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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 11.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 101

 

len Umgang der letzten zwei Jahre bedanken. Ich hoffe, dass wir diesen auch weiter fortführen werden.

 

Der respektvolle Umgang miteinander im Kulturbereich, den wir die letzten Jahre miteinander gehabt haben, ist auch mein nächstes Stichwort. Ich schaue jetzt die Kolleginnen und Kollegen von der neuen Volkspartei an. Ich meine, Sie haben da keinen guten Einstieg geliefert. Wir wurden als Mitglieder des Kulturausschusses eingeladen, Einblick in die Abläufe der MA 7 zu bekommen, zu sehen, wie die MA 7 funktioniert und was sie tut, und wir hatten dort die Möglichkeit, Fragen zu diesen Abläufen zu stellen. Allerdings ist dabei nahezu die gesamte Fraktion der neuen Österreichischen Volkspartei aufgestanden und hat den Raum verlassen und sich das nicht angehört. - Ich meine, damit haben Sie, wie gesagt, wirklich keinen guten Einstieg gemacht und keinen respektvollen Umgang gezeigt. Daher würde ich mir von Ihnen speziell wünschen, dass wir in Zukunft doch wieder dazu zurückkehren, einen respektvollen Umgang miteinander zu pflegen, den wir in diesem Bereich auch immer gehabt haben.

 

Ich muss Ihnen aber auch ganz ehrlich sagen: Wenn ich mir anschaue, was sich die letzten neun Monate in Österreich in der Kulturpolitik getan hat, dann kann ich feststellen, dass das, wie ich meine, auf Bundesebene auch von einem Wegschauen über weite Strecken getragen war. Wenn Sie mit Kunst- und Kulturschaffenden reden - und ich habe in den letzten Wochen und Monaten mit sehr vielen Kunst- und Kulturschaffenden gesprochen -, dann hören Sie vor allem: Wir haben das Gefühl, dass wir im Stich gelassen worden sind. Und diesen Befund teile ich. Wenn ich mir heute anschaue, was sich auf Bundesebene im Kunst- und Kulturbereich an Unterstützungsmaßnahmen an Zuversicht und Blick in die Zukunft so tut, dann stelle ich fest, dass wir neun Monate nach Ausbruch der Pandemie und Corona-Krise immer noch keine nachhaltige Strategie im Kunst und Kulturbereich haben.

 

Ich war einigermaßen sprachlos nach dem ersten Lockdown, dass es Wochen beziehungsweise nahezu Monate gedauert hat, bis die Politik auf Bundesebene Antworten darauf gegeben hat, wie wir im Kunst- und Kulturbereich weitergehen. Dann kam der Sommer, und es ist - ich sage das sehr bewusst - vieles verschlafen worden. Vieles wurde nicht gemacht, zumindest die Hausaufgaben wurden nicht gemacht. Der Kunst- und Kulturbetrieb hat seine Aufgaben aber sehr wohl gemacht, und zwar mit sehr großer Leidenschaft und mit sehr viel Herzblut.

 

Ich war im Sommer endlich wieder in einigen großen Museen und einigen kleinen Museen dieser Stadt sowie im Wiener Konzerthaus bei den Wiener Symphonikern: Das waren großartige Veranstaltungen, die von der Leidenschaft für Kunst und Kultur getragen waren. Bei diesen großartigen Veranstaltungen war mir immer klar: Es gibt Sicherheit, ich bewege mich hier an sicheren Orten, in sicheren Räumen.

 

Dann kam der Herbst. Die Infektionszahlen sind gestiegen, und was ist passiert? Vollkommen wurscht, was die Branche gemacht hat und welche Konzepte entwickelt worden sind: Es ist wieder alles zugesperrt worden. Es ist wieder alles zugesperrt worden, weil man sich den Herausforderungen nicht gestellt hatte, sich mit den Anforderungen der Branche auf Bundesebene nicht beschäftigt und sich nicht die Frage gestellt hatte: Unter welchen Voraussetzungen kann Kunst und Kultur stattfinden?

 

Vor ein paar Tagen kam dann die Ankündigung: Jetzt wird wieder aufgesperrt. Offen geblieben ist aber eine Konkretisierung, was wieder aufgesperrt wird und wie es mit den Kinos und Theatern weitergeht. Neun Monate später haben wir immer noch keine nachhaltige Strategie, immer noch keine Konzepte. Es gibt Ankündigungspolitik. Es wird verwiesen auf die nächste Pressekonferenz.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme zur Kenntnis, dass Kunst und Kultur und insbesondere Kulturschaffende offenbar in der Österreichischen Bundesregierung nicht die notwendige Lobby und nicht die notwendige Unterstützung haben, die es braucht, um sich mit den Herausforderungen der Branche im Detail auseinanderzusetzen. Die einfache Formel: Wir sperren Kultur zu, wenn die Infektionszahlen steigen, ist mir eindeutig zu wenig. Und was es langfristig für uns als Gesellschaft, für die Psyche der Menschen bedeutet, wenn wir Kultur einfach zusperren, das ist etwas, was wir alle, glaube ich, heute noch nicht begreifen können.

 

Kommen wir aber zu etwas Erfreulichem: Kommen wir zu Wien! Uns war, besonders vor dem Hintergrund, den ich Ihnen jetzt gerade geschildert habe, von der ersten Sekunde an, als wir uns zu den Koalitionsverhandlungen zusammengesetzt haben, völlig klar, dass wir ein Versprechen abgeben, nämlich dass wir den Kunst- und Kulturschaffenden in der Fortschrittskoalition den Stellenwert geben, den sie in einer Kulturweltmetropole wie Wien zu Recht erwarten und auch verdienen.

 

Es ist trotz schwieriger budgetärer Umstände gelungen - und dafür auch mein Dank, mein Kompliment und mein Applaus -, dass wir das Kulturbudget unter diesen schwierigen Umständen noch einmal steigern, und zwar um 3,3 Millionen EUR auf 282,6 Millionen EUR. 90 Prozent davon fließen übrigens direkt in Förderungen. Daran sieht man, glaube ich, auch, wie effizient da im Hintergrund gearbeitet wird.

 

Das Aufstellen von finanziellen Mitteln ist aber natürlich nicht genug, sondern wir müssen genau hinschauen und die Probleme, die es in der Kulturbranche gibt und die durch Corona noch sichtbarer gemacht wurden, auch wirklich angehen. Im Hinblick darauf haben wir uns viel vorgenommen.

 

Wir möchten gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren im kulturpolitischen Feld genau hinschauen und gemeinsam eine kulturpolitische Strategie entwickeln. Wir möchten genau hinschauen und gemeinsam mit den kulturellen Interessengemeinschaften an Richtlinien für Honoraruntergrenzen arbeiten. Stichwort Fair Pay: Ja. Kulturarbeit ist Arbeit, und wir fordern auch den Bundesgesetzgeber auf, dementsprechend zu handeln und im Arbeitssteuer- und im Sozialversicherungsrecht die Maßnahmen zu schaffen, die es braucht, um moder

 

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