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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 115

 

len Frauentages in den Mittelpunkt gestellt sowie auch bei der großen Frauenkonferenz in Innsbruck. Also es ist an uns nicht vorbeigegangen. Es ist uns ja das Wahlrecht, das allgemeine, freie, persönliche und geheime Wahlrecht als solches demokratiepolitisch ein ganz großes Anliegen. Wir müssen dieses natürlich auch schützen und verteidigen.

 

Bei der ersten Wahl in Österreich wurden aber Stimmzettel unterschiedlicher Farben ausgegeben, weil man sich nicht sicher war: Wie werden sich die Frauen denn überhaupt verhalten? Werden sie wählen gehen? Man hat nicht gewusst, welche Frauen oder aus welchen Kreisen man besser mobilisieren wird können. Also wie gesagt, damals noch unterschiedliche Farben. Bei dieser Wahl gab es eine Wahlbeteiligung von 87 Prozent der wahlberechtigten Männer und 84 Prozent der wahlberechtigten Frauen, die ihr aktives Wahlrecht wahrgenommen haben. Das wäre ein großer Ansporn, glaube ich, in heutigen Zeiten, wo teilweise die Wahlbeteiligung wirklich, ich sage, fast beschämend ist, weil man ja so oft so gerne vergisst, wie hart dieses Wahlrecht für alle erkämpft worden ist. Da ist ja wirklich Blut geflossen. Da haben Menschen ihr Leben gelassen. Das war kein Prozess von einem Jahrzehnt, sondern praktisch über gut ein Jahrhundert gespannt, mehr als ein Jahrhundert gespannt. Daher ist es wirklich hoch an der Zeit, dass wir uns dessen auch wieder besinnen und jeder wirklich für sich nicht nur aus parteipolitischem Kalkül, sondern, ich glaube, um als demokratisch gesinnter Mensch diesem Wahlrecht auch wirklich wieder seine ganz besondere Bedeutung zu verschaffen, dafür kämpft, dass sich die Wahlbeteiligung in unserem Land, in unserer Stadt auch wieder anhebt und dass sie von mehr Menschen wahrgenommen wird. Vielleicht sollten wir auch wieder mehr aufklären. Es dürfte offensichtlich im Geschichtsunterricht ein bisschen verloren gehen, mit welch großem Einsatz unsere Vorfahren für dieses Wahlrecht gekämpft haben. Ich habe auch in meiner Familie eine, jetzt nicht an prominenter Stelle, aber Mitbewegte in dieser ersten Zeit des Frauenwahlrechts, die mit der Käthe Kunschak gemeinsam, meine Mutter hat das immer erzählt und wir haben als Kinder natürlich sehr darüber gelacht, gestanden ist und gesagt hat: „Frauen geht wählen! Frauen wählt christlich!“ Also irgendwo hat sich der Faden vielleicht fortgesponnen, dass ich mich heute auch sehr gerne mit ganzer Kraft für unsere Demokratie einsetze, für das Wahlrecht, für Politik, für alle Menschen. Das ist natürlich wichtig, denn es wird den Frauen nicht gut gehen, wenn auf der anderen Seite auch die Männern nicht, wie soll man sagen, gut behandelt werden im Sinne von runter gemacht und schlecht gemacht werden. Ich halte daher so Ausdrücke wie den toxisch weißen Mann für etwas ganz Schlimmes, denn es wird nur in einem Miteinander gehen. Das sind Ausdrücke, die in der politischen Debatte durchaus fallen. Ich glaube, das ist zurechtzurücken, dass wir nur gemeinsam als Frauen und Männer nicht nur für diese Stadt, sondern insgesamt im Leben positiv wirken können und sollen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wie gesagt, das Wahlrecht ist ein hohes Gut. Das Frauenwahlrecht wurde ganz besonders erkämpft und natürlich im Zuge mit diesem Wahlrecht ja viele andere Privilegien, nicht Privilegien, sondern Rechte, Entschuldigung, Rechte für Frauen, die uns heute ja ganz selbstverständlich sind. Rechte sind nie etwas Selbstverständliches. Die meisten mussten erkämpft werden. Daher müssen wir mit ihnen auch sorgsam umgehen. Uns ist ganz wichtig, dass die Rechte und auch die Sicherheit und die freie Wahl von Frauen, ihr Leben zu gestalten, nicht beeinträchtigt werden. Daher dürfen wir natürlich auch nicht wegleugnen, dass wir heute Strömungen ausgesetzt sind, die sehr wohl am Beschneiden dieser Rechte arbeiten. Daher, glaube ich, ist es auch wichtig, dass man gemeinsam aufsteht und ganz deutlich hier Einspruch erhebt, wenn man glaubt, dass man in unserer Gesellschaft Zwangsehen und „Ehrenmorde“ in irgendeiner Weise nur dulden kann im Sinne von, sie nicht nur zu bestrafen, sondern man muss auch hier mit aller Konsequenz gegen die dahinterstehenden, es geht ja nicht nur um die, die es ausüben, sondern mit aller Konsequenz gegen die dahinterstehenden Mechanismen und Strömungen ankämpfen. Und so gesehen, glaube ich, ist es wichtig, dass man diese Rechte, diese Freiheiten von Frauen auch durchaus regelmäßig in den Fokus stellt. Es wird sich nicht allein um Quoten in den diversen Gremien, aber auch in der Wirtschaft drehen, sondern ich glaube, mit ihrer Ausbildung - und das muss man ja auch einmal sagen, die jungen Frauen von heute sind unglaublich tüchtig. Die lassen sich auch nicht mehr in eine Schablone pressen, sondern die gehen schon recht klar ihren Weg. Dort, wo er behindert wird, müssen wir natürlich eingreifen.

 

Aber wie gesagt, Wahlrecht und Wahlfreiheit heißt nicht, wir sagen seitens der Politik: So habt ihr zu leben. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Eh nicht, eh nicht!) Sondern an uns liegt es, die Rahmenbedingungen für jedes Lebensmodell zu schaffen und auch alle Lebensmodelle sozusagen möglich zu machen, solange sich diese natürlich im Rahmen unserer gesellschaftlichen Normen und vor allem natürlich im Rahmen unserer Rechte und Gesetze bewegen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau GRin Dr. Kickert gemeldet. Bitte schön.

 

13.07.02

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Matiasek!

 

Ich möchte tatsächlich berichtigen, ich habe niemals das Wahlrecht an die Steuerleistung geknüpft, sondern ich habe auf einen demokratiepolitisch bedauerlichen Zustand hingewiesen, nämlich dass 40 Prozent der Bevölkerung in Wien, die ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Leben leisten, das heißt zum Beispiel, arbeiten und Steuern zahlen, vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, und dass das ein demokratiepolitisch bedenklicher Umstand ist und man sich überlegen sollte, wie zusätzlich zu Partizipationsmöglichkeiten auch diese Personen zum Wahlrecht, zur Mitbestimmung und zu einer weiteren gesellschaftlichen Teilhabe beitragen können. Niemals

 

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