«  1  »

 

Gemeinderat, 42. Sitzung vom 27.09.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 92

 

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS)|: Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Wer kann sich noch an den Kasnudel-Michi erinnern? Es war 2015 in der Elefantenrunde vor der Wien-Wahl, als unsere ehemalige Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger den Fall eines Gastronomen beschrieben hat, der sehr gerne einen Stand am Naschmarkt mit seinen Kasnudeln gehabt hätte. - Sie nicken, ja, Sie können sich erinnern. - Sie hat ein Problem in der Stadt angesprochen, dass es nicht zählt, was man kann, sondern wen man kennt. Wenn man halt nicht verbandelt ist und nicht die richtigen Leute kennt, dann kommt man auch zu nichts, in dem Fall zu diesem Stand am Naschmarkt. Dann hat Bgm Michael Häupl gesagt: Schicken Sie den jungen Mann doch zu mir. Entlarvend und schon Sinnbild dafür, wie recht sie hatte und wie es um die Kultur in dieser Stadt diesbezüglich bestellt ist. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vielleicht gab diese Situation ja den Ausschlag dafür, was dann 2015 im Regierungsprogramm drinnenstand: Rot-Grün in Wien weiß, dass Offenheit und Transparenz bessere Entscheidungen ermöglichen. Eine demokratische Stadt ist transparent, eine gute Verwaltung stellt Informationen zur Verfügung. Wien hat hier eine Rolle als Vorreiterin und möchte diese ausbauen. Insofern stellt die Aufhebung des Amtsgeheimnisses als Prinzip einen weiteren Schritt in Richtung digitale Demokratie dar. - Wunderschön!

 

Was ist seitdem passiert? - Nicht viel, wie wir schon gehört haben. (GR Mag. Josef Taucher: Beste digitale Stadt!) Es fehlt einiges, es fehlt einiges in Bezug auf das Amtsgeheimnis, auch auf die Transparenzdatenbank, auch auf ein Informationsfreiheitsgesetz.

 

Aber nicht einmal, was die offensichtliche Freunderlwirtschaft betrifft, hält man sich in dieser Stadt zurück. Zum Beispiel beim altbekannten SPÖ-Haus- und Hofarchitekten Wimmer. Er ist beim Krankenhaus Nord gerade mit Schadenersatzzahlungen in der Höhe von mehreren Millionen Euro konfrontiert, aber ein paar Wochen später schon Vorsitzender der Jury, die die Pläne und Entwürfe für die Neugestaltung des Cobenzl bewertet. Es geht sogar so weit, dass er eine private Vernissage eröffnet, und unser Landtagspräsident und die ehemalige für das Krankenhaus Nord zuständige Stadträtin Frauenberger seine private Vernissage eröffnen. (GRin Mag. (FH) Tanja Wehsely: Geh bitte! - GR Mag. Josef Taucher: Darf man sich nicht kennen?) - Ja, das scheint ganz normal zu sein, und keinerlei Gedanken machen Sie sich auch anscheinend, wenn eine ehemalige Gesundheitsstadträtin bei ihrem vormaligen größten Auftraggeber Siemens anheuert, Renate Brauner einen Job in der Daseinsvorsorge bekommt, der Kulturstadtrat, Mailath-Pokorny Rektor einer privaten Musik- und Kunst-Uni der Stadt Wien wird, oder Sandra Frauenberger jetzt wiederum die Rolle eine Geschäftsführerin im Dachverband der Wiener Sozialeinrichtungen einnimmt. Es tut mir leid, ich glaube, bei der Aufzählung dieser ganzen Fälle spüren Sie sich selbst nicht mehr. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das gibt doch wirklich kein gutes Bild! Oder widerspricht mir da jemand? Es würde mich nicht wundern, wenn Bgm Ludwig bei nächster Gelegenheit - der führt die Gepflogenheiten dieses Hauses weiter - dann sagt: Schicken Sie den jungen Mann doch zu mir.

 

Aber auch, was die Transparenz betrifft, haben wir riesige Baustellen. Wir haben es gestern im Sondergemeinderat gehört, die Immobilien-Deals dieser Stadt sind eine Katastrophe. Das ist schon auch ein Problem für die Demokratie in dieser Stadt, denn es sind nicht nur Bürgerinnen und Bürger, die keine Auskünfte bekommen, es wird ja auch mit der Opposition so umgegangen. Fördergelder, die nicht transparent vergeben werden, nicht transparent für uns, in den Ausschüssen kommt es immer noch vor, dass wir nicht ausreichend oder alle Unterlagen bekommen, uns die Dokumentationen vorenthalten werden, zu Ausschreibungen, zu Vergaben.

 

Aber Sie lassen die Opposition auch mit ihren Fragen und eigentlich dem Herzstück des Parlamentarismus, dem Interpellationsrecht anrennen. Da werden Fragen nicht gerne beantwortet, nicht auf konkrete Fragestellungen eingegangen, sondern Antworten einfach hingewischt. Teilweise wird eine Zweimonatsfrist nicht eingehalten. Das reicht in Einzelfällen sogar dahin, dass es bedauerlicherweise auch zu einer Verhöhnung der Fragesteller kommt, indem zum Beispiel Ulli Sima antwortet, wenn man zu der angemessene Höhe der Wassergebühren nachfragt, dass ja eine Flasche Mineralwasser Römerquelle viel teurer ist, dass das schon okay ist. Das ist eine einzige Verhöhnung! (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Sie sind für die Privatisierung des Wassers eingetreten!) Oder wenn man zum Beispiel nach den Einnahmen aus den Kartenverkäufen der Wiener Festwochen fragt, beantwortet man das mit: Der gesellschaftliche Wert von Kunst lässt sich nicht in Verkaufszahlen bemessen. So funktioniert Ihre Anfragebeantwortung. Das ist eine Verhöhnung! (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

 

Es ist mittlerweile eine Vielzahl von Fällen und Vorkommnissen, die sehr bedenklich sind, sehr bedenklich für diese Stadt, für die Kultur, die hier gelebt wird, und für die Demokratie in dieser Stadt. (Beifall bei NEOS und FPÖ.) Und da müssen wir dringend handeln ...

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Frau Kollegin, Entschuldigung, wenn ich Sie kurz unterbreche. Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich weiß, das Licht blinkt nicht mehr vorne. Ich weiß nicht, ob wir das vielleicht noch richten können, aber ich darf Sie darauf hinweisen. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Sie sind zu laut!)

 

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (fortsetzend): Es ist dringend Zeit zu handeln. Wir werden ein Transparenz- und Antikorruptionspaket mit fünf Punkten einbringen. Wir müssen das Amtsgeheimnis abschaffen, wir brauchen eine Whistleblowing-Plattform, einen weisungsfreien Vertrauensanwalt, Transparenz- und Korruptionsbericht und eine „Cooling off“-Phase für PolitikerInnen.

 

Und wenn Sie meinem Kollegen einen Ordnungsruf für den Ausdruck „strukturelle Korruption“ geben, dann möchte ich hier schon aufklären: Erstens: wir haben anhängige Strafverfahren …

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Frau Kollegin, ich darf Sie noch einmal darauf

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular