Gemeinderat, 67. Sitzung vom 29.04.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 53
me, muss ich mich mit einer Bank zwischenfinanzieren. Dass dieses System also nicht ganz stimmig ist und dass das eigentlich Unmengen an Bürokratie mit sich bringt, ist somit, glaube ich, selbstredend.
Noch einmal zu unseren Anträgen: Wir haben sie ja teilweise schon in der letzten Sitzung, in der ersten Sitzung im Rahmen der Krise eingebracht, aber ich werde natürlich nicht müde, darüber zu sprechen. Es geht hier erstens noch einmal um die Wirtschaftskammer. Sie wissen, in allen Bundesländern, auf Bundesebene gibt es noch immer diesen großen Mythos der Rückstellungen. Dabei wissen wir, ein Teil davon ist natürlich für Pensionen da, ein Teil davon ist in Immobilien investiert, wie Herr Mahrer gesagt hat, wobei ich nicht ganz weiß, ob jetzt das Investment in Immobilien tatsächlich die Kernaufgabe einer Wirtschaftskammer ist. Beziehungsweise wird dann auch gesagt: Ja, das ist in diversen Veranlagungen geparkt, und gerade diese Sicherheit braucht man jetzt in der Krise. Also ganz checke ich nicht, was Herr Mahrer damit meint, denn das ist Geld der Unternehmerinnen und Unternehmer. Und dass das jetzt irgendwo geparkt wird, um die Wirtschaftskammer statt die UnternehmerInnen durch die Krise zu bringen, ist tatsächlich ein wenig kafkaesk. Deswegen wollen wir, dass die Wirtschaftskammer Wien hier tätig wird und mehr Geld als bis jetzt aus diesen Rücklagen in die Wiener Wirtschaft investiert.
Das zweite Thema ist das Thema Kommunalsteuer, das tatsächlich auch bei mir - und die UnternehmerInnen im Raum haben das Thema wahrscheinlich auch gehabt - sehr komisch war. Man kann im Moment so ziemlich alles stunden, was es an Abgaben und Gebühren in Österreich gibt - außer der Kommunalsteuer. Und es ist sehr lustig, wenn man dann vom Steuerberater eben die übliche Abgabenauflistung bekommt und als Einziges steht fett da: Kommunalsteuer. Dann fragt man natürlich beim Steuerberater nach: Ist das möglich? - Und die sagen: Es gibt noch kein kommuniziertes Modell. Natürlich kann man das immer stunden, das konnte man schon immer, aber gerade jetzt in der Krise kann man als Stadt und auch als Bund hier proaktiv hergehen und - was die Kommunalsteuer betrifft - hier gemeinsam eine Lösung finden, damit es hier zu einer Erleichterung kommt, die nicht am Zettel steht.
Noch einmal ein wenig detaillierter das Thema Gastronomie und Schanigärten: Ich habe es vorhin schon kurz angerissen, die Situation ist die: Wir haben jetzt ab Mitte Mai Regelungen. Ich glaube, viele GastronomInnen in ganz Österreich freuen sich, dass sie überhaupt wieder aufmachen können, aber die Situation, dass sie Geld verdienen und sich quasi selbst wieder aus einer Krise heraushieven können, ist tatsächlich nicht gegeben, vor allem nicht in Wien. Wir feiern jedes Jahr unglaubliche Tourismuszahlen, jedes Jahr mehr, mehr, mehr. Die werden nicht so schnell wiederkommen, das heißt, wir haben in der Wiener Gastronomie eine unglaubliche Lücke an Menschen, die ausbleiben werden, und wir haben die Situation, dass der Platz nicht da ist, um die Regeln so durchzuführen, dass ich gleich viele Verabreichungsplätze habe.
Wer sich von Ihnen vielleicht in der Gastronomie gut auskennt, weiß, es geht immer um die Kalkulation: Wie viele Essen kann ich verkaufen, wie viele Plätze habe ich? Rechnet sich dadurch der Koch, rechnet sich das Menü, rechnet sich mein Speiseplan? Wie viele Getränke gibt es dazu, wie viele verkaufe ich an der Bar? Das wird aber nicht mehr möglich sein. Das heißt, es ist fix so, dass die Gastronomie sicher bis Ende des Jahres massiv darunter leiden wird. Deswegen appelliere ich noch einmal: Die einzige Möglichkeit, womit wir jetzt in diesen Sommermonaten bis in den Herbst vielleicht ein klein wenig Unterstützung liefern können, sind tatsächlich die Schanigärten. Da muss meiner Meinung nach jede österreichische Stadt, aber vor allem Wien hergehen und das extrem unbürokratisch lösen. Das heißt, dort, wo Platz möglich ist, müssen auch Schanigartenerweiterungen möglich sein, und die Gebühren für diese Schanigärten müssen im heurigen Jahr zu 100 Prozent ausgesetzt werden.
Ich weiß, wir haben jetzt das Kommitment vom Wirtschaftsstadtrat mit den Schanigärten, bei den Wiener Märkten sprechen noch andere Personen mit. Dasselbe muss natürlich auch für die Wiener Märkte gelten. Es wäre für mich völlig unverständlich, wenn da nicht auch mitgezogen wird. Die große Ankündigung des Bürgermeisters, im April die Schanigartengebühren zu erlassen, muss man natürlich massiv erweitern. Das ist ebenfalls für das ganze Jahr - und keinen Monat weniger.
Zu guter Letzt noch einmal im Detail, was ich mir für die Event-Branche wünschen würde. Es ist tatsächlich so, dass die gesamte Event-Branche in Österreich massiv unter dieser Krise leidet, und zwar massiver als jede andere Branche. Veranstaltungen werden noch sehr lange in den Größenordnungen, bei denen Geld damit verdienbar ist, untersagt sein, und ein Schankbetrieb, ein Barbetrieb, ein Club-Betrieb der gesamten Nachtwirtschaft ebenfalls. Das heißt, überall dort, wo eigentlich das Geschäftsmodell ist, Menschen nahe zusammenzubringen, Kontakt zu fördern - und das auch im wirtschaftlichen Interesse -, ist es de facto bis Ende des Jahres extrem schwierig. Deswegen braucht diese Branche eine spezielle Unterstützung.
Wir wissen, dass diese Branche 140.000 Menschen in Österreich Arbeit gibt, das ist laut IHS-Studie eine Wertschöpfung von 8,9 Milliarden EUR und 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Berlin hat es vorgelebt, Berlin hat ein 30 Millionen EUR Paket nur für Bühnen und Clubs verabschiedet. Ich nehme die Bühnen einmal heraus, die lassen wir in Wien in der Kultur, da passiert ja schon etwas. Aber was Clubs und die ganze Event-Branche betrifft, braucht es hier sowohl im Bund, aber auch in Wien ein Paket, um hier den Menschen unter die Arme greifen zu können, um hier vor allem auch - und das sind all unsere Maßnahmen - Maßnahmen für den Arbeitsmarkt zu setzen. Deswegen sage ich: Wir müssen gemeinsam anpacken, und ich hoffe auf Ihre Unterstützung zu unseren Anträgen. Danke.
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Juraczka. Ich stelle einmal zehn Minuten ein.
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