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Gemeinderat, 30. Sitzung vom 22.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 89

 

Konstituierung zusammengekommen. Zeitgleich gab es unter großem medialen Getöse auf Bundesebene die Präsentation einer Vorstudie des zuständigen Ministers für Integration betreffend Parallelgesellschaften in Wiener Kindergärten.

 

Nun waren wir zu diesem Zeitpunkt in einer Situation in der Stadt, dass die damals zuständige Stadträtin ganz schlicht und einfach Themen weggewischt hat, indem Sie gemeint hat, wir haben keine muslimischen Kindergärten. - Grund dafür war, dass diese ganz schlicht und einfach nicht erhoben worden waren. Das heißt, man ging nach dem Prinzip vor: Nachdem wir uns eines Themas nicht explizit annehmen, gibt es dieses Thema nicht. Und eigentlich waren bis dato alle zufrieden, zumindest aus Sicht der rot-grünen Stadtregierung. Doch dann kommt der zuständige Minister und legt den Finger in die Wunde, denn da könnte es ja wirklich Problemstellungen geben!

 

Wir haben das damals schon sehr intensiv diskutiert, und wir haben damals schon gewisse Dinge feststellen müssen. - Ich darf einmal die Vorstudie zur Hand nehmen und daraus zitieren, beispielsweise heißt es auf Seite 8, dass „71 islamische Kindergärten und 56 Kindergruppen identifiziert werden konnten“. Da aber sicherlich nicht alle eruiert werden konnten, wird die Zahl der muslimischen Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien auf zirka 150 geschätzt.

 

Es finden sich hier dann Sätze wie: „Leider besuchen viele Kinder ausschließlich an Mangel an islamischen Alternativen öffentliche Schulen.“ Es geht dann weiter auf Seite 42 mit: „Klar ist auch, dass die Sympathisanten des politischen Islam, die Gewalt grundsätzlich als ein Mittel zur Verwirklichung des islamischen Staates betrachten, den Bildungseinrichtungen - als ihrem ‚Hinterhof‘ - großen Wert beimessen.“

 

All das gab - zu Recht, wie ich meine - Anlass zu einer sehr intensiven und oftmals auch emotionalen Diskussion.

 

Was ist dann geschehen? Zuerst wird wieder einmal geleugnet und in Abrede gestellt. Dann ist doch Bewegung hineingekommen, bis man allerdings wieder dazu übergegangen ist, zu sagen, dass derjenige, der schlechte Botschaften oder schlechte Nachrichten ausrichtet, schuld sein muss, und begonnen hat, den Studienautor einmal in Zweifel zu ziehen. Daraufhin hat man auch hier intensiv geprüft … (Zwischenruf von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.) Ja, Herr Kollege Stürzenbecher, Sie reden von einer schlechten Studie!

 

Es gab dann auf Initiative der Uni Wien jedenfalls eine Prüfung bei der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität. Und was hat diese festgestellt? - Ich glaube, es geht jetzt gar nicht nur darum, was alles in diesem Bericht drinnensteht, aber ich zitiere aus den Erhebungen der OeAWI: Es habe kein wissenschaftliches Fehlverhalten gegeben. Es wurde aber auch festgestellt, dass es sprachliche Änderungen gegeben haben, die in den meisten Fällen jedoch zum besseren Verständnis dienten. - Ich zitiere wörtlich: „Es gab einige wenige Fälle, die inhaltliche Verschiebungen brachten, aber auch dort hat sich der Studienautor voll dazu bekannt und die Verantwortung dafür übernommen.“

 

Es wurde in weiterer Folge in dieser Zeit ganz massiv von Seiten der Sozialdemokratie, aber auch von einer Wiener Wochenzeitung gegen den zuständigen Minister und gegen den Studienautor gehetzt. Am 19. Jänner 2016 findet sich interessanterweise auch wieder eine Headline in der Tageszeitung „Die Presse“: „Häupl ortet ÖVP-Angriffe auf Wien.“ - Es ist also das übliche Schema: Es gibt keine Missstände, es gibt nur welche, die etwas aufdecken.

 

Meine Damen und Herren! Heute sind wir am Vorabend eines Landtages, in dem es zumindest schon einmal eine Novelle des Wiener Kindergartengesetzes gab. Und ich sage Ihnen ganz offen - und darauf bin ich stolz, ich bin stolz, dass wir einen solchen Minister und eine solche Fraktion haben -: Diese Novelle hätte es ohne ÖVP und das Aufdecken dieses Skandals mit Sicherheit in dieser Stadt nicht gegeben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Was ich nur wirklich bedauere, sehr geehrter Herr StR Czernohorszky, der Sie ja jetzt seit einiger Zeit für diese Materie zuständig sind, ist, dass Sie bei dieser Novelle - ich formuliere es jetzt einmal vorsichtig - auf halbem Weg der Mut verlassen hat! Es gibt das eine oder andere, was wir durchaus begrüßen, aber es werden viele Bereiche durch diese Novelle leider Gottes bei Weitem nicht abgedeckt.

 

Daher stellen wir ganz konkret heute diese Dringliche Anfrage an Sie, werter Herr Stadtrat, denn es ist wichtig, solchen Fragen zu beantworten: Wie gehen wir mit der Beseitigung dieser Parallelstrukturen um? - Jetzt werden die Tatsachen einmal zur Kenntnis genommen. Das ist schon wesentlich mehr als noch vor einem oder zwei Jahren!

 

Aber wie gehen wir mit der Beseitigung dieser Parallelstrukturen um? Immerhin sind wir jetzt auf Grund dieser Novelle zumindest einmal bereit, zu erfassen, ob es Kindergärten mit religiösem Hintergrund gibt. Aber warum sind Sie, Herr Stadtrat, eigentlich nicht bereit, Qualitätskriterien anzuheben? Wenn ich mir beispielsweise den Bereich der sprachlichen Mindeststandards für Betreuungspersonal und dergleichen ansehe, wo viel zu wenig getan wurde, dann lautet unsere Frage an Sie: Wann können wir hier mit dem nächsten Schritt von Ihrer Seite rechnen?

 

Dass wir Grundwerte der Verfassung unserer Republik auch und gerade jungen Menschen vermitteln müssen, ist etwas, dem sich die Sozialdemokratie langsam, viel zu langsam, aber immerhin, stellt. Bleibt nur die Frage: Kann Kontrolle, die von 13 auf 20 aufgestockt wurde, wirklich all diesen Problem genügen?

 

Meine Damen und Herren! Etwas soll auch nicht zu kurz kommen: Ich will nicht nur die pädagogischen Probleme in Wiener Kindergärten und Kinderbetreuungseinrichtungen thematisieren. Ich habe gestern davon gesprochen, dass wir im Jahr 2018 immerhin 847 Millionen EUR für Kindergärten ausgeben werden. Das ist sehr viel Geld, wie wir alle wissen, aber die Kinder sind uns natürlich auch etwas wert. Ich glaube aber, dass sich in

 

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