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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 26.09.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 95

 

die Frage stellt: Wie halten wir es denn wirklich hier im Gemeinderat mit Beteiligung, wenn sich Menschen dann auch tatsächlich in diese Verfahren einbringen?

 

Bevor ich über die konkreten Projekte spreche, möchte ich aber vorweg noch allgemein sagen, es gibt in Wien zur Zeit keinen Rechtsanspruch auf Mitsprache. Es obliegt in Wien der Politik und der Verwaltung, dafür zu sorgen, ob sich Bürgerinnen und Bürger in diese Verfahren einbringen können oder nicht. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Mitsprache. (GR Mag. Josef Taucher: Das nennt man repräsentative Demokratie!) Es gibt auch kein Bekenntnis zu einer partizipativen Demokratie in der Stadtverfassung, und im Stadtentwicklungsplan 2025 hat man möglichst unverbindlich formuliert. Wir NEOS haben das immer wieder gesagt, Kollegin Emmerling hat das in der Vergangenheit auch immer wieder thematisiert, nämlich das Thema Verbindlichkeit und Rechtsanspruch auf Mitsprache.

 

Schauen wir uns aber jetzt gemeinsam ein paar konkrete Projekte im Widmungsverfahren an! Wir haben unlängst erst über das Thema Gallitzinstraße gesprochen. Die Bürgerinitiative „Pro Wilhelminenberg 2030“ ist hier. Das Bauprojekt sei ein Ökovorzeigeprojekt, liest man - ein Ökovorzeigeprojekt! -, 5.000 m² Grünfläche werden im Zuge dieses Ökobauprojekts zubetoniert. Die Investoren haben mit der Stadt völlig intransparente städtebauliche Verträge geschlossen. Wir wissen nicht, was in diesen Verträgen steht, zumindest im Gemeinderat wissen wir nicht, was da drinnen steht. (GR Mag. Rüdiger Maresch: Das wurde im Gemeinderat beschlossen!) Auf Grund von sehr massiven ökologischen und rechtlichen Bedenken haben wir NEOS bei der Flächenwidmung dagegen gestimmt. Die Bürgerinitiative „Pro Wilhelminenberg 2030“ hat 4.000 Unterstützungserklärungen und 1.200 Stellungnahmen zu diesem Verfahren geschickt und eine sehr klare Botschaft gesendet, nämlich dass es in diesem Verfahren keine umfassende BürgerInnenbeteiligung gegeben hat.

 

Das geht noch weiter: Im November 2017 hat es eine große Informationsveranstaltung gegeben, kein einziger Input aus dieser Informationsveranstaltung ist in die weiteren Planungen aufgenommen worden. Obendrein gab es die Verhinderung einer BürgerInnenversammlung durch den Bezirksvorsteher von Ottakring, der die BürgerInnenversammlung mit dem Hinweis auf ein niemals veröffentlichtes Rechtsgutachten verweigert hat. Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht mein Verständnis von Beteiligung. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ein anderes Beispiel, das ich Ihnen mitgenommen habe, betrifft die Siemensäcker, das Gebiet zwischen Siemensstraße und Leopoldauer Straße. (GR Mag. Josef Taucher: Ach!) - Ja, Sie wissen es, Herr Kollege. Besonders fatal ist die Optik, die wir hier im Zuge des Widmungsverfahrens gegeben haben. Da haben wir zuerst im Stadtentwicklungsausschuss die Widmung beschlossen und am selben Tag, ein paar Stunden später, im Petitionsausschuss den Damen und Herren die Möglichkeit gegeben, diese Petition vorzustellen, nach dem Motto: Zuerst widmen wir, und dann hören wir die Bürgerinitiative.

 

In der Bezirksvertretung in Floridsdorf, das finde ich besonders interessant, hat es übrigens keine Mehrheit für diese Flächenwidmung gegeben. Der Flächenwidmungsplan wurde mehrheitlich im Bezirk abgelehnt. Und wissen Sie, was dann passiert ist, nachdem der Flächenwidmungsplan mehrheitlich im Bezirk abgelehnt worden ist? - Die SPÖ-Wien hat eine Presseaussendung gemacht, in der 94 Beschwerdeführer im Rahmen dieser Presseaussendung als - ich zitiere - „unzufriedene Protestführer mit skurrilen Argumenten“ bezeichnet wurden. Sie wurden als „Fundamentalopposition“ bezeichnet und wir als Opposition wurden der „Heuchelei in Bezug auf sozialen Wohnbau“ bezichtigt.

 

Okay, also den Punkt mit der Heuchelei der Opposition - geschenkt, das sparen wir uns, wir sind es gewöhnt, dass man in der politischen Auseinandersetzung oft einen solchen Ton anschlägt. Aber was ich Ihnen schon sagen muss, was ich überhaupt nicht verstehen kann und was ich ehrlich gesagt auch überhaupt nicht verstehen möchte, ist der Ton, den wir hier mit den Menschen in dieser Stadt anschlagen, die sich im Rahmen von Beteiligungsverfahren einbringen möchten. Das ist nicht mein Verständnis davon, wie wir hier miteinander umgehen und wie wir mit Menschen reden, die sich in diesem Verfahren einbringen. (Beifall bei den NEOS und von StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.)

 

Ich habe Ihnen noch ein drittes Beispiel mitgenommen, nämlich das Casino Zögernitz, die Umwidmung des Areals, seit Jahren in Döbling ein großes Thema. 5.000 Unterschriften wurden von der Bürgerinitiative eingebracht, 500 Stellungnahmen wurden in das Verfahren eingebracht. Die Bezirksvertretung hat der Flächenwidmung mit einer knappen Mehrheit zugestimmt, aber unter einer Bedingung - ich zitiere: „Zur Erhaltung und Sanierung des Casino Zögernitz mit dem Investor soll ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen werden, in dem die Sanierungs- und Nutzungsideen des denkmalgeschützten Gebäudes mit einer Grundbucheintragung rechtlich abgesichert werden.“ - Diese Bedingung ist bis heute nicht erfüllt, trotzdem wurde umgewidmet. Und besonders interessant im Zusammenhang mit dem Casino Zögernitz ist, dass es da nicht um leistbaren Wohnraum geht, liebe Kolleginnen und Kollegen (GRin Dr. Jennifer Kickert: Das haben wir nie behauptet!), sondern da geht es um den Bau von Luxuswohnungen. Trotzdem wird auch da zubetoniert, Totalverlust des Gartens, 80 Prozent der Grünflächen werden versiegelt, und ich sage es noch einmal: nicht für leistbaren Wohnraum, sondern für Luxuswohnungen.

 

Damals hat im Zuge der Diskussion Christoph Chorherr in Richtung Bettina Emmerling gesagt: „Glauben Sie mir, in zwei Jahren wird das Casino pipifein hergerichtet sein, und wissen Sie, warum? Der Investor hat noch weitere Pläne in der Stadt, mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.“

 

Jetzt lasse ich den Satz ein bisserl wirken. Also wenn ich den Satz auf mich ein bisserl wirken lasse, dann sage ich Ihnen eines drauf: Ich will, dass in dieser Stadt Flächenwidmungen auf Grund von transparenten Entschei

 

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