Gemeinderat, 71. Sitzung vom 29.06.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 93
nimmt, kommt man auf eine Investitionssumme von 2,1 Milliarden EUR.
Ich möchte vielleicht jetzt aus dem Gesamtsystem der Stadt einen Bereich herausgreifen, um auch zu zeigen, wie wichtig diese Investitionen für die Wirtschaftsleistung, für den Arbeitsmarkt in Wien sind, und zwar möchte ich die Planung, die Stadtplanung herausgreifen. Wir sind in den vergangenen 15 Jahren um die Stadt Graz gewachsen, und das bedeutet nicht nur zusätzliche Wohnungen, sondern das heißt, zusätzliche Kindergärten, Schulen, Unis, Parks, Straßen, Öffis, Kanal, Wasser, also das, was man sogenannte Wohnfolgeeinrichtungen nennt. Wir haben Graz gebaut in Wien.
Diese Investitionen in einen modernen Stadtbetrieb betragen jährlich rund 1,2 Milliarden EUR und sichern jedes Jahr bis zu 50.000 Arbeitsplätze, 50.000 Wiener Arbeitsplätze, die die Stadt der Zukunft bauen, eine ökologische und leistbare Stadt, das kann sich sehen lassen, meine Damen und Herren.
So positiv rekordverdächtig das Jahr 2019 also mit Blick auf den Rechnungsabschluss war, umso dringlicher ist ein anderer, negativer Rekord, wenn wir uns an das Jahr 2019 erinnern. Der Sommer 2019 war nämlich der zweitwärmste Sommer in der Messgeschichte und in Wien sogar der heißeste Sommer, der je gemessen wurde. Jene, die zum Beispiel gestern in der Stadt (Zwischenrufe.) unterwegs waren - wissen Sie, das Gute an dieser Plexiglasscheibe ist, dass man Ihre Zwischenrufe nicht hört, das ist halt wirklich recht angenehm - und das gespürt haben, wie sich heiße Tage in der Stadt anfühlen, haben sich erinnert, wie das letztes Jahr - 2019 - war, als sich Hitzetag an Hitzetag, Tropennacht an Tropennacht gereiht haben und wie sich das anfühlt, wenn die Stadt einfach nicht abkühlt, wenn man am Weg zum Einkaufen die Straßenseite wechselt, weil es in der Sonne einfach nicht mehr auszuhalten ist. Oder wie meine Nachbarin, die ich im Lift treffe und die sagt, sie geht in den Supermarkt, nicht um einzukaufen, sondern weil es dort neben der Kühlvitrine kühl ist und sie es zu Hause in ihrer Wohnung nicht mehr aushält.
Spätestens seit dem letzten Sommer ist die Klimakrise nichts Abstraktes mehr, sondern die Wienerinnen und Wiener spüren das. Sie spüren die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels und sie verlangen zu Recht von uns, dass wir antworten und dass wir handeln. Es ist vor allem die junge Generation, die 2019 auf die Straßen ging, die auch heuer online protestiert, und die jetzt, auch während wir reden, ein unglaublich erfolgreiches Volksbegehren auf die Beine gestellt hat.
Trotz Corona-Pandemie kann dieses Volksbegehren übrigens heute noch bis 20 Uhr unterschrieben werden, auch mit Handysignatur. Das heißt, auch Sie können das heute noch machen, sollten Sie es nicht erledigt haben, denn am Ende des Tages werden es Hunderttausende sein, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben. Die Klimakrise verlangt von uns ein radikales Umdenken, ein Umsteuern in eine andere Zukunft.
Wir haben da 2019, auch mit dem Rechnungsabschluss, einige Weichen in Wien gestellt. Ein Klimarat wurde eingesetzt und der arbeitet seitdem eng mit der Stadt zusammen. Der Prozess für das Klimabudget wurde aufgesetzt. Die Klimaschutzgebiete wurden auf den Weg geschickt, wir haben letzte Woche ja erst die entsprechenden Verordnungen dazu besprochen.
Das bedeutet im Neubau bei Raumwärme und bei Warmwasser weg aus Öl und Gas. Wir haben letztes Jahr auch begonnen - und führen das natürlich auch heuer weiter -, die Stadt abzukühlen, mit „Coolen Straßen“, „Coolen Plätzen“. Wir starten im öffentlichen Raum, mit der Förderung für außenliegenden Sonnenschutz, meiner Meinung nach unglaublich wichtig, dass die Stadt auch Sonnenschutz fördert und dazu beiträgt, dass die Wienerinnen und Wiener ihre eigenen Wohnungen abkühlen können. Die Straßen und Plätze schauen anders aus. Die Rotenturmstraße und andere Straßen zeigen, wie die Stadt der Zukunft aussehen kann. An dieser Stelle auch ein großes Danke, weil diese Arbeit sich nicht von selbst macht. Das sind viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, aber auch Planungsbüros, Baubüros, et cetera. Sie alle machen eine bessere Stadt möglich.
2019 war aus meiner Sicht auch jenes Jahr, in dem sich die große Frage meiner Generation unmissverständlich gestellt hat: Werden wir es schaffen, die Klimakatastrophe abzuwenden? Wir haben jetzt schon viel über die Corona-Pandemie gehört und wie wir wieder zurückkommen, und dass wir wirtschaftlich wieder zurückkommen. Die Frage aus meiner Sicht ist aber: Wie schaut dieses Zurückkommen denn überhaupt aus? Mit der Frage „Schaffen wir es, die Klimakatastrophe abzuwenden?“ hat eine Reise begonnen und es liegt an uns, zu entscheiden, ob wir uns für Stillstand und Rückschritt oder für Aufbruch und Zukunft entscheiden. Die Grundvoraussetzung, also die Ausstattung, die wir auf diese Reise mitnehmen, ist eigentlich gar nicht schlecht: Ein ausgeglichener Rechnungsabschluss, starke Investitionen, eine Stadt, die auf alle Wienerinnen und Wiener schaut, ein Wien, in dem der Kindergarten gratis ist und es mehr Menschen mit Jahreskarte als mit Auto gibt.
Bei jeder Reise gibt es aber auch Probleme am Weg, Herausforderungen, seien es jetzt jene durch eine globale Pandemie oder die seit Jahren grassierende Klimakrise. Für manche Gefahren entlang einer Reise gibt es einen Schutz, eine Impfung zum Beispiel, die wird es hoffentlich auch irgendwann für Corona geben. Wogegen es aber nie eine Impfung geben wird, das ist die Klimakrise. Diese erfordert, das wir auf unserem Weg, vor der Reise entscheiden, wohin wir wollen: im Rückwärtsgang in eine fossile Vergangenheit oder nach vorne in eine erneuerbare Zukunft.
Ich weiß, wohin ich will und darum ist es Zeit für einen Aufbruch, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Aufbruch in eine Zukunft, in der wir mit Klimaschutz tausende sichere Jobs in unserer Stadt schaffen, denn jedes Solarpanel, jede Wärmepumpe wird von einer Handwerkerin in Wien eingebaut. Klimaschutz schafft Arbeitsplätze, Klimaschutz schafft eine gute Zukunft. Die Stadt steht mit diesem Rechnungsabschluss gut da. Ja, die Herausforderungen sind groß, aber wir schaffen das,
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