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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 23.02.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 69

 

unsichert, sondern auch die Angehörigen. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Alle bestätigen es! Alle!) Du sprichst von Pflegekollaps, von Hilfeschreiben und -schreien und von Tendenzen, dass zu Pflegende in andere Bundesländer auswandern müssen. Dies ist eine rein belegte Polemik und absolut abzulehnen.

 

Es wundert mich, gerade bei den NEOS, dass man sich mit dieser Vehemenz gegen diese Abschaffung einer Variante der Erbschaftssteuer gewehrt hat und sich immer noch wehrt. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Weil man in der Verantwortung ist, das nachhaltig zu sichern, und das habt ihr nicht getan! Es war Wahlkampf!) - Ja, abwarten! Für Wienerinnen und Wiener, die ihr Leben lang für ihre Kinder, für ihre Enkerl eine überschaubare Reserve angespart haben, ist die Abschaffung eine spürbare Erleichterung. Aus diesen und aus vielen weiteren Gründen hat die rot-schwarze Regierung damals den Pflegeregress abgeschafft, nicht aus wahltaktischen Gründen, sondern aus Vernunft und Verantwortung.

 

Ich habe aber auch von Anfang an klargestellt, dass die Abschaffung des Pflegeregresses nur der erste Schritt sein kann, weil das sozusagen ein Pflaster auf eine große Wunde ist. Ja, es stimmt, das ganze Pflegesystem ist zu reformieren, da führt kein Weg vorbei. Die tiefgreifende Strukturreform muss in dieser Legislaturperiode auch gemacht werden. Von Reformen ist immer viel gesprochen worden, nur hat es während der rot-schwarzen Regierungszeit nicht stattgefunden, jetzt haben wir es im Regierungsprogramm. Ich nehme an, die NEOS haben unser Regierungsprogramm sicher studiert, aber ich kann auch da zwei Sätze daraus zitieren: „Pflege und Betreuung ist für alle Menschen in Österreich in bestmöglicher Qualität nachhaltig sicherzustellen. Mit einem klaren Bekenntnis zur Steuerfinanzierung aus einer Hand muss garantiert werden, dass das Geld bei den Menschen ankommt und nicht in den Strukturen versickert. Dabei ist ein Modell bis Ende der Legislaturperiode zu entwickeln.“ - Das steht bitte im Regierungsprogramm.

 

Pflege gehört gemäß der WHO eindeutig zur Gesundheit und alle Gesundheitspolitiker, die sich damit beschäftigen, wissen das. Prävention, Kuration, Rehab, Hospiz und Pflegewesen sind Teil der Gesundheitspolitik und sind solidarisch zu lösen. Und hier liegt der Schlüssel, liebe Frau Kollegin. Jeder Bürger zahlt auf Grund seines Einkommens Krankenversicherung. Der eine braucht mehr, der andere weniger. Der eine nimmt viel in Anspruch, der andere fast gar nichts. Das wird solidarisch gelöst, und das muss genauso für die Pflege gelten. Raus aus dem Sozialhilfesystem! Das ist etwas, das seit Jahren - ich meine, ich beschäftige mich ja schon seit Langem damit - immer wieder von allen bestätigt wurde - auch von den Sozialdemokraten, wir haben viele Gespräche geführt -, immer wieder gesagt worden ist und auch bei den Regierungsabkommen verhandelt worden ist, es ist nur niemals tatsächlich umgesetzt worden.

 

Diese Regierung setzt sich das zum Ziel, und der erste Schritt war eben jetzt die Abschaffung des Pflegeregresses. Daher kann ich nur noch einmal sagen, das ist sehr gut so. Aber Sie wissen auch, dass nicht nur ich das gebetsmühlenartig immer sage, sondern da gibt es ja viele andere auch, ich denke da an unseren Minister Moser, der als Rechnungshofpräsident immer wieder darauf aufmerksam gemacht hat, nämlich nicht darauf, dass die Abschaffung des Regresses das Wichtigste ist, sondern grundsätzlich auf die falschen Strukturen in dem ganzen System. Sie wissen ganz genau, Sie haben sicher alle die Rechnungshofberichte gelesen - wenn ich an Kärnten, an Tirol, wo unglaubliche Dinge aufgezeigt werden, denke -, dass es 390 Finanzierungsströme gibt. Da können Sie sich vorstellen, was da bei den zu Pflegenden ankommt. In Kärnten stehen um die 400 Betten leer, man hat ein Pflegeheim gebaut, das kein Mensch braucht. Was das Kosten verursacht! Hier ist eine Reform anzusetzen, die wirklich Sinn macht und bei der man die Pflege aus dem Sozialhilfeverfahren herausnimmt.

 

Ich könnte da jetzt stundenlang reden, es ist pure Geldverschwendung und kommt nicht bei den Menschen an. Ich verstehe auch den Städtebund, ich verstehe natürlich den Gemeindebund, ich verstehe auch die Länder, die jetzt sagen, das muss abgegolten werden, das ist auch richtig so, aber bei einer richtigen Reform ist so viel Geld über, das von den falschen Strukturen vereinnahmt wird, dass ich mir keine Sorgen mache, dass der Pflegeregress irgendjemand überfordert. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Jetzt komme ich zu dem Teil, wo wir uns ja wieder grundsätzlich verstehen: 80 Prozent der Menschen wollen zu Hause gepflegt werden, daheim statt im Heim. Da muss man den Menschen mit Respekt entgegenkommen, und das muss Auftrag der Politik sein, da sind wir uns 100-prozentig einig. Daher ist natürlich Wien auch sehr stark gefordert. Die Verbesserung und der Ausbau der mobilen Leistungen müssen da im Vordergrund stehen, und die Unterstützung der pflegenden Angehörigen in jeder Hinsicht, natürlich auch in finanzieller Hinsicht, ist entscheidend. Wir können bei den pflegenden Angehörigen oder überhaupt im ambulanten Bereich vieles noch finanziell verbessern und trotzdem ist es bei Weitem billiger als jeder Platz im Pflegeheim - und menschlicher, das wissen wir auch. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die 24-Stunden-Pflege soll ausgebaut werden, die Qualitätskontrollen des Pflegesystems in allen Bereichen müssen stark verbessert werden. Gerechte Bezahlung der Pflegekräfte, da bin ich natürlich auch bei dir, der Pakt wird verhandelt. Es ist wichtig, dass die Pflegekräfte gut bezahlt werden, weil erstens sieht man auch damit, mit der Bezahlung, die Wertschätzung, und das ist ja kein Job, den man einfach ausübt, sondern da muss immer große Leidenschaft auch dabei sein, und das gehört natürlich auch dementsprechend honoriert.

 

Wir brauchen mehr mobile Dienste, mehr teilstationäre Einrichtungen, Tageszentren, betreutes Wohnen, Alters-WGs, und so weiter. Das ist natürlich die Aufgabe der Stadtregierung, aber auch, zukunftsorientiert auf Grund der demographischen Entwicklung den starken Ausbau zu forcieren, sowohl den Ausbau als auch den

 

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