Gemeinderat, 60. Sitzung vom 25.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 100
Möglichkeiten gewirtschaftet. Ich kann es auch nur jedes Jahr wieder sagen und an dieser Stelle sagen, Wien hat definitiv ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Deshalb haben Sie uns aller Sparschwein geschlachtet und exakt im Wahljahr - apropos Wahlen, welch Zufall - auf einen Schlag Rücklagen in enormer Höhe aufgelöst, um aus den roten Zahlen wieder schwarze Zahlen zu machen, Rücklagen im Wert von 430 Millionen EUR aufgelöst. Das ist mehr als ein Drittel der gesamten Rücklagen, die Sie hiermit für das Wahlkampfjahrbudget opfern. Sie bremsen nicht bei den Ausgaben! Sie sparen nicht im System! Sie greifen schlicht und einfach auf die Substanz zurück und damit auch auf die Zukunft vieler junger Wienerinnen und Wiener, sehr geehrter Herr Stadtrat! Ohne Auflösungen dieser Rücklagen und auch in dieser gewaltigen Höhe läge nämlich das Defizit bei 248 Millionen EUR! Und dann trauen Sie sich auch tatsächlich noch abzufeiern, dass Sie 2020 eine Schuldentilgung vornehmen können! Eine Schuldentilgung per Rücklagenauflösung aus wahltaktischen Motiven ist aus meiner Sicht nicht nur unredlich, das ist aus meiner Sicht Populismus pur! Das ist Wahlkampf, sehr geehrter Herr Finanzstadtrat! (Beifall bei der ÖVP.)
Ein Nulldefizit wäre natürlich gerade in Wien ein absolutes Gebot der Stunde. Aber Faktum ist, das, was Sie hier heute vorgelegt haben, ist alles andere als ein Nulldefizit! Fakt ist, Rot-Grün macht auch heuer im zwölften Jahr in Folge wieder neue Schulden! Fakt ist, der Schuldenstand hat sich seit Rot-Grün auf 7 Milliarden EUR verdoppelt! Fakt ist, wenn man die ausgelagerten Unternehmungen dazurechnet - das machen Sie nicht sehr gerne -, dass wir bei einem Gesamtschuldenstand von 10 Milliarden EUR stehen! Das sind die Fakten, neue Schulden - auch das hat der Kollege Wiederkehr schon gesagt - trotz bester Rahmenbedingungen! Denn wir hatten beste Konjunkturvoraussetzungen. Die Reduktion der Arbeitslosigkeit, Herr Stadtrat, bei aller Gutmütigkeit und Großzügigkeit, ist nicht etwas, das Sie sich alleine auf die Fahnen heften können, sondern das ist Gott sei Dank ein Welt-/österreichisches Phänomen, von dem Sie hier profitiert haben, aber trotzdem keine Maßnahmen gesetzt haben! Sie haben die Wienerinnen und Wiener weiterhin mit Gebührenerhöhungen belastet! Die Gebühren sprudeln in Wien! Wir haben sprudelnde Einnahmen bei den Ertragsanteilen des Bundes und, und, und, und, also beste Rahmenbedingungen, die Sie in der Form wahrscheinlich so nicht mehr bekommen werden! Der Rechnungshof hat mehrmals zu Recht auch kritisiert, dass Einsparungspotenziale auf Ausgabenseite in dieser Stadt nicht realisiert werden.
Daher, sehr geehrter Herr Stadtrat, mein Appell am Ende an Sie: Bitte streuen Sie den Wienerinnen und Wienern nicht noch mehr Sand in die Augen, wenn es um das Budget geht! Sorgen Sie dafür, dass die Hütchenspielerei auch im Rathaus endlich beendet wird! Ich habe Ihnen wieder etwas mitgebracht, auch so wie im letzten Jahr ein kleines Spiel, nämlich ein Hütchenspiel. (Der Redner zeigt das Spiel.) Meine große Bitte an Sie ist, wenn Sie Gefallen oder Interesse am Hütchenspiel empfinden oder wenn es Sie einmal vielleicht irgendwann überkommt, dann spielen Sie bitte diese Hütchenspiele zu Hause und nicht im Wiener Rathaus! (Beifall bei der ÖVP.)
Also ich überreiche Ihnen das sozusagen auch zur Prävention. Vielleicht haben Sie dazwischen, natürlich nur außerhalb dieses Sitzungssaales, auch Zeit für die eine oder andere Ablenkung.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Stadtrat, Hütchenspiele sind in Wien zu Recht verboten, hoffentlich bald auch hier im Wiener Rathaus! - Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Fürs Protokoll darf ich bekannt geben, dass GRin Matiasek temporär verhindert ist und GRin Korosec ebenfalls temporär verhindert ist.
GR Ellensohn hat sich als Nächster zum Wort gemeldet. Ich erteile es Ihm.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
80er Jahre, 90er Jahre, Umbruch. StR Peter Hanke hat einen großen Rahmen für die Budgetdebatte 2020 gezogen und hat einen der größeren Umbrüche, die ein Teil von uns zumindest miterlebt hat, angesprochen.
Der Umbruch in den Neunzigern hat tatsächlich Wien vom Rand ins Zentrum gebracht und hat mich fast in die eigene Jugend- und Studienzeit zurückversetzt, weil ich einer von denen bin, die in den 80er Jahren als junger Mensch in eine überalterte Stadt gekommen sind. Wenn man länger da bleibt, dreht sich das um. Für die Stadt ist es günstig, dass wir jetzt das jüngste Bundesland sind. Es waren 1,4 Millionen. Schwer vorzustellen, dass heute 500.000, bald 600.000 Leute mehr in der gleichen Stadt wohnen, in der ich noch als junger Student aus Vorarlberg dazugekommen bin. Es war aber nicht der einzige große Umbruch, viel früher die Industrielle Revolution, die alles auf den Kopf gestellt hat, die digitale Revolution, in der wir mittendrin sind, und jetzt endlich, dass es alle auch merken, die ökologische Revolution, die Klimarevolution. Alle haben nach einem Jahrhundert von Wachstum gemerkt, dass wir jetzt bei einem Zeitpunkt angelangt sind, wo wir uns überlegen müssen, wie viele Ressourcen wir eigentlich verwenden, wie viel wir verschwenden und ob wir überhaupt noch genug haben, um den Lebensstil so zu halten - das würden wir gerne von der Qualität - und ob man das so machen kann, ohne dass man quasi das eigene Haus „on fire“ setzt, wie es Greta Thunberg gesagt hat. Paris 2015 ist angesprochen worden. Alle Staaten unterschreiben - es war nicht das erste Mal - immer wieder einmal, was man alles tun soll, um anschließend etwas zu wenig zu tun. Das ist ein Euphemismus.
Die Schülerin Greta setzt sich mit 16 vor das Parlament in Schweden und löst auf der ganzen Welt mehr aus, als hunderte Politiker, Politikerinnen wie wir und anderswo zusammengebracht haben. Jetzt sind wir tatsächlich natürlich wieder dort. Es gibt ein paar, die das nicht wahrhaben wollen, und sagen, das stimmt alles nicht. Die Nächsten kommen und sagen, der Anteil von
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