Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 103
Auch ich glaube, dass wir in diesem Land viel mehr tun können. Ich weiß allerdings - und die Zahlen belegen es -, dass Wien immer schon Vorreiterin war. Das haben wir auch letztes Jahr wieder bewiesen, und ich fürchte, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.
Sie haben das Thema Teilzeit angesprochen. - Ja. Auch ich bin dafür, dass Frauen vor allem in höherqualifizierten Bereichen Teilzeitmöglichkeiten haben. Das wahre Problem ist allerdings, dass viele Frauen Teilzeit arbeiten müssen, und zwar in Jobs, von denen Sie eigentlich nicht leben können. Das ist das wahre Problem. Sie arbeiten in atypischen Arbeitsverhältnissen. Das heißt: Das Hauptproblem von Frauen und vor allem auch von Alleinerzieherinnen ist, dass sie in Teilzeitjobs arbeiten müssen, von denen Sie nicht leben können, und das zieht sich dann bis in die Pension fort. Das ist, wie gesagt, das wahre Problem.
Lassen Sie mich aber abschließend noch zu einem meiner Hauptthemen kommen. - Ich kann mich erinnern, dass ich in diesem Zusammenhang selbst nicht zum ersten Mal hier stehe, sondern bin gerade im vergangenen Jahr beziehungsweise Anfang dieses Jahres sehr oft hier gestanden, um zum Thema Gewalt zu sprechen.
Es geht um das Thema Gewalt gegen Frauen und vor allem um das Thema Frauenmorde. - Das Argument mit den Migranten ist immer so billig. Ich sage es Ihnen ehrlich: Mir ist vollkommen egal, wer eine Frau ermordet! Es werden hauptsächlich Frauen ermordet, und jeder Frauenmord ist ein Mord zu viel! Daher müssen wir alles unternehmen, um Frauen vor jenen Tätern zu schützen, egal, woher sie kommen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Wenn Sie mir Beispiele bringen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Schlagen Sie die heutigen Zeitungen auf! Leider hat in Niederösterreich wieder ein Österreicher, der Ehemann, seine österreichische Ehefrau umgebracht. - Mir ist es egal, wer das ist, aber wir müssen alles daran setzen und Geld in die Hand nehmen. Das unterscheidet uns auch von der ehemaligen Bundesregierung.
Jetzt bin ich beim Thema: Ich kann mich noch erinnern. Die Aufregung war groß. Die Bundesregierung, der Innenminister und andere Minister sind vor die Kameras getreten und haben gute oder auch nicht so gute Reden gehalten, was alles zu tun ist. Was ist tatsächlich getan worden? - Nichts ist getan worden! Kein einziger Euro wurde in diesem Land in eine zusätzliche Opferschutzeinrichtung gesteckt, kein einziger Euro im Gegensatz zu Wien! Wien hat nämlich schon letztes Jahr erkannt, dass die Zahlen wieder einmal hinaufgehen und hat rechtzeitig, wie wir das in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer getan haben, geschaut, dass es genügend Frauenhausplätze gibt. Im Hinblick darauf baut Wien ein fünftes Frauenhaus. Diese Bundesregierung hat keinen einzigen Cent für einen zusätzlichen Opferschutzplatz in diesem Land für Frauen ausgegeben! (Zwischenruf von StR Maximilian Krauss.) Da können Sie fünf Mal mit den Schultern zucken! Das hilft aber diesen Frauen nichts!
Ich sage es Ihnen: Im Unterschied zu Ihnen möchte ich Frauenmorde verhindern. (GR Armin Blind: Das ist ein Skandal, Frau Kollegin!) Wenn Sie das so verstanden haben, dann nehme ich das zurück! (GR Armin Blind: Sie haben es so gesagt, Frau Kollegin!) Wenn Sie das so verstanden haben … (Zwischenruf von GR Michael Stumpf, BA.) Hören Sie mir einmal zu, oder können Sie das nicht? (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wenn Sie das so verstanden haben, dann nehme ich es zurück! Wenn ich mich hier fälschlich ausgedrückt habe, dann nehme ich das zurück! Ich sage Ihnen: Im Unterschied zu Ihnen haben wir Geld in die Hand genommen und Maßnahmen gesetzt, denn nur, wenn man wirklich konkrete Maßnahmen setzt - so meine ich das -, kann man Frauen tatsächlich Sicherheit und Schutz geben und vielleicht den einen oder anderen nächsten Mord verhindern. Und das ist der Unterschied. Das werfe ich der Bundesregierung vor, dass sie keine konkreten Taten gesetzt, sondern nur Sonntagsreden gehalten hat! Deuten Sie nicht immer so! Hier geht es um Frauen, hier geht es um Menschenleben!
Wenn Sie schon immer sagen, dass Sie für alle da sind, dann frage ich Sie: Wo sind Sie denn da? (GR Armin Blind: Wir haben dem Frauenhaus zugestimmt!) Dafür stimmen Sie aber vielen Vereinen nicht zu, die ganz wesentliche Arbeit in der Beratung von Frauen leisten, die Hilfe suchen, weil sie von Gewalt betroffen sind. Das ist ein Skandal! Das, was Sie jetzt aufspielen wollen, habe ich klargestellt. Ich habe das für den Fall klargestellt, dass Sie das falsch verstanden haben. (GR Armin Blind: Wir haben dem Frauenhaus zugestimmt!)
Ja! Sie haben dem Frauenhaus in Wien zugestimmt, aber das war ja nicht mein Vorwurf! Der Vorwurf war, dass Sie dort, wo Sie Verantwortung tragen, keine einzige Maßnahme gesetzt haben. Das werfe ich Ihnen vor! Und das ist ein sehr emotionales Thema.
Abschließend möchte ich noch sagen: Wir haben heuer trotzdem 100 Jahre Frauenwahlrecht. Das haben wir zwar schon einmal hier besprochen, aber das ist so wichtig, dass ich es noch einmal besprechen möchte: Es würde vielen gut tun, wenn wir hier weiterentwickeln. Ich habe es schon einmal gesagt: Ich werde mich weiterhin für Quoten in den Gremien unserer Republik einsetzten. Und es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass in der FPÖ tatsächlich nur so wenige Frauen vertreten sind. Das ist kein Zufall, sondern das ist Ausfluss Ihrer Politik.
Ich freue mich aber, dass wir hier eine andere Politik machen und freue mich auch schon, weiterhin auch gemeinsam mit den Grünen und mit anderen, die hier mit tun, eine aktive Frauenpolitik für Wien weiterhin umsetzen zu können. - Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Frau Kollegin Ludwig-Faymann hat 12 Minuten Redezeit verbraucht. Die Restredezeit beträgt 7 Minuten.
Herr Kollege! Bevor ich Sie aufrufe, darf ich noch auf der Galerie eine Delegation der Stadtverwaltung aus Helsinki begrüßen. Zirka 20 Personen sind unter Führung von Frau Vizebürgermeisterin Pia Pakarinen und von Frau Anni Sinnemäki zu einer Studienreise nach Wien gekommen. Herzlich willkommen bei uns im Gemeinderat! (Allgemeiner Beifall.)
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