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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 25.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 36

 

onsaufwand der deutschen Krankenversicherungen mit dem Ergebnis umgesetzt, dass nur 77 Prozent des Gesundheitsbudgets, das die Kassen verwalten, tatsächlich in medizinische Leistungen umgesetzt werden. Das heißt, 23 Prozent sind Verwaltungsarbeit. Jetzt wird man sich natürlich etwas wundern, warum 23 Prozent, weil die Privatversicherungen haben etwa 10 Prozent, die staatlichen öffentlichen Versicherungen geben 3 Prozent an, in Wirklichkeit sind es 7 Prozent. Warum kommt man auf 23? Der Grund ist, gesetzlich ist ein sehr großer Teil der Verwaltung ausgelagert an die Dienstleister, an die Berufe. Das sind Ärzte, Ordinationen, Institute, Krankenanstalten. Wenn man jetzt diesen Aufwand, der sich natürlich auf die Wochenstundenanwesenheit des medizinischen Personals am Patienten erstreckt, zusammenrechnet, das mit dem Verwaltungsaufwand der Krankenkassen selber, kommt man auf diese ominösen 23 Prozent. Das heißt - ich wiederhole es, es ist ein bisschen kompliziert -, wir haben zwei Arten von Dokumentationsaufwand bei der Behandlung von versicherten Patientinnen und Patienten, den in der Versicherung selber, der unter, sagen wir, 10 Prozent liegt, und den per Gesetz und Verordnung ausgelagerten an die Leistungsträger, das sind Ordinationen, Spitäler, Institute, der zusammen laut A. T. Kearney 23 Prozent ergibt. Jetzt kommen wir zu dieser Gesundheitsmilliarde, über die Sie sich immer schon gewundert haben. Nach einer genauen Evaluierung empfiehlt diese Studie, dass man 8 Prozent vom gesamten Gesundheitsbudget auf lange Zeit einsparen kann. Das heißt natürlich nicht, dass es budgetmäßig jetzt am Tisch ist, sondern dass man auf lange Zeit Ressourcen umlenken kann, zum Beispiel in die Pflege. Aber diese Einsparungsmöglichkeit ergibt sich aus der erzwungenen notwendigen Reduktion der Dokumentation.

 

Jetzt komme ich zur nächsten wichtigen Studie. 2010 - ich springe jetzt ein Jahr zurück - hat das Deutsche Krankenhausinstitut eine Studie über Ärztemangel erstellt. Da wurde ein sehr wichtiger Satz vorgebracht, den ich nicht müde werde zu wiederholen, und zwar Mehrfachdokumentation ohne medizinischen Mehrwert. Das ist ein Punkt, den es natürlich nicht nur in Wien gibt, den es natürlich nicht nur beim KAV gibt, den es nicht nur in Österreich gibt. Das ist leider ein Stigma der OECD-Länder, die, was den Dokumentationsmehraufwand betrifft, im Großen und Ganzen vor ähnlichen Problemen wie wir stehen. Dazu muss ich noch hinzufügen, dass Österreich, Deutschland die Pensionierungswelle und den Babyboom zehn Jahre später hatten. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich natürlich einiges demographisch verschoben, nur zur Erinnerung. Das bedeutet aber auch, wir hätten 2010 schon schauen können, wie die anderen Länder das machen, wie sie mit dem Ärztemangel umgehen, was meiner Einschätzung nach nicht gemacht wurde.

 

Ich wiederhole einmal kurz, seit 2010 ist bekannt, Ärzte gehen wahrscheinlich früher in Pension. 2012, A. T. Kearney sagt, 23 Prozent des Budgets der Krankenkassen gehen in Verwaltung durch Interne und durch Auslagerung. Das Deutsche Krankenhausinstitut sagt 2010, es gibt eine erhebliche Mehrfachdokumentation ohne medizinischen Mehrwert, was natürlich wieder - ich hoffe, ich verwirre Sie jetzt nicht - die Wochenstundenanwesenheit am Patienten massiv reduziert. In Abhängigkeit vom Sonderfach kann die Wochenstundenanwesenheit am Patienten durchaus, also bei psychiatrisch, neurologischen Fächern mit einer hohen Aufklärungspflicht den Patienten gegenüber, auf die Hälfte reduziert werden.

 

Ich komme jetzt - ich versuche, das chronologisch fortzusetzen - zum Jahr 2013/2014. Ich werde jetzt nicht das Krankenhaus Nord erwähnen, sondern nur eine falsche Personalbedarfsberechnung Ärzte, wo Ausfallszeiten von 15 Prozent angegeben werden, die natürlich nie stimmen. Das muss einem klar sein, dass Ausfallszeiten weit über 15 Prozent liegen, 20 Prozent mindestens, und dass die Personalbedarfsberechnung, die offiziell ausgesandt wurde, ganz einfach falsch ist. Das ist natürlich ein wichtiger Faktor, da das medizinische Personal unter erheblichem Druck steht, auf der einen Seite eine Dokumentationspflicht, und diese hat sich in der Zwischenzeit nicht nur nicht verringert, sondern hat sich 2017 durch die verstärkte Ambulanzdokumentation noch erhöht. Das darf man bitte nicht vergessen. Das heißt, wir haben eine steigende Bevölkerung aus dem Einzugsgebiet - ich komme dann noch später darauf zurück -, eine unveränderte beziehungsweise größere Dokumentationslast.

 

Ich komme jetzt zum Jahr 2015. 2015 - ich meine jetzt nicht den Migrationsstrom - war auch sonst ein sehr unangenehmes Jahr. Im Rahmen der neuen Ärzteausbildungsnovelle wurde die Allgemeinmedizin so massiv geschädigt oder vergessen oder beeinträchtigt, dass sich das Interesse der jungen Kolleginnen und Kollegen an der Ausbildung zur Allgemeinmedizin massiv reduziert hat. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Wo steht das?) - Das steht, sehr geehrte Frau Kollegin, eigentlich überall! Oberösterreich ist da sogar tätig geworden. Kärnten ist tätig geworden bei einem Bedarf. Wir haben, glaube ich, voriges Jahr 17 Personen in Wien, die Allgemeinmediziner werden. Das ist ein großes politisches Problem, hängt natürlich damit zusammen, dass das Gesetz, an dem die Sozialdemokraten auch beteiligt waren - 2015 waren sie im Gesundheitsministerium -, einfach nicht der Realität entspricht. Jetzt kommt 2015 ein noch zu erwartender weiterer Mangel an Allgemeinmedizinern in der Zukunft dazu.

 

Einige Jahre später wird das PHC-Gesetz, das auf erhebliche Feindschaft innerhalb der Ärztekammer gestoßen ist, veröffentlicht. Warum war der Ärger so groß? Weil die Ärzte wollten eigentlich immer Ordinationsgemeinschaften, Gemeinschaftspraxen haben, weil es ist eigentlich lustiger, wenn zwei, drei, vier Ärzte zusammenarbeiten als einer alleine. Das wurde von der Gebietskrankenkasse immer abgelehnt. Jetzt kam auf einmal der Wunsch, eine Gemeinschaftsordination, eine Gruppenpraxis zu haben, mit einem absolut schaurigen, unakzeptablen Vertrag in Form eines PHC. Der Vertrag war so schlecht, so unakzeptabel, auch finanziell so uninteressant, dass sich - welche Überraschung - niemand gefunden hat. Auch die Änderung des Namens

 

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