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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 149

 

Genau genommen oder streng genommen - das ist heute das Erste, was auffällt -, ist das ja nicht der letzte Rechnungsabschluss, den die ehemalige StRin Renate Brauner zu verantworten hat, es ist aber mit Sicherheit der letzte, der mit ihr verknüpft werden wird und was von der Ära Brauner bleibt.

 

Was bleibt als Ergebnis ihrer Arbeit? - Begonnen hat ihr Dasein 2007. Bei ihrem ersten Rechnungsabschluss hatte die Stadt Wien noch einen Schuldenstand von knapp 1,4 Milliarden EUR. Heute, da wir Bilanz ihres Schaffens in den letzten 10 Jahren ziehen, halten wir bei einem Schuldenstand von 6,41 Milliarden EUR. - Ich glaube, diese Zahlen sind einmal unumstritten!

 

Es hat also den unglaublichen Zuwachs von 5 Milliarden EUR an neuen Schulden in 10 Jahren gegeben. Daraus ergibt sich der unter den Journalisten schon wohlbekannte Brauner-Faktor, nämlich 500 Millionen EUR Schulden pro Jahr. Das ist in den ersten zwei Jahren, von 2008 bis 2010, nachvollziehbar und verständlich, da die Welt damals wirklich von einer Wirtschafts- beziehungsweise - wie ich es auch bezeichnen möchte - Bankenkrise gebeutelt wurde. Dann wurde die Wirtschaftskrise aber konsequent - und das für mich nicht nachvollziehbar - noch über acht Jahre lang hinweg sozusagen verlängert, wobei immer wieder in jede Budgetanalyse fein, aber doch dieses Wort Wirtschaftskrise eingestreut wurde. Das halte ich für verantwortungslos! Das ist tatsächlich verantwortungslos gegenüber den nächsten Generationen, und das ist meiner Meinung nach tatsächlich eine Misswirtschaft auf Kosten der Wiener und Wienerinnen! (Beifall bei den NEOS.)

 

In diesem Zusammenhang steht auch der Rechnungsabschluss 2017. Wir verzeichnen derzeit ein wirklich gutes Wirtschaftswachstum. Die Arbeitslosenraten sind beständig, und dementsprechend steigen auch das Steueraufkommen und die Einnahmen der Stadt Wien. Dennoch haben wir aber das Ergebnis von 411 Millionen EUR Neuverschuldung. Das ist leider ein perfektes Beispiel für die Ära Brauner, die eigentlich entgegen ihren ständigen Beteuerungen niemals antizyklische Budgetpolitik praktiziert hat. Es wurde nämlich auch in guten Jahren wie etwa im Jahr 2017 das Geld großzügig ausgegeben, anstatt zu sparen und Schulden abzubauen.

 

Dabei hätte StRin Brauner eigentlich nur den Kurs ihres Vorgängers weitersegeln müssen. Dieser hat nämlich fast alles richtig gemacht, das wurde heute schon öfter gesagt. In Hochkonjunkturphasen wie beispielsweise von 2005 bis 2007 wurden Schulden abgebaut, im Jahr 2005 19 Millionen EUR und im Jahr 2007 79 Millionen EUR.

 

Bitte merken Sie sich die 79 Millionen EUR kurz, denn diese Zahlen sind sehr wichtig in meinem nächsten Vergleich: Die zeigen nämlich sehr gut, wie lange die nächsten Generationen diese Schulden werden stemmen müssen: Wir gehen derzeit aus von einem Schnitt von 500 Millionen EUR neue Schulden pro Jahr gegenüber einer maximalen Rückzahlung in guten Konjunkturjahren von 80 Millionen EUR. Das heißt, nach dieser Rechnung müssen für jedes Jahr Brauner mehr als sechs Jahre Budgetüberschüsse produziert werden, um diesen verursachten Schuldenberg abzubauen! Und das ist das Best-Case-Szenario! In Wien werden wir aber leider immer öfter mit einem Worst-Case-Szenario konfrontiert, siehe KH Nord.

 

Ich rede jetzt von Verantwortungslosigkeit in der Vergangenheit, und für mich als Oppositionspolitiker ist Kontrolle natürlich mein Job. Aber ich werde auch nicht müde, weiterhin positive und konstruktive Vorschläge einzubringen: Was Wien jetzt braucht, ist einen verantwortungsbewussten Finanzstadtrat - wie es meiner Meinung Sepp Rieder sehr lange war -, dem auch die Tatsache bewusst ist, dass Schulden irgendwann zurückgezahlt werden müssen.

 

Um diesbezügliche Vorbilder zu finden, müssen wir ja nicht weit in die Ferne schweifen. Ich nenne jetzt nicht München, es ist schon oft angeführt worden, sondern ich gehe in die Schweiz und bringe erneut unseren Antrag zur Einführung einer Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild ein. Dieses Instrument ist keineswegs ein Totalverbot für neue Schulden. Trotz Bremse muss es sogar weiterhin möglich sein, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit Maß und Ziel Fremdmittel für wichtige Investitionen aufzunehmen, aber nur, solange bei positiver Wirtschaftsentwicklung auch tatsächlich Schulden abgebaut werden. - Wir haben gerade eine positive Wirtschaftsentwicklung, und deswegen braucht es jetzt dieses Bekenntnis für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik, die auch in der Wiener Stadtverfassung verankert ist. (Beifall bei den NEOS.)

 

Herr StR Hanke! Sie haben es jetzt eigentlich in der Hand: Wollen Sie nur der Nachfolger einer Renate Brauner sein, oder wollen Sie neue und generationengerechte Akzente setzen? - Ich hoffe auf Letzteres und Ihre Zustimmung!

 

Neben einer Schuldenbremse wünsche ich mir auch mehr Transparenz bei den Finanzen. Es ist heute auch schon oft gesagt worden: Die neue Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung wird ein großer Schritt in die richtige Richtung. Wir sehen hier auch wesentlich mehr Potenzial, auch die dunkelsten Ecken auszuleuchten. Wir kennen die Schulden der Stadt Wien, das ist kein Geheimnis. Ich habe die Zahl schon genannt. Es ist allerdings wesentlich schwieriger, darüber, wie es aber bei zahlreichen Unternehmungen, Stiftungen und Fonds aussieht, einen Überblick zu bekommen. Denn rechnet man Stadt Wien - Wiener Wohnen, KAV, Wien Holding, Stadtwerke und Wirtschaftsagentur zusammen, dann kommt man natürlich nicht auf 6,4 Milliarden EUR, sondern auf eine andere Zahl.

 

Es wundert mich jedes Mal, dass eigentlich von Seiten jeder Fraktion hier im Plenum gesagt wird, dass es so wahnsinnig anstrengend ist, dass ständig andere Zahlen genannt werden. Das wird mit Kaffeesudlesen verglichen, et cetera. - Daher müssen wir genau bei dieser Erfassung ansetzen. Der neue Herr Stadtrat hat auch schon im Ausschuss gesagt, dass ihm Transparenz extrem wichtig ist, und diese Transparenz ist überhaupt keine Utopie!

 

Diese Transparenz gibt es sogar in anderen sozialdemokratisch regierten Städten, eine davon ist auch schon genannt worden, nämlich die Stadt Hamburg. Die

 

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