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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 26.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 101

 

das bekomme ich in Gesprächen mit den unterschiedlichsten Beteiligten mit, und zwar von beiden Seiten, Projektentwickler und betroffene Anrainerinnen und Anrainer. Ich habe das Gefühl, wir haben mittlerweile bei Großprojekten ein Klima, das alles andere als konstruktiv ist. Aus meiner Sicht kann das so nicht weitergehen. Die Stadt kann hier eine wichtige und entscheidende Rolle einnehmen, die nicht nur Ordnung in dem Dickicht schafft, sondern die auch dazu beiträgt, dass wieder Vertrauen zwischen Beteiligten aufgebaut wird. Leider ist es aber oft der Fall, dass genau das Gegenteil passiert und die Stadt Wien vor allem Bezirke bei den Aufgaben, Großprojekte professionell abzuwickeln, alleine lässt.

 

Derzeit erleben wir das beim Projekt Althangrund, einem Projekt, bei dem sich die Stadt aus meiner Sicht kaum eingebracht und unterstützt hat. Streitereien im Bezirk zwischen den Fraktionen Rot und Grün haben nicht gerade positiv dazu beigetragen, sich professionell in den Projektprozess einzubringen. Und so kam es, dass sehr viele Dinge, die aus meiner Sicht eigentlich Aufgabe der Stadt beziehungsweise des Bezirks sein müssen, dann der Projektentwickler übernommen hat. Was mir wirklich gefehlt hat, war eine begleitende Koordination der Stadt, die als Schnittstelle agiert, Betroffene an einen Tisch bringt, Interessen ausgleicht und dazu beiträgt, dass der Prozessablauf koordiniert und professionell abgewickelt wird. Das würden sich viele Menschen in der Stadt wünschen, dass es Klarheit und Orientierung gibt und es im Interesse der Stadt ist, Missverständnisse und Bedenken im Vorfeld auszuräumen und nicht erst im Nachhinein, wenn Fronten verhärtet sind oder Unsicherheit und Skepsis da sind.

 

Aber nicht nur bei Großprojekten à la Althangründe ist so eine koordinierende Stelle ein Thema. Es gibt auch immer wieder Projekte, die problematisch auf Grund der Bezirksgrenzen sind. Ein Beispiel ist auch das Belvedere-Stöckel, über das wir schon einmal diskutiert haben, direkt an der Bezirksgrenze gelegen, offiziell ist nur ein Bezirk zuständig, betroffen sind aber sehr wohl beide Bezirke. Auch hier hätte beispielsweise eine überregionale Koordinierung über diese Grenze hinwegsehen können, dass das Projekt beziehungsweise dessen Auswirkungen nicht an der Bezirksgrenze endet, sondern sehr wohl über den Tellerrand hinaus betrachtet wird. Und auch diesbezüglich möchte ich einen Antrag einbringen bezüglich überregionaler Koordinierung bei der Begleitung von Großprojekten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ein zweites Thema, das ich hinsichtlich des Vertrauensverlustes der Bevölkerung gegenüber der Planung und der Politik ansprechen möchte, ist die Frage, wie man mit Höhen in der Stadt umgeht. In Anbetracht des Wachstums ist die Verdichtung im Bestand zweifelsfrei eine Methode, die man wählen kann. Man muss jedoch aus meiner Sicht sehr sensibel mit diesem Thema umgehen. Und auch hier denke ich, dass die Instrumente, die die Stadt benützt, nicht zu der gewünschten Sicherheit und Orientierung der betroffenen Akteure beitragen. Ich spreche davon, dass viele Konzepte und Masterpläne sehr allgemein, sehr schwammig formuliert sind. Sie lassen viel Interpretationsspielraum. Ich behaupte, dass man in Wien alles umsetzen kann, hat man das richtige Konzept als Grundlage. Das haben wir erst unlängst prominent bei der Causa Heumarkt gesehen. Wir werden auch immer wieder daran erinnert, was nicht passt, wird passend gemacht. So wurde das bestehende Hochhauskonzept adaptiert, um das Projekt möglich zu machen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, schafft keine Sicherheit, ganz im Gegenteil. Zürich schafft es, in acht Seiten zu definieren, wo Hochhäuser beispielsweise eine sinnvolle Ergänzung zur Entwicklung der Stadt beitragen können, legt aber eine Seite später genaue Zonen fest, wo diese nicht realisiert werden dürfen. Klarheit schafft Sicherheit bei allen Beteiligten. Auch diesbezüglich möchte ich einen Antrag einbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Apropos, was nicht passt, wird passend gemacht: Heute ist großes mediales Interesse auch nicht zuletzt auf Grund des am Sonntag erschienenen Artikels in der „Presse“ vom Kollegen Woller zum Weltkulturerbe. Wir freuen uns natürlich sehr, dass die Bemühungen der Bundesregierung dazu beigetragen haben, dass Wien jetzt einmal nicht sein Status aberkannt wird und wir hoffen auch, dass es hier weiterhin positive Entwicklungen geben wird. Aber wir sagen schon eines: Diese Politik des „Was nicht passt, wird-passend gemacht“ mit dem Vorschlag jetzt, die Kernzone wieder ein bisschen zu schrumpfen, weil das anscheinend nicht ins Konzept der Stadt passt, dafür stehen wir nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesbezüglich auch noch ein Antrag, denn man muss sich schon der Verantwortung bewusst sein, die man damals eingegangen ist, den Weltkulturerbe-Status für Wien zu verlangen. Wir merken, dass es eine Wertigkeit auch in der Bevölkerung gibt, und dass es wert ist, dafür zu kämpfen, und dass man sich nicht einfach abschasseln lässt. Diesbezüglich wollen wir die Verankerung des Bekenntnisses zum Schutz der Wiener UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten Historisches Zentrum und Schloss und Park Schönbrunn in der Wiener Stadtverfassung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ein Wort noch zur Konzeptwut der Stadtregierung. Ich stelle mir wirklich die Frage, und ich meine das jetzt, ohne polemisch zu sein, ob die Erstellung nicht nur der eigenen Beschäftigung dient. Ohne die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schmälern zu wollen, ich weiß nicht, ob die Konzepte und Masterpläne, wie sie so zahlreich entwickelt werden und wie sie derzeit sind, sehr viel bringen. Ziel der Konzepte und Masterpläne sollte ja sein, für eine bessere Orientierung bei stadtplanerischen Aktivitäten zu sorgen. Wenn ich diese Konvolute jedoch lese, stellt sich mir schon oft die Frage: Wer ist die konkrete Zielgruppe? Wer soll das aller in die Hand bekommen? Und auch die Ziele, die in den Papieren beschrieben werden, sind oft so schwammig und undefiniert, dass sich die Frage stellt: Wann weiß ich, ob dieses Ziel erreicht ist? Viele Konzepte und Strategien schweben frei in der Gegend herum. Manchmal vergisst man, dass es das Papier überhaupt gibt. Dinge, die man sich vorgenommen hat, kommen in Vergessenheit. Ich finde, formuliert man Konzepte, die zweifelsfrei auch viel Arbeit sind, muss man deren Entwicklung auch im Auge

 

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