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Gemeinderat, 69. Sitzung vom 26.05.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 15

 

vor einer zweiten Welle hat: Warum reaktiviert man dann nicht jene Spitäler, die man vor Kurzem geschlossen hat? Das muss mir einmal jemand erklären. Auf der einen Seite hat man Angst, dass man mit den derzeit vorhandenen Spitalsbetten und den Intensivbetten nicht zu Rande kommt, und auf der anderen Seiten schließt man Spitäler, Gersthof, Krankenhaus Floridsdorf, Sophienspital, Gersthof, und so weiter, und so fort. Stattdessen haben wir ein Milliardengrab Krankenhaus Nord gebaut, aber die geschlossenen Spitäler, die ja heute noch als Immobilie hier sind, wieder zu reaktivieren, das wäre jetzt gescheit. Wenn sie schon so viel Angst haben, dann machen Sie es.

 

Was passiert? - Sie können es aus dem Grund nicht machen, weil Sie das Sophienspital ja schon längst verscherbelt haben. Wir wissen, was da jetzt geplant ist, da kommen jetzt Neubauten. Jetzt im Sommer sollen dort lustige Partys gefeiert werden, hört man und liest man. Das sind die Dinge, die einfach irgendwie nicht zusammenpassen.

 

Die Messehalle hat der Vizebürgermeister schon ganz kurz angesprochen, auch das war ja nicht nur ein mediales Thema. Da haben wir uns die Messehalle in Wien gemietet, die haben wir in ein Covid-Zentrum umfunktioniert. Das kostet am Tag 61.000 EUR, also im Monat, Daumen mal Pi, 2 Millionen. Dort war im ersten Monat einmal überhaupt niemand drinnen. Im zweiten Monat haben wir dann vier Personen drinnen gehabt, und zwar drei Männer und eine Frau. Dann waren 300 Asylwerber drinnen, und seit Kurzem ist dort wieder niemand drinnen. Trotzdem kostet uns die Geschichte locker jeden Tag 61.000 EUR, weil Ihre Spitäler, die Sie geschlossen haben, einfach nicht mehr zur Verfügung stehen.

 

Dann kommen wir zum Nächsten, das ich auch beim letzten Gesundheitsausschuss angesprochen habe, das ist die Kooperation zwischen dem Krankenanstaltenverbund auf der einen Seite und den Ordensspitälern und Privatspitälern auf der anderen Seite. Das ist eine an sich ja gute Idee, ich habe schon Ihrer Vorvorgängerin vorgeschlagen, das zu machen. Sie haben es jetzt kurzfristig in der Corona-Zeit umgesetzt, aber mit Ende Juni endet das schon wieder. Ich verstehe es nicht: Warum schafft man es nicht? Da hat man Spitäler in Wien, die halt nicht dem Krankenanstaltenverbund gehören, und Sie schaffen nicht einmal eine Kooperation. Sie wissen ganz genau, dass wir jetzt tausende Wienerinnen und Wiener haben, die auf dringend notwendige Operationen warten.

 

Wir hatten davor schon einen Rückstau im Krankenanstaltenverbund. Auf eine Hüfte hat man damals schon sieben Monate lang gewartet, auf ein neues Knie fünf Monate. Jetzt haben Sie einen Rückstau. Was glauben Sie bitte, wie viele Leute das am Ende des Tages wahrscheinlich nicht überleben, bis sie irgendwann einmal eine Operation in einem KAV-Haus bekommen?

 

Das sind Dinge, sehr geehrter Herr Stadtrat, dazu höre ich nichts von Ihnen. Da gibt es nichts. - O ja, die Kooperation, die man einst eingegangen ist, endet Ende Juli. Das ist einfach zu wenig!

 

Oder nehmen wir die großartige von Ihnen vor zwei Jahren - relativ genau vor zwei Jahren, als Sie Gesundheitsstadtrat geworden sind - angekündigte Reform des Krankenanstaltenverbundes. Sie haben sich damals hier hergestellt, als Sie Gesundheitsstadtrat wurden, und haben uns großartig erzählt, eines der ersten Dinge, die Sie angehen werden, ist die Reform des Krankenanstaltenverbundes. Da hat es dann geheißen: Ende 2018 haben wir es. - Ende 2018 war natürlich nichts. Dann hat es geheißen: Ende 2019 haben wir es. - Ende 2019 war natürlich auch nichts. Heute haben wir den 26. Mai 2020, und was ist heute? - Noch immer nichts. Auch da wissen wir nicht, wie es weitergehen soll.

 

Sehr geehrter Herr Stadtrat! Dann wundern Sie sich, und wundert ihr euch von der Koalition, warum wir heute einen Misstrauensantrag einbringen?

 

Leider Gottes läuft mir die Zeit davon. Ich könnte stundenlang darüber reden, über die Verschwendungssucht im Krankenanstaltenverbund, über die Beraterkosten im Krankenanstaltenverbund, die kein Mensch nachvollziehen kann, die in die Millionenhöhe gehen. Da hört man nichts, da liest man nichts, Antworten kriegt man teilweise auch keine, auch auf Anfragen unsererseits, und so weiter, und so fort.

 

Sehr geehrter Herr Stadtrat, aus dem Grund, wie angekündigt, der Misstrauensantrag gegen Sie. Ich lese ihn kurz vor:

 

„Misstrauensantrag: Der Wiener Gemeinderat möge durch ausdrückliche Entschließung dem Amtsführenden Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport Peter Hacker das Vertrauen versagen. In formeller Hinsicht wird die namentliche Abstimmung gemäß § 28 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien begehrt.“

 

Und ich hoffe auf Zustimmung. Danke.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Baron, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat!

 

18.01.36

GR Karl Baron (HC)|: Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Zwei Punkte sind es, die ich in der heutigen Sondersitzung anspreche: Zum Ersten ist es das völlige Versagen unseres Gesundheitsapparates in Wien. Ja, Wien droht zum zweiten Ischgl zu werden. Viel zu oft erreichen uns neue Skandale und Horrormeldungen. Wiens Corona-Bilanz droht zu kippen und damit droht ein zweiter Lockdown. Warum? Wieder einmal hatten wir recht. Verloren gegangene Asylanten aus verseuchten Aufnahmezentren wie im gesperrten Zentrum von Erdberg tauchen urplötzlich in Logistikzentren von Wiens Post auf, versehen dort Dienst und verseuchen alle anderen. Covid-19-Positive und dringend in Quarantäne zu schaffende Gefahrenquellen verschwinden einfach. Und was sagt der Gesundheitsstadtrat dazu? Nichts, zumindest nichts Relevantes und nichts Aufklärendes. Ja, überhaupt hat sich an der misslichen Lage im Versorgungsbereich des KAV nichts zum Besseren verändert. Nach wie vor zu wenig Ärzte, zu wenig Pflegepersonal, zu wenige Überprüfungen bezüglich Erkrankung und zu wenig Schutzausrüstung. Die Liste der Skandale im

 

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