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Gemeinderat, 64. Sitzung vom 30.01.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 55

 

Ein funktionierendes und verlässliches Wirtschafts- und Finanzsystem bildet die Grundlage für den Erhalt unseres Wohlstandes. Sie sichert auch die nachhaltige Finanzierung unseres Sozialstaates. Sie spielt auch eine Schlüsselrolle in der Bewältigung neuer Herausforderungen, die da sind Klimawandel, Digitalisierung oder auch Globalisierung. Es geht darum, dass wir tagtäglich versuchen, unser aller Leben zu verbessern. Im Fall des Regierungsübereinkommens geht es auch darum, dass Umweltsünden in Zukunft, gestaffelt mit CO2-Bepreisung, mittelfristig teuer werden. Regionale Produkte und Dienstleistungen sollen dafür vergleichsweise günstiger werden. Vor allem für die vielen Ein-Personen-UnternehmerInnen und KMUs wird das Leben mit vielen Maßnahmen erleichtert. Das garantieren die Wirtschafts- und Finanzkapitel des neuen Regierungsprogrammes.

 

Ich habe vorhin sehr gut dem Kollegen Juraczka zugehört, als er gemeint hat, wir waren am Anfang alle sehr skeptisch. Viele waren skeptisch. Ich muss dazusagen, ich war es auch. Ich hatte die große Ehre, bei den Verhandlungen für das Kapitel Wirtschaft, Finanzen und Steuern dabei zu sein. Ich habe mir am Anfang gedacht, und wir haben oft auch intern gesprochen, das geht sich sehr schwer aus. Das habe ich mir wirklich gedacht. Natürlich könnt ihr euch vorstellen, wir haben das Thema der Vermögensbesteuerung und Schenkungssteuer sehr stark. Das hat die ÖVP nicht. Wir haben das Thema der CO2-Besteuerung. Das hat die ÖVP nicht. Für die ÖVP war es wichtig, Körperschaft zum Beispiel zu senken. Für mich war eher wichtig, Mindestkörperschaft zu senken. Ich muss sagen, ich habe mir gedacht, wenn man politisch aktiv ist, dann fliegen manchmal die Fetzen, aber genau das Gegenteil war dort der Fall. Es war für mich eine sehr wertschätzende Zeit, wo ich wirklich gelernt habe, wie man auch mit politisch Andersdenkenden, wo man fachlich nicht einer Meinung ist, wertschätzend miteinander umgehen kann, wie man durch das Gespräch, durch die Diskussion zu einer gemeinsamen guten Sache findet, wo man zielorientiert verhandelt hat. Ich muss jetzt von der heutigen Diskussion sagen, ich höre in vielen Redebeiträgen, dass der Wille über die Fraktionen ist, dass man das auch erreicht. Bei manchen Redebeiträgen hatte ich das Gefühl, dass da noch ein bisschen Luft nach oben ist. Vielleicht sollten wir uns alle auch bemühen, weil wir schon das gemeinsame Ziel haben, die Lebenssituation der Menschen draußen zu verbessern.

 

Ich komme noch einmal zurück zu dem Regierungsprogramm. Durch die mittelfristige Bepreisung der Umweltkosten, habe ich schon gesagt, werden vor allem regionale Produkte und Dienstleistungen vergleichsweise günstiger. Was auch wichtig ist, dass Wertschöpfung und Jobs vermehrt dort geschaffen werden, wo sie auch wirklich hingehören, nämlich am lokalen Produktionsstandort. In Sachen Kreislaufwirtschaft - ein ganz wichtiger Punkt - wird die öffentliche Hand zukünftig mit Einführung von ökosozialen Vergabekriterien bei der Beschaffung vorgehen. Das ist jetzt ein kleiner, scheinbar unwichtiger Halbsatz. Aber wenn man sich überlegt, dass die gesamte Beschaffung der Republik Österreich und aller Organisationen in Zukunft mit ökosozialen Punkten … Anders ausgedrückt, Firmen, die in Zukunft die Republik Österreich beliefern, werden positiv diskriminiert, wenn sie nachhaltig und ökologisch wirtschaften. Das ist bei der Summe, die die Republik Österreich und die Organisationen beschaffen, ein ganz wichtiger und großer Hebel. Auch das Prinzip Reparieren statt Wegwerfen mit entsprechender Stärkung des Gewerbes und Handwerks ist im Regierungsprogramm in vielen Punkten sehr stark vertreten. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Auch für Start-ups und das stark wachsende Social Business sind wesentliche Bausteine im Regierungsprogramm aufgenommen worden. Erleichterung in der Startphase, mehrere Möglichkeiten zur Unternehmensfinanzierung und vor allem auch Verbesserung bei den MitarbeiterInnenbeteiligungen sind für mich ganz wichtige und wesentliche Elemente zur Absicherung dieser Unternehmen.

 

Wichtig, und deshalb für mich besonders erfreulich, sind spezifische Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmerinnen. Bisher wurden die spezifischen Bedürfnisse von selbstständigen Frauen in Wahrheit vollkommen ignoriert. Dass es nun endlich ein Bekenntnis dazu gibt, dass Unternehmerinnen vor allem in der Gründungsphase auf sie zugeschnittene Förderprogramme brauchen, war wirklich notwendig. Ich bin sehr froh, dass das in dem Programm jetzt auch steht.

 

In Wien sind, wie die meisten von euch schon wissen, 60 Prozent aller UnternehmerInnen Ein-Personen-Unternehmen. EPUs und KMUs stellen über 99 Prozent der Wiener gewerblichen Wirtschaft dar. 50 Prozent der NeugründerInnen sind übrigens Frauen. Auch eine interessante Zahl: Fast 40 Prozent der Wiener UnternehmerInnen sind MigrationsunternehmerInnen. Sie alle bilden das Rückgrat der Wiener Wirtschaft und sichern unseren Wohlstand. Sie sind auch für den Großteil der Arbeitsplätze in Wien verantwortlich. Vor allem bei diesen UnternehmerInnen ist eine Fülle von Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebenssituation geplant, einerseits steuerliche Erleichterung, bürokratische Vereinfachung, Erleichterung bei der beruflichen Weiterbildung und Verbesserung der sozialen Absicherung. Ich denke, das sind gerade Punkte, die für Kleinstunternehmen besonders wichtig sind. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein weiterer Erfolg aus Wiener Sicht ist auch das Bekenntnis zur Bekämpfung des illegalen Glückspiels und dass es auch zu einer Ausweitung des Spielerschutzes kommen soll.

 

Kurzum, das Kapitel Finanzen und Wirtschaft der Regierung trägt in vielen Punkten eine klare grüne Handschrift, und das ist gut so. Wirtschaft und Klimaschutz werden erstmalig gemeinsam organisiert. Die ökonomische Wende wird unter ökologischen Rahmenbedingungen stattfinden. Wie gesagt, angesichts dieser Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, müssen wir aber auch, und das meine ich wirklich so, über Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten. Deswegen laden wir, oder lade ich vor allem, jetzt schon wirklich alle KollegInnen von anderen Parteien zur Mitarbeit ein, sodass die österreichische Klimapolitik und

 

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