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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 27.02.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 100

 

das noch kein Thema. Damals fanden die ersten Schritte allein in die Selbstständigkeit ganz klar auf dem Schulweg statt. Heute jedoch sagt man: Das ist halt nicht so, die Stadt bietet das nicht. Ich meine aber, gerade die Stadt muss das bieten, wo so viele Menschen und unterschiedliche Verkehrsteilnehmer unterwegs sind! Genau hier muss man eben auf alle schauen und Platz für alle machen. Platz muss fair verteilt werden, damit sich alle sicher fortbewegen können. Auf dem Land ist das anders. Dort führt die gefährliche Bundesstraße meist mitten durch den Ort. Aber wir müssen gerade in der Stadt darauf schauen, dass wir ein faires und sicheres Miteinander haben! (Beifall bei den NEOS.)

 

Wir werden nicht umhinkommen, auch darüber zu reden, dass man Schuleinfahrten temporär absperrt, dass man 30er-Zonen schafft, auch wenn der PKW-Fahrer dann vielleicht zwei, drei oder fünf Sekunden auf seiner Strecke verliert. Wir werden nicht umhinkommen, entsprechende bauliche Maßnahmen zu setzen. Und ich sage Ihnen allen: Als verantwortungsvolle Politiker in Wien werden wir das machen müssen! Es gibt hier sicherlich viele Bezirkspolitiker, die guten Willens sind. Das möchte ich ihnen gar nicht absprechen. Aber wenn man Platz fair verteilt und sichere Verhältnisse für Fußgänger schafft, dann gibt es eben Einschränkungen im Kfz-Verkehr. Und wenn das geschieht, kommen halt immer wieder die FPÖ und die ÖVP daher und lehnen jede diesbezügliche Maßnahme kategorisch ab, und genau deswegen halte ich Ihre Diskussion hier wirklich für eine Farce! (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.)

 

Und wenn nicht die ÖVP oder die FPÖ daherkommt, dann kommt halt irgendeine Dienststelle wie die Wiener Linien, die eine 30er-Beschränkung nicht zulassen wollen und sagen: Der Bus kann ja eh nicht so schnell fahren. - Darum geht es aber gar nicht!

 

Es kommt also immer jemand daher, und das ist der Grund, warum wir nicht handelt können, und das finde ich unzumutbar!

 

Die Schulwegpläne waren schon Thema. Es gibt Kreuzungen, von denen gesagt wird: Bitte diesen Zebrastreifen nicht benützen, der ist zu gefährlich für Kinder. - Ich war vorgestern im 3. Bezirk und habe mir eine solche Kreuzung angeschaut. Das ist irre! Ich bin gerade hingekommen, und da wurde vor meinen Augen fast wieder ein Kind niedergeführt! Das gibt es tatsächlich! Aber da wird nicht entsprechend gehandelt.

 

Natürlich bietet ein Zebrastreifen keine absolute Sicherheit, keine Frage! Aber irgendwann einmal, zu Beginn dieser Motorisierung, haben wir damit angefangen, diese Zebrastreifen aufzumalen, und wir haben den Kindern vor allem in den 80er Jahren eingebläut: Dort kannst du die Straße überqueren, da bist du sicher! Man kann nicht mehr überall die Straße überqueren, wie das früher einmal möglich war, geht also genau da! - Das haben die Kinder und natürlich auch deren Eltern im Kopf, und deswegen müssen wir, wenn die Sicherheit auf Zebrastreifen so stark in den Köpfen vor allem bei Kindern verankert ist, diese auch wieder wirklich zu Schutzwegen machen.

 

Ich sehe schon ein: Ein Zebrastreifen ist nicht das Allheilmittel. In der Vision einer menschenfreundlichen Stadt gibt es gar keine Zebrastreifen, sondern da gibt es ein friedvolles Miteinander. Aber bei einer solchen Vision gibt es andere Geschwindigkeiten. Dann kann so etwas funktionieren. Aber so lange wir nicht dort sind, geht das einfach nicht.

 

Im Vorjahr sind 70 Kinder durch Unfälle in Wien verletzt worden und einige sind sogar getötet worden. Ich weiß, dass es Mittel für Verkehrssicherheitsmaßnahmen für die Bezirke gibt, aber das ist anscheinend zu wenig, und deswegen fordere ich ganz dringend ein Schulwegsicherheitspaket, das proaktiv von der Stadt angegangen wird, in dessen Rahmen man proaktiv auf die Bezirke zugeht, sie unterstützt und auch die gefährlichsten Quellen nennt. Es geht also um ein Schulwegsicherheitspaket, das seinen Namen auch verdient. - Danke. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Schwarz, und ich erteile es ihr.

 

10.59.39

GRin Sabine Schwarz (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte die Diskussion gerne ein wenig in die Richtung lenken, wo wir nicht polemisch werden und uns nicht billigem Politikmarketing hingeben. Wir werden ja heute im Petitionsausschuss noch einmal über Schulwegsicherungen sprechen, und dort werden wir auch unsere Inhalte präsentieren und besprechen.

 

Es ist egal, um welches Kind es sich handelt, egal, welche Familie es betrifft, egal, an welcher Kreuzung es geschieht, es ist immer eine Katastrophe, wenn das Kind einer Familie stirbt. Es ist immer ein ganz furchtbarer Unfall. Und warum hat uns alle, so wie Herr Kollege Wiederkehr heute gesagt hat, der Tod von Henry so sehr aufgerüttelt? - Einige von uns kennen die Eltern, einige von uns haben Henry gekannt, einige von uns kennen die Kreuzung, an der Henry gestorben ist, einige von uns kennen die Schule und Schulkollegen von Henry, und einige von uns haben Kinder im gleichen Alter. Dieses Schicksal ist so erschütternd für viele von uns, dass ich wirklich darum bitte, eine sachliche und ruhige Diskussion zu führen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Petra Stuiber hat das im „Standard“ ganz treffend beschrieben. Sie hat geschrieben über den Schock, die Fassungslosigkeit, „über den unbegreifbaren Wahnsinn, dass ein neunjähriger strahlender, zukunftsfroher Bub stirbt, und das alles legt sich leise um das Grätzel und dann über den ganzen Bezirk.“ - Und das Wort ist „leise“, das Wort ist nicht „polemisch“. Und ich muss Ihnen sagen, als ich ein Facebook-Posting von Herrn Wiederkehr gesehen habe, in dem er an der Kreuzung eine Kerze anzündet und gleichzeitig einen Link zur Bewerbung der Pressekonferenz und der Inhalte schaltet, da ist mir schlecht geworden. Das macht man nicht! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Das ist eine Grenzüberschreitung, und das lehne ich zutiefst ab.

 

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