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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 25.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 36

 

GRin Lisa Frühmesser (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Die Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen und leistungsfähigen Gesundheitssystems ist eine große Herausforderung. Dieser Herausforderung sind Sie oft nicht gewachsen. Es heißt immer, wir kritisieren nur und reden das Gesundheitssystem schlecht oder krank. Wir sehen es sehr wohl als unsere Aufgabe, als unsere Pflicht, die Kritikpunkte klar und offen anzusprechen, Fehlentwicklungen aufzuzeigen und Lösungsvorschläge zu präsentieren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Der Herr Kollege Deutsch hat von einer Politik von vorgestern gesprochen. Eine Politik von vorgestern ist für mich eine jahrelange Unterversorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Lange Wartezeiten und die derzeitige Situation stehen im Widerspruch mit der aktuellen Rechtsprechung. Die Rechte der Kinder und Jugendlichen werden hier massiv verletzt, und das schon seit Jahrzehnten. Sie schauen einfach weg und wackeln nicht einmal mit den Ohren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dass die Kinderheilkunde im Gesundheitssystem kaum Wertschätzung hat, erklärt sich aus dem Spargedanken und vielleicht auch deshalb, weil man eben das Geld beim Krankenhaus Nord ausgegeben und in anderen Bereichen gespart hat. Ich möchte kurz noch einmal auf die aktuelle Rechtsprechung eingehen, weil es mir ein großes Anliegen ist, dass die Kinder und Jugendlichen eben das Recht haben, dass sie getrennt von erwachsenen Menschen mit psychischer Erkrankung auf einer Spezialabteilung für Kinder und Jugendliche behandelt werden. Das kann man nicht oft genug erwähnen. Vor allem auch der Oberste Gerichtshof hat hier klar festgestellt, dass eine Unterbringung in der Erwachsenenpsychiatrie nicht mit Personal- oder Ressourcenmangel begründet oder gerechtfertigt werden kann. Warum? In der Erwachsenenpsychiatrie werden die Kinder und Jugendlichen oft lediglich aufbewahrt. Sie sehen, wie sie quasi einmal enden. Die Hoffnung auf Genesung schwankt dahin. Auch die Angehörigen fühlen sich hier oftmals machtlos und verzweifeln. Es gibt keine altersadäquate Betreuung, kein pädagogisches Angebot und auch kein Zusammensein mit Gleichaltrigen. Auch die Sicherheitsbestimmungen können zum Teil nicht eingehalten werden, weil die Stationen derart personell unterbesetzt sind. Die Schwerpunkte sollten eben hier im außerstationären Bereich liegen, weil ambulante Behandlungen deutlich weniger Freiheitsbeschränkungen für junge Menschen bedeuten, außer es besteht eine suizidale Neigung. Hier ist natürlich zu begrüßen, dass es Plätze im Krankenhaus Nord und im Rosenhügel geben wird und auch eine Station umgewandelt worden ist. Aber es ist uns trotzdem schleierhaft, dass man jahrzehntelang hier wegschaut.

 

Genauso bezüglich der Kinder-Reha-Zentren. In Wien gibt es leider kein einziges Kinder-Reha-Zentrum. Hunderte Kinder würden hier eine stationäre Rehabilitation auf Grund schwerer Erkrankungen oder Behinderung dringend brauchen. Wenn eben die jungen Patienten rechtzeitig und angemessen behandelt werden, kann das nicht nur die Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern auch auf das soziale Umfeld, die schulische Entwicklung und letztlich auch auf das Selbstwertgefühl der jungen Patienten haben. Eine frühzeitige Rehabilitation kann chronisch kranken Kindern und Jugendlichen helfen, mit ihrer Krankheit besser umzugehen, ihre Lebensqualität zu verbessern und vor allem auch Spätfolgen vorzubeugen. Daher sehen wir hier dringenden Handlungsbedarf und finden es traurig, dass die Stadt Wien den Kürzeren gezogen hat, als es damals um den Standort der Kinderrehabilitation in Wien ging. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Warum das Krankenhaus Nord hier nicht unerwähnt bleiben darf, ist, dass eben die Folgen des Skandalbaus nicht erläutert wurden, auch nicht im Endbericht der rot-grünen Stadtregierung. Hier muss man klar darauf hinweisen, dass die Leistungsfähigkeit der städtischen Gesundheitsversorgung unter der Krankenhaus-Nord-Affäre gelitten hat. Das sehen nicht nur wir so, sondern das sieht auch die Europäische Investitionsbank so. Diese zeigt sich nämlich darüber besorgt, dass die erhebliche Kostenüberschreitung und die Verzögerung beim Krankenhaus Nord die notwendigen Investitionen in den Wiener Gemeindespitälern insgesamt langfristig erschweren werden. Dadurch wird eine Verschlechterung der medizinischen Allgemeinversorgung befürchtet. Hier ist es umso bedenklicher, dass Sie im Endbericht nicht einmal ansatzweise auf die notwendigen Schritte hinweisen und auch noch versuchen, die Verschlechterung der Allgemeinmedizin schönzureden.

 

Die Bauskandale in Wien ziehen sich durch die Geschichte wie ein roter Faden. Ich denke an Skylink oder an den AKH-Skandal. Warum man da den AKH-Skandal nicht außer Acht lassen darf: Vom Projektbeschluss bis zur Öffnung sind 39 Jahre vergangen. Das kann man mit dem Krankenhaus Nord insofern vergleichen, dass wir hier eine Verzögerung von 8 Jahren und Mehrkosten von 500 Millionen EUR haben. Da sind noch die Reinvestitionskosten der anderen Spitäler ausgeschlossen. Für uns bestätigt eben die EU-Kommission die Erkenntnisse des Rechnungshofberichtes. Wir stellen hier schon eine klare politische Verantwortung der Entscheidungsträger der Wiener Stadtregierung fest.

 

Auf andere Punkte, wie eben das Berichtswesen oder das Managementversagen, die Kontaminierung, die anfangs öfters geleugnet wurde, werden wir nächste Woche noch detaillierter eingehen.

 

Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass die Untersuchungskommission reformbedürftig ist. Das haben wir heute schon in der letzten Sitzung der U-Kommission gehört. Worum geht es? Wir haben zwei Monate lang gewartet, bis wir einen Vorsitz und einen Stellvertreter gefunden haben. Es wäre wünschenswert, dass eben erst ab der Vorsitzfindung die Frist beginnt.

 

Abschließend möchte ich noch hoffen, dass die Umbenennung von Krankenhaus Nord in Klinik Floridsdorf nicht so teuer war wie das Wien-Logo und hoffe, dass der Herr StR Hacker es nicht so sieht, wie die ehemalige Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, nämlich, dass sie alles wieder gleich machen würde. (Beifall bei der FPÖ.)

 

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