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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 27.02.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 100

 

das Murmeltier“-Diskussion, weil ja die Argumentationsketten fast immer sehr ähnlich sind. Die Stadtregierung sagt natürlich, die Werbeausgaben sind gerecht und man braucht das, um die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt über Innovationen, über Angebote, die die Stadt den Wienern und Wienerinnen bringt, zu informieren. Die Opposition argumentiert meiner Meinung nach völlig zu Recht, dass Wien hier, und das ist das einfachste der Argumente, mit dem ich einmal anfange, bei den Pro-Kopf-Ausgaben weiterhin ein Vielfaches über den anderen Bundesländern liegt und hier wesentlich mehr Geld für Eigenwerbung ausgibt. Alle anderen Bundesländer ergreifen hier bereits Initiativen, diese Kosten zu senken. In Wien gibt es ja nach wie vor lediglich Lippenbekenntnisse. Man hat es noch nicht geschafft, die angekündigten 30 Prozent zu erreichen. In manchen Quartalen ja, aber über das große Ganze glaube ich nicht, dass wir hinkommen werden. Und das werden wir ja auch sehen. Wir diskutieren ja heute wieder eine Erhöhung, und Erhöhungen gehen für mich in der Tendenz nicht in die richtige Richtung. Wenn ich mir anschaue, wie hier diskutiert wird, dann möchte ich das Ganze ein bissel breiter diskutieren, indem ich hier in Wirklichkeit fünf Fakten diskutieren möchte und zwar auch intensiv.

 

Ich finde es sehr schade, aber das Ressort beziehungsweise der PID wird ja immer zwischen den Stadträten hin und her gereicht. Heute sieht man, es fühlt sich offensichtlich auch keiner dafür zuständig.

 

Fakt Nummer 1: Die MA 53, der Presse- und Informationsdienst der Stadt, bekommt wieder eine Budgeterhöhung um 6,1 Millionen EUR. Das bedeutet eine Steigerung von unglaublichen 40,15 Millionen auf 46,16 Millionen. Spannend hierbei finde ich vor allem den Zyklus der Ausgaben, denn ausgerechnet immer ein Jahr, bevor eine Wahl in Wien vor der Tür steht, werden die Budgets nach oben geschraubt. Genau ein Jahr vorher. Und jetzt freue ich mich schon, bei der letzten Wahl 2014 waren es 10 Millionen EUR, jetzt sind es nur mehr 6,1 Millionen EUR. Aber ich meine, die Schlussfolgerung ist ja, glaube ich, kein „Rocket Science“ hier. Ich glaube, ich bringe hier jetzt einmal eine ganz waghalsige These aufs Tapet und sage: Die Stadtregierung bessert hier vielleicht doch ein wenig ihr Wahlkampfbudget mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf. Falls jemand übrigens nicht dieser Meinung ist (Zwischenruf von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.), bitte ich wirklich um die Erklärung, warum ausgerechnet immer vor Wahlen mehr Kommunikationsbedarf in der Stadt herrscht. Herr Stürzenbecher, Sie melden sich da zu Wort. Ich freue mich sehr, wenn Sie mir erklären können oder uns von Seiten der Opposition erklären können, warum genau immer in dem Zeitraum die Wiener und Wienerinnen viel intensiver nämlich, in dem Fall mit über 6 Millionen EUR mehr intensiv, informiert werden müssen. (Beifall bei den NEOS.)

 

In dem Zusammenhang finde ich auch die Vorschläge des Bürgermeisters zur Medienreform so ein bissel durchschaubar. Denn die hohen Ausgaben, unglaubliche 45 Millionen EUR pro Jahr, werte Kolleginnen und Kollegen, sind in Zeiten knapper Kassen und einer hohen Abgabenlast eigentlich ein Hohn gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Und ich glaube, uns allen würden wesentlich mehr Dinge einfallen, die man mit dem Geld machen kann. (Beifall bei den NEOS.)

 

Fakt Nummer 2: Die Regierung hat vor der derzeitigen Legislaturperiode angekündigt, die Werbekosten der Stadt um 30 Prozent zu reduzieren. Die habe ich noch nicht gesehen. Ich weiß, der Kollege von den GRÜNEN - wir haben heute übrigens schon tolle Worte zu dem Thema vom Kollegen Chorherr gehört. Ich würde mich freuen, wenn diese Offenheit auch in dem Haus nicht immer nur vor Abgängen bestehen würde, sondern auch laufend. Aber ich bin neugierig, wie Sie das ausrechnen können. Ich habe es tatsächlich nicht geschafft, jetzt schon zu sehen, dass die geplanten Einsparungen über die Legislaturperiode tatsächlich eingehalten werden können. Aber ich muss schon sagen, es ist natürlich auch ein demokratiepolitisches Thema. Darauf möchte ich später noch eingehen.

 

Fakt Nummer 3: Diese überdimensional hohen Ausgaben und vor allem diese sehr einseitige Verwendung der Werbeausgaben, und wir wissen, dass hier das Geld eben immer in sehr gewählte Kanäle fließt, die sehe ich eben sozial-, medien- und demokratiepolitisch als diskussionswürdig. Da kann ich, wie gesagt, dem Christoph Chorherr von heute tatsächlich nur zustimmen, denn meiner Meinung nach darf Öffentlichkeitsarbeit durch staatliche Stellen eben keine verdeckte Presseförderung sein, sondern sollte ausschließlich und unbedingt nur zur notwendigen Information der Öffentlichkeit dienen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Fakt Nummer 4, das ich da sehr gerne diskutieren würde, da ist aber eher der Bund gefordert: Das Medientransparenzgesetz hat noch immer meiner Meinung nach sehr große Lücken, um hier die genauen Werbekosten herauszufinden. Wir wissen, und aus zahlreichen Medienberichten können wir das auch entnehmen, dass die Stadt Wien hier sehr, sehr geschickt mit Grauzonen umgeht. Wir wissen ja, dass Schaltungen unter 5.000 EUR pro Quartal an solche Medien, die mindestens 4 Mal pro Jahr erscheinen, Entschuldigung, über 5.000 EUR und öfter als 4 Mal, zu melden sind. Das heißt, alles was darunter ist, nicht. Und jetzt hat der Rechnungshof hier einmal geschätzt und hat gesehen, dass die Dunkelziffer hier bei 30 bis 50 Prozent der bekannten Summe ist. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, 30 bis 40 Prozent, wir reden hier von Dimensionen von 100 Millionen EUR pro Jahr! Jetzt haben wir heute in der Verkehrsdiskussion schon darüber gesprochen, was man da im Schulwegbereich mit so viel Geld machen könnte. Hier reden wir aber nur von dem, was nicht einmal veröffentlicht ist! Das sind Summen an Ausgaben, die hier definitiv nicht mehr in Relation stehen und definitiv nicht mehr mit Information den Wienerinnen und Wienern gegenüber argumentiert werden kann. Es muss diese Gesetzeslücke endlich geschlossen werden, und alle Ausgaben im Sinne der Transparenz müssen gemeldet werden! Da zähle ich übrigens auch die ausgelagerten Unternehmungen dazu. (Beifall bei den NEOS.)

 

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