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Gemeinderat, 31. Sitzung vom 15.12.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 138

 

der Wiener Stadtverfassung überhaupt nicht vor! Das ist Ihnen zutiefst suspekt, wenn die Bürger mit Mehrheit etwas endgültig und verbindlich entscheiden sollen. Das lehnen Sie ab, das können Sie sich nicht vorstellen. Aber das kommt! Auf diese direkte Demokratie, auf diese neue Politik, auf diese neue Demokratie in Österreich dürfen wir uns freuen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und, sehr geehrte Damen und Herren von Rot-Grün, Sie sind ja wirklich völlig unglaubwürdig in dieser Frage! Wer im Glashaus sitzt oder wer im Glashaus steht da hinten im Raucherkammerl, der sollte nicht mit Steinen werfen! Wir haben praktisch wortidente Regelungen im Tabakgesetz zum Rauchen in öffentlichen Räumen, wie es das Rathaus ist, und zu den Gastronomiebetrieben. Da steht in beiden Paragraphen, im § 13 und im § 13a des Tabakgesetzes, praktisch wortident, dass Rauchen dann gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Man hätte dieses Raucherkammerl nicht einführen müssen. Man bräuchte auch die Grundlage für dieses Raucherkammerl im Tabakgesetz nicht. Aber Rot-Grün hat sich schon einmal anders entschieden.

 

Worüber ich mich freue, das ist, dass es einen vermehrten Jugendschutz und einen vermehrten Nichtraucherschutz geben wird, dass das gesetzliche Rauchverbot nunmehr von 16 auf 18 Jahre angehoben wird, dass im Auto nicht mehr geraucht werden darf, wenn sich dort Kinder und Jugendliche befinden, und ich freue mich über den Ausbau der Präventionsmaßnahmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Huemer und ich erteile es ihr.

 

11.07.58

GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE)|: Danke schön. Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte dieser Debatte noch einen Aspekt hinzufügen, nämlich den Schutz der ArbeitnehmerInnen. Ich finde es nach wie vor bezeichnend, dass wir hier ein Zweiklassensystem haben, nämlich eine unterschiedliche Bewertung, was den Schutz der Gesundheit von Beschäftigten in einem normalen Betrieb betrifft und was in der Gastro los ist. Dieser unterschiedliche Standard wäre, wenn dieses Gesetz, das 2015 per Novelle beschlossen wurde, umgesetzt werden würde, endlich abgeschafft gewesen. Mir tut es sehr leid, dass dem jetzt nicht so ist, muss ich sagen, dass wir diese zwei Klassen hier weiter haben und die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber bei der Tür endet und unterschiedliche, je nachdem, ob das Pickerl rot oder schwarz ist, Folgen hat.

 

Es sind hier die Folgen vom Rauchen schon mehrfach besprochen worden. Es ist nicht wegzuleugnen, Österreich hat 24 Prozent RaucherInnen. Dazu kommen weitere 25 Prozent der ÖsterreicherInnen, das ist gut, aber trotz alledem schlecht, die mit dem Rauchen aufgehört haben. Das heißt, 50 Prozent der ÖsterreicherInnen haben mit Tabak einen Kontakt oder Kontakt gehabt. Die Folgen sind einfach katastrophal. Sie sind individuell katastrophal und auch gesellschaftspolitisch. Der volkswirtschaftliche Schaden ist, das IHS hat das berechnet, 750 Millionen EUR jährlich. Wenn jemand gegen die Wand rennt, würden Sie die Person nicht aufhalten, das zu tun, weil sie sich weh tut? Aber beim Rauchen schaut man einfach zu, nimmt das Deckmäntelchen der Freiheit und lässt die Menschen krank werden.

 

Die GRÜNEN haben 2015 dem Gesetz zugestimmt, weil es einfach sinnvoll ist. Wir hätten es in der Wirkung am liebsten gleich gehabt und nicht erst 3 Jahre später, nämlich deswegen, weil 13.000 bis 14.000 Menschen jährlich an Tabak sterben. Viele Menschenleben hätte man schon retten können. Aber nein, es wird nicht gerettet, sondern der Gesundheitsschutz, der ArbeitnehmerInnenschutz, der Kinderschutz wird weiterhin am Altar des schnöden Mammon, am Altar der Tabakindustrie, der man hier zu Knien fällt, geopfert. Das ist wirklich bedauerlich, und sehr viele Menschen, sowohl die, die diese Petition „Don´t smoke“ unterschreiben, aber auch ExpertInnen, GesundheitsexpertInnen sind empört, entsetzt darüber. Auch die Menschen in Ihren Reihen von der ÖVP, die in der Gesundheitspolitik nur ein bisserl einen Verstand haben, sind entsetzt darüber, dass dieses Gesetz nun nicht kommen soll. Es ist wirklich in höchstem Grad unverantwortlich. Unverantwortlich, dass wir hier hinter den internationalen Standard zurückfallen. Unverantwortlich, dass wir in die 60er Jahre zurückfallen. Und ich sage Ihnen eines: Warum ist dieses Gesetz 2015, die Novelle, besser gesagt, warum hat man darüber diskutiert? Weil man gesehen hat, so wie es jetzt ist, funktioniert es nicht. Viele von Ihnen gehen sicher in ein Lokal beziehungsweise der Kollege Ulm hat es gerade selbst erklärt, man geht rein und steht schon einmal im Rauchbereich. Man steht im Rauchbereich, bevor man irgendwo in einen Nichtraucherbereich kommt. Und selbst dort, wo nicht geraucht werden soll, ist das Rauchverbot völlig wurscht, beispielsweise in vielen Landgasthäusern, Sie kennen das alle. Der Wirtschaftsminister Mitterlehner, der damals diese Novelle mitbeschlossen hat, hat selbst gesagt: Wir machen diese Novelle, weil so, wie es jetzt ist, funktioniert es nicht. Es funktioniert schlichtweg nicht. Die 15.000 Anzeigen sind ja nur die Spitze des Eisberges. Die Dunkelziffer, wo diese Schutzbestimmungen ignoriert werden, ist doch viel, viel höher. Ich meine, sind wir uns ehrlich: Das war auch ein Grund, warum 2015 novelliert wurde, weil man gesagt hat, so funktioniert es nicht, es muss eine klarere Regelung geben. Die klarere Regelung lautet: Ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie zum Schutze der Menschen, zum Schutze der RaucherInnen, denn viele RaucherInnen haben ja gar nichts gegen ein Rauchverbot. Es hat sich ja auch erwiesen, dass dort, wo weniger Möglichkeit besteht, die Menschen dann auch in ihrem privaten Bereich weniger zur Zigarette greifen. Es ist einfach eine ganz, ganz, ganz sinnvolle Maßnahme, die Menschenleben rettet, die Gesundheit schützt, die Kindergesundheit schützt, die ArbeitnehmerInnen schützt. Ich kann es beim besten Willen, so wie viele, viele Hunderte, Tausende, Hunderttausende Menschen in diesem Land nicht verstehen, dass hier ein rückschrittlicher, ein gesundheitsschädigender Weg genommen wird.

 

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