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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 26.11.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 104

 

Bedingungen tun. Recht herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Meinhard-Schiebel. Ich erteile es ihr, selbstgewählte Redezeit ist 10 Minuten.

 

16.39.07

GRin Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr GR Wagner! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Mit großer Spannung erwarten wir das Pflegekonzept, das Bundeskanzler Kurz verkündet hat. Wird es ein Konzept, in dem uns wieder einmal mit salbungsvollen Worten um die Ohren geweht wird und die Länder sich gefälligst mit den vorhandenen Mitteln herumschlagen sollen? Kommt endlich eine durchdachte Regelung des Pflegeregresses, der die entstandenen Lücken auffüllt, damit wir nicht wieder den Betroffenen in die Taschen greifen müssen? Zusätzlich gibt es ein neues Phänomen, und das sind die plötzlich viel gelobten pflegenden Angehörigen. Es sind nur 994.000 Menschen. Sie werden als Lückenbüßer benützt, weil die Bundesregierung verkündet, dass die Pflege daheim sowieso die beste aller Mittel und Möglichkeiten ist. Deshalb sind sie plötzlich interessant geworden.

 

Nein, wenn sich die Bundesregierung damit 3 Milliarden EUR pro Jahr erspart, ganz einfach Frauen zurück an den Herd und ans Pflegebett. Das alles ist Anlass genug, für das Gesundheitsbudget der Stadt Wien auf die Barrikaden zu steigen.

 

Jetzt ein paar Schwerpunkte, wozu das Gesundheitsbudget ganz besonders wichtig ist für diese Stadt, die sich ja rühmt, reich und schön zu sein. Zum Beispiel das FSW-Budget zum Thema „Pflege und Betreuung“. Im Strategiekonzept „Pflege und Betreuung 2030“ werden wichtige konkrete Maßnahmen angeführt. Wien wird älter und bis 2030 wird sich das demographische Bild stark verändern. Damit Betreuung und Pflege den Bedürfnissen entspricht, hat der FSW bereits zahlreiche Maßnahmen gesetzt. Hier nur vier davon: Ausbau mobiler Palliativteams, die Ausweitung der Öffnungszeiten der Tageszentren inklusive der Wochenenden, alternative Wohnformen für BewohnerInnen mit kulturellem und/oder religiösem Schwerpunkt, weil auch ältere Menschen in unserer Stadt mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund das Recht darauf haben, geeignete Wohnformen zu erhalten, die Umsetzung der Wiener Demenzstrategie mit zahlreichen Maßnahmen, damit auch Menschen mit dieser Erkrankung gut betreut und versorgt werden können. Jede bestehende und jede neue Maßnahme hat Auswirkungen auf das Budget. Was aber wäre eine Stadt ohne gesicherte soziale Maßnahmen, um Pflege und Betreuung zu garantieren? Oder wollen Sie zusehen, wie sich ein schwarzer oder ein grauer Markt ausdehnt, der mit Billigstangeboten hineinagiert, weil wir beim FSW, beim PSD, beim KWP, et cetera, sparen?

 

Oder der Psychosoziale Dienst, mit zwei wichtigen Pilotprojekten zur Kinder- und Jugendpsychiatrie und zur Erwachsenenpsychiatrie in Pilotregionen installiert gemeinsam mit den MitarbeiterInnen des KAV. Psychische Erkrankungen marginalisieren Menschen massiv, zugleich sind aber psychische Erkrankungen im Vormarsch. Auch hier gilt: Weg aus der stationären Unterbringung, tagesklinische und ambulante Betreuung und innovative Versorgungsstrukturen. Und auch Menschen mit Migrationshintergrund brauchen oft schon auf Grund ihrer Traumatisierung und schwierigen Lebensbedingungen psychiatrische Hilfe und Betreuung. Dass auch der Bereich Drogensucht ganz dringend Finanzierung braucht, um Menschen bei Suchterkrankungen zu unterstützen, versteht sich von selbst. Ich verteidige die Suchthilfe persönlich gegen jede Unterstellung von Unregelmäßigkeiten, die die FPÖ gerade betreibt. Ohne die Leistungen des Psychosozialen Dienstes würde Wien arm dastehen.

 

Einer Ihrer Kritikpunkte ist ja auch immer wieder das Spitalskonzept 2030. Ein neues Spitalskonzept zu entwickeln und es umzusetzen, das legt man nicht ein Mal fest, und das war es dann. Die Gesundheitslandschaft, das Krankenhauswesen haben sich in den letzten zwei, drei Jahren so rasant verändert und sind in einem hochsensiblen Umwandlungsprozess. Dazu gehört auch, dass Gesundheitsförderung einen ganz wichtigen Bestandteil bildet. Ein ganz einfaches Beispiel: Wäre es gelungen, das Nichtrauchergesetz in der Gastronomie tatsächlich ohne diesen Umfaller durchzusetzen, hätten wir ein paar Tausend Menschen weniger in dieser Stadt, die an einer raucherbedingten Erkrankung leiden müssen. Das war nur ein ganz kurzer Schwenk, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Nichtrauchfreiheit und die damit verbundenen Erkrankungen auch im Spitalskonzept ihren Niederschlag finden. Die Umsetzung des Spitalskonzepts ist tatsächlich eine Sisyphusarbeit und dazu braucht es eine stabile Finanzierung. Hätten wir die, hätten wir bereits die dringend notwendigen Notfallambulanzen, Notarztstandorte und unsere grüne Forderung, die Ausweitung des Entlassungsmanagements bis hin zur distrikten Nurse wäre bereits realisiert. Es braucht gewaltige Anstrengungen, dass das Gesundheitswesen, so wie wir es rot-grün verstehen, solidarisch bleibt. Wenn viele ältere Menschen in Pension gehen, dann braucht es umso rascher und umso dringender Primärversorgungszentren, die interdisziplinäre Kassenleistungen anbieten und Anlaufstellen außerhalb des Krankenhauses sind.

 

Jetzt noch zum Kuratorium Wiener Pensionistenhäuser. Wir sind auch für ältere Menschen in dieser Stadt zuständig. Es geht um Modernisierung der Seniorenhäuser und Pflegeheime und moderne neue Seniorenklubs. Sie alle müssen finanziert sein. Im KWP gibt es etliche Vorzeigemodelle, zum Beispiel das gemeinsame Wohnen von Jung und Alt, das wir als GRÜNE in das KWP gebracht haben: Die Betreuung von demenzkranken Menschen oder im Seniorenklub die Speed Datings oder das Umweltbewusstsein, das sich im KWP immer tiefer verankert hat und auch gelebt wird. Ohne Ersatzleistung für den Pflegeregress, bei dem der Bund einfach darübergefahren ist, fehlen die Mittel, die das KWP und andere wichtige Projekte für die Realisierung brauchen. Das KWP leistet hervorragende Arbeit. Für hervorragende Arbeit braucht es Finanzierung. Punkt.

 

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