«  1  »

 

Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 115

 

erhalten. Zugleich wurde, so wie in vielen anderen europäischen Ländern Usus, klar, dass nicht jedes Krankenhaus alle Themen umfassend abdecken kann, und auch nicht soll. Medizinische Entwicklungen sind in den letzten 15 Jahren zu Spezialisierungen geworden. Sie müssen heute, wenn sie dem Standard entsprechen wollen, bündeln, und hohe Fallzahlen einer Einrichtung bringen ein hohes Maß an Know-how.

 

Mit der Planung des Krankenhauses Nord ist also nicht nur ein neues Haus gedacht worden. Die demographische Entwicklung, die zunehmende Bevölkerungsdichte in den Bezirken, im Stadterweiterungsgebiet, und dazu die Schwerpunktsetzung waren Auftrag und die Zielsetzung. Eine Zwei-Millionen-Stadt kann keine Landkrankenhausstruktur aufrechthalten, sondern es braucht Spezialkrankenhäuser mit dem Auftrag, in Form von Partnerspitälern in den Regionen der Stadt gemeinsam die beste Versorgung zu garantieren. Es war also nicht einfach, ach, wir bauen ein neues Krankenhaus jenseits der Donau, es war ein umfassendes Spitalskonzept mit einer völlig neuen Entwicklung des Spitalswesens in Wien, in dem das Krankenhaus Nord als neues, modernstes Krankenhaus eine wichtige Rolle gespielt hat, von Anfang an.

 

Wir kommen zur Baugeschichte und ihren Problemen. Dass die Errichtungsgeschichte des Krankenhauses Nord von Anfang an nicht reibungslos verlaufen ist, das hat die UK festgestellt. Dass Großbauprojekte selten reibungslos verlaufen, ist evident und nicht so verwunderlich. Um ein paar Punkte herauszugreifen: Die Grundstücksauswahl hat zu mehreren Annahmen geführt, wer von den Verantwortlichen dabei eventuell auch eigene Interessen vertreten haben könnte, die unkonventionelle, allerdings laut Rechnungshof doch legale Verknüpfung vom vorhandenen Grundstück mit dem Architekturwettbewerb. Die Frage danach, ob in der Bewertungskommission alles mit rechten Dingen zuging - was nachträglich aber bestätigt wurde. Dass die ZeugInnen der UK unter Wahrheitspflicht ausgesagt haben, damit ist ihren Aussagen auch Glauben zu schenken, wie das auch sonst bei Zeugenaussagen gilt.

 

Nun, was ist mit den Kosten? Die Kosten, die von Anfang an angegeben und der Öffentlichkeit kommuniziert wurden, hätten dann der Kostenwahrheit entsprochen, hätte man dazu die Zinsentwicklung, die Indexierung für einen Maximalzeitraum mit einem entsprechenden Spielraum nach oben hochgerechnet und präsentiert. Sie wären dann bereits bei zirka 1 Milliarde EUR gelegen, und auf Grund der Verzögerung bei Bauproblemen bis 2018 noch darüber. Das Modell, wie es in der Schweiz bei der Kostenaufstellung gemacht wird, zeigt, wie es um Transparenz geht und wie man sie schaffen kann. Das, was an Risiko bei Bauprojekten aber immer vorhanden ist, ist die Entwicklung der Kosten während des Zeitraums, denn sie sind nicht statisch. Dass es politisch sinnvoll ist, diese Kostenwahrheit von Anfang an darzustellen, muss in die „lessons learned“ Eingang finden.

 

Durch den Ausstieg des PPP-Konsortiums, das den Bau als Generalunternehmer mit allen Risiken hätte übernehmen sollen, entstand ein Bruch, der zu einer vorher nicht wahrgenommenen Situation geführt hat. Die politisch Verantwortlichen wurden aufgefordert und gefordert, das Bauvorhaben neu aufzusetzen. Die Übernahme der Bauherrenfunktion, die Personalentscheidungen zu den Spitzenfunktionen, die Übernahme der Teilplanung durch den verantwortlichen Architekten, statt Generalplaner zu sein, hat das Bauprojekt vor Herausforderungen gestellt, die niemand leugnet. Auch das alles schafft zusätzliche Unsicherheitsfaktoren, Schnittstellenprobleme und hatte Auswirkungen auf den gesamten KAV. Er muss im gesamten Spitalskonzept 2030 ein Schnittstellenmanagement schaffen, um die regionale Versorgungsstruktur nicht nur neu zu entwickeln, sondern auch die Investitionen für die bestehenden Krankenhäuser einzubinden.

 

Die mediale und interne Auseinandersetzung um den deutschen Manager Udo Janßen, der unter sogenannten unrichtigen Angaben zu seinem Aufgabengebiet gehuntet wurde, zeigt, dass jemand, der nicht zum Wiener Milieu passt, an anderen Werten gemessen und beurteilt wird. Andererseits standen sowohl er als auch sein Stellvertreter vor der Situation, weder Personal- noch Finanzhoheit zu haben, um rasche und effiziente Entscheidungen treffen zu können. Das macht Managementfunktionen schwierig.

 

Entscheidend war auch immer, was konkret unter politischer Verantwortung verstanden wird. Unter diesen geschichteten Zustandslagen wurden tatsächlich Fortschritte ebenso wie Probleme zu einem Konglomerat, das sowohl im Innen wie im Außen ein komplexes, hochkompliziertes Zustandsbild gezeigt hat.

 

Nun, was hat die UK tatsächlich gebracht? Sie hat zur Nachverfolgbarkeit des gesamten Bauvorhabens geführt. Sie hat stellenweise Probleme bei der Aufbereitung der Unterlagen gezeigt, die wichtig waren, um alle Schritte im Detail nachvollziehbar zu machen. Sie hat Klarheit darüber gebracht, dass die Korruptionsverdächtigungen, die regelmäßig von der ÖVP angeführt wurden, haltlos sind. Sie hat Aufklärung darüber gebracht, dass politische Verantwortung nicht in den operativen Bereich delegierbar sein darf, ohne dass dabei zwingend die Aufsichtspflicht erfüllt wird. Sie hat aber Klarheit darüber gebracht, dass mediale Skandalisierungen - zum Beispiel diese zahlreichen OTS bei und nach jeder UK mit zementierenden Angriffen - nicht nur oft haltlose Vorwürfe beinhaltet haben, sondern in der öffentlichen Wahrnehmung das Projekt beschädigt haben und zu Verunsicherung führen, ohne valide Informationen zu bieten.

 

Was von der Untersuchungskommission übrig bleibt? Die Bevölkerung stand vor der Frage, ob das Krankenhaus jemals fertig wird oder doch nicht, was geschieht, wenn ihr Spital verschwindet und angeblich alle ins KH Nord müssen. Und ob am Ende alles gut ist in der Klinik Floridsdorf, das wollten dann 22.000 BesucherInnen und Besucher am Tag der offenen Türe selbst sehen. Aber auch, dass die Untersuchungskommission verwendet wurde, einander politisch etwas auszurichten, ohne bei den Fakten zu bleiben und lieber politisches Kleingeld einzusammeln.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular