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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 115

 

nen beziehungsweise sie durchsetzen zu können. Die Frauen haben gestreikt, sie gingen ins Gefängnis und, ja, sie haben natürlich auch, um hier Gehör zu bekommen, Gewalt angewendet, was natürlich in keinster Weise zu rechtfertigen ist, aber es war damals ein Mittel der Wahl.

 

Im ersten Parlament saßen 8 Frauen, in den 70er Jahren waren es erst 14 Frauen und jetzt sind es 65 Frauen, wenn ich das richtig habe, 67 Frauen, also noch immer keine 50 Prozent, obwohl 52 Prozent der Bevölkerung mittlerweile Frauen sind. Auch in diesem Haus haben wir leider diese 50 Prozent noch nicht geschafft. Sie können sich in Ihren eigenen Fraktionen umsehen, wo es geschafft wurde, so wie bei den GRÜNEN, in anderen beispielsweise, weil sie hier vor mir sitzt, der FPÖ, ist noch einiges zu tun. (GR Dr. Wolfgang Aigner: Und im Parlament?)

 

In diesen 100 Jahren der politischen Mitbestimmung ist in der politischen Repräsentanz also natürlich erfreulicherweise einiges vorangegangen, aber leider Gottes sind wir da noch gar nicht am Ende der Fahnenstange, was eigentlich bedauerlich ist.

 

Die Pionierinnen der ersten Stunde, der ersten Frauenbewegung kämpften für die Gleichstellung von Frauen im Beruf. Sie kämpften für die Gleichstellung von Frauen in der Ehe. Sie kämpften für den legalen und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch, damals auch noch für die Einführung von Karenz oder auch schon eben für Quotenregelungen. Viele dieser Forderungen dürften Ihnen bekannt vorkommen, denn sie sind heute noch immer auf der Agenda der Frauenpolitikerinnen, der Menschen, die für die Gleichstellung von Frauen und Männer in diesem Lande kämpfen.

 

Natürlich hat sich aber vieles zum Positiven gewendet. Historische Meilensteine waren sicher - ich fange jetzt einfach beliebig an -, als Österreich unterzeichnet hat, dass es für gleiche Arbeit gleichen Lohn geben soll. Das war schon in den 50er Jahren. Ganz besonders wichtig war, als 1975 die Straffreiheit für den Schwangerschaftsabbruch erwirkt wurde, die Familienrechtsreform. Es hat sehr lange gedauert, nämlich bis 1989, bis auch die Vergewaltigung in der Ehe endlich ein Strafdelikt wurde.

 

Jüngst war eine Verbesserung beispielsweise die Abschaffung der Anrechnung des PartnerInneneinkommens bei der Notstandshilfe. Das ist für die Frauen etwas ganz, ganz Wichtiges gewesen, weil sie somit aus der Versicherungsleistung zumindest den Betrag kriegen, der ihnen zusteht, und sie nicht auf ein Partnereinkommen angewiesen sind.

 

Fakt ist aber auch, dass die Liste der unerreichten und bislang offenen Forderungen noch recht lang ist. Daran erinnert uns das Frauenvolksbegehren 2.0, das vorige Woche im Parlament zum letzten Mal diskutiert wurde. Wenn man bedenkt, dass fast 500.000 Menschen dieses Volksbegehren unterschrieben haben und sich den Output dieser Sitzung voriger Woche anschaut, dann ist das ein trauriges Zeichen. Das ist eine vertane Chance für die Generationen der Frauen und Mädchen und auch Burschen heute und auch in der Zukunft. Von den eingebrachten Anträgen, viele davon natürlich von der SPÖ, von der Opposition, die alle Anliegen aus dem Frauenvolksbegehren unterstützen, wurde kein einziger angenommen. (GR Dr. Wolfgang Aigner: Die GRÜNEN konnten keine Anträge stellen!) Kollegin Feldmann ist jetzt gerade nicht da. (Ruf bei der ÖVP: Schwarz!) Wo ist da die Solidarität? Wo ist da die Solidarität, frage ich Sie? Wo war die Solidarität der Frauenministerin mit all jenen, die dieses Volksbegehren unterzeichnet haben, mit all jenen, die hinter diesen Forderungen stehen? (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Zwischenruf von GR Dr. Wolfgang Aigner.)

 

Heute ist der Tag der Arbeitslosen, den wir GRÜNE und viele andere auch immer begehen, ich möchte daher auch noch auf die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt hinweisen. Sie kennen die Zahl, über 19 Prozent beträgt der Einkommensunterschied, der Gender Pay Gap. Wir haben einen riesigen Gender Pay Gap, wir haben zunehmend einen digitalisierten Gender Gap. Wir stellen auch fest, wenn wir auf die Zahlen schauen, die Statistik zeigt es: Teilzeitarbeit bei Frauen nimmt zu, atypische Arbeit nimmt zu. Das alles wirkt sich natürlich sehr ungünstig auf die Erwerbs- und Arbeitsmarktsituation für Frauen aus. Ganz besonders ungünstig wirkt sich aus, wenn das Ziel für das AMS verändert wird und nicht mehr 50 Prozent der Mittel für Frauen ausgegeben werden. Ganz ungünstig wirkt sich aus, wenn alleine das Frausein im Algorithmus des AMS bei der Zuordnung von Chancen negativ gewertet wird. Ganz ungünstig wirkt sich aus, wenn Frauen keine Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen mehr bezahlt werden, weil die Mittel für das AMS gekürzt wurden.

 

Ich glaube, viele, viele Stimmen haben es auch gesagt, dass die Abschaffung der Sozialhilfe ganz massiv zu Lasten der Frauen geht beziehungsweise die Abschaffung der Mindestsicherung und die Einführung dieser Sozialhilfe ganz zu Lasten von Frauen gehen. Hier wurde ein Mindestmaß festgelegt, das insbesondere Frauen mit mehr Kindern wirklich in extreme Armut treiben wird. Das ist eine große Schande für so ein reiches Land. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich möchte noch ein aktuelles Thema aufgreifen. Nächste Woche kommt ins Parlament eine Petition mit dem Hashtag - jetzt habe ich es schon verdrängt (GR Manfred Hofbauer, MAS: Das ist Ihnen ein besonderes Anliegen!), es ist auch nicht mein Anliegen, Entschuldigen Sie - #verändern. Dahinter stehen AbtreibungsgegnerInnen. Ich habe erwähnt, 1975 wurde für drei Monate die Strafe ausgesetzt. Nach wie vor ist Schwangerschaftsabbruch im Strafrecht geregelt. Aus meiner Sicht ist das falsch, das gehört raus aus dem Strafrecht. (GR Dr. Wolfgang Aigner: Das ist goldrichtig!) Mit dieser Petition werden Forderungen laut nach einer deutlichen Verschlechterung zum Zugang zu Selbstbestimmung, zu reproduktiven Rechten. Es gibt in der Bundesregierung laute Stimmen für diese Verändern-Petition. Das heißt, in der Bundesregierung sind Stimmen, die für eine Verschlechterung des Selbstbestimmungsrechts, für reproduktive Rechte von Frauen sind. (GR Dr. Wolfgang Aigner: Vielleicht ist es eine Verbesserung für die Kinder!)

 

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