt daher, und das ist unsere Befürchtung, soziale Kälte und insbesondere Einschränkungen am untersten Segment der sozialen Leistbarkeit. In diesem Sinne werden wir daher diesen entsprechenden Antrag ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.

 

13.33.44

Berichterstatter GR Dr. Kurt Stürzenbecher|: Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Herr Vorsitzender!

 

Die ursprüngliche Satzung des Zuwandererfonds stammt aus dem Jahr 1971 und seitdem haben sich die soziologischen, die gesellschaftspolitischen und auch die demographischen Bedingungen wesentlich geändert. Auf Basis dieser Änderungen beschließen wir heute eben diese geänderte Satzung, wobei wir durchaus, das ist richtig, auch auf die Kritik des Rechnungshofes, die vielleicht zum Teil wirklich berechtigt war, eingehen,

 

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