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Gemeinderat, 72. Sitzung vom 02.07.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 40

 

vorgehen und muss auch sehr, sehr dringend Maßnahmen ergreifen, es hilft nichts.

 

Das waren hier sehr unterschiedliche Reden der Kolleginnen und Kollegen der Wiener Stadtregierung, aber natürlich appelliere ich auch an Sie: Natürlich neigen Sie dazu, nicht nur Ihre Haltung zu verteidigen, die Grundhaltung würde ich jederzeit auch unterstreichen, sondern sagen auch, na, wir haben die Initiative, die Initiative, die Initiative. Man kann nicht hergehen und sagen, es funktioniert alles super. Man muss es hinterfragen, man muss es in Tagen wie diesen hinterfragen. Jetzt halten Sie sich bitte fest, ich gebe jetzt sogar kurz Herrn Haslinger recht: Es ist nicht der Job der Polizei. Es ist tatsächlich der Job der Geheimdienste und polizeilicher Zusatzorganisationen, da präventiv zu handeln. Die Herren und Damen der Polizei, die dann vor Ort stehen, die haben natürlich einen wahnsinnig schwierigen Job zu lösen und die müssen in Wirklichkeit das ausbügeln, was versäumt wurde.

 

Lassen Sie mich am Schluss noch ganz kurz auf den Misstrauensantrag gegen die Frau Vizebürgermeisterin eingehen, dem wir natürlich nicht zustimmen werden. Ich sage Ihnen auch, warum. Versammlungsfreiheit, Demokratie, Menschenrechte und eine liberale Gesellschaft sind die Eckpfeiler unseres Zusammenlebens. Diese Werte sind und bleiben hoffentlich nicht verhandelbar. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir in dieser Herausforderung agieren, aber es ist das gute Recht der Frau Vizebürgermeisterin, auf eine Demonstration zu gehen, diese zu besuchen und diese zu unterstützen, oder auch nicht. Ob es gescheit ist, ob es vernünftig ist, wage ich zu hinterfragen. Es ist natürlich keine allzu gute Entscheidung gewesen, sage ich jetzt einmal. Das weiß sie ja auch selbst, aber jetzt hier herzugehen und deswegen einen Misstrauensantrag einzubringen, dafür gibt es von unserer Seite keine Unterstützung.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Juraczka. Ich erteile es ihm. Bitte schön.

 

13.25.15

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wenn man der heutigen Debatte über diese von der ÖVP beantragte Sondersitzung gelauscht hat, dann sieht man, wie notwendig sie war, um sich die Situation in dieser Stadt vor Augen zu führen. Es ist ja auch schön, welche Reaktionen allein dieser Satz hervorruft, aber lassen Sie mich einmal zusammenfassen. Wir haben zumindest eines auf die Reise gebracht, diese Straßenkämpfe, wie sie in der letzten Woche in Wien-Favoriten stattgefunden haben, werden von allen Fraktionen einmal abgelehnt. Das ist ja zumindest schon etwas.

 

Ich kann mich noch gut erinnern, als es noch ein bisschen weiter weg war, in Dijon, Paris oder erst vor wenigen Wochen in Stuttgart, hat beispielsweise ein renommierter Sozialdemokrat, der Robert Misik, noch gemeint: „Die empörten grünen Regierungsmitglieder in Baden-Württemberg haben in ihrer Jugend ja viel härtere Randale gemacht als diese Jugendsünden heute Nacht.“ - Zitat Ende. So wurde bagatellisiert, Gott sei Dank. Wenn so etwas in Wien passiert, wissen wir, dass wir es zu verurteilen haben. Wo es schon problematischer wird, ist, verurteilt man nur eine Seite oder sagt man generell, wir wollen das nicht.

 

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wenn auf der einen Seite die Grauen Wölfe und „Allahu akbar“-skandierende, muslimische Fundamentalisten marschieren und auf der anderen Seite die PKK-nahen Gruppierungen mit Unterstützung der autonomen Antifa, dann bin ich der Meinung, beide sind keine Bereicherung für unsere Gesellschaft, ganz offen und ehrlich, meine Damen und Herren! In weiterer Folge hat sich eine Debatte, Gott sei Dank, wie ich meine, darüber entfacht, wie es mit der Integration in dieser Stadt steht. Plötzlich heißt es, na, Integration, die gibt es nur beim Bund, denn wir sind gar nicht zuständig. Ja, das könnte man schon glauben. Wir hatten ja noch bis vor wenigen Monaten eine Integrationsstadträtin, die war sich gar nicht bewusst, dass es muslimische Kindergärten in dieser Stadt gibt. So viel zu der Thematik und dazu, wie sie von der Sozialdemokratie wahrgenommen wird.

 

Meine Damen und Herren, wenn wir schon von den Versäumnissen der Integrationspolitik in dieser Stadt reden, dann nehmen wir doch einen aktuellen „Standard“-Artikel vom 20. Juni zur Hand, in dem die Headline lautet: „SPÖ-Wien will mehr Zuwanderer motivieren, die Staatsbürgerschaft zu beantragen.“ Aus Zeitgründen werde ich nicht den ganzen Artikel vorlesen, aber vielleicht nur so viel, die Kernpassagen: Man will sich freilich von der FPÖ, aber auch vom türkisen Teil der Bundesregierung abgrenzen. „Das Credo: Integration ab Tag 1. ‚Das ist bei der SPÖ eine Selbstverständlichkeit‘, sagt ein Sprecher der SPÖ-Wien“ - wäre toll, wenn es so wäre. Aber wie geht es dann weiter? - „Neben Deutschförderung“, so wird aus dem sozialdemokratischen Wahlprogramm zitiert, und gerade bei Deutschförderung muss ich lachen, denn ich bin jetzt seit 2011 hier in diesem Haus und weiß, wie lange es gedauert hat, nein, ich kann nicht einmal sagen, es hat so lange gedauert, Sie zu überzeugen, denn in Wahrheit sind Sie ja noch immer nicht überzeugt, aber Deutschförderklassen in der Schule einzuführen, Deutsch vor Regelunterricht, damit die jungen Menschen dem Unterricht folgen können, als wichtige Integrationsmaßnahme, ist von Ihnen immer massiv bekämpft worden. Nun huldigen Sie den Deutschförderungen. Gott sei Dank, wenn dem so ist, aber es geht schon relativ absurd weiter. So heißt es: „Ein leichterer Zugang zur Staatsbürgerschaft soll für bessere Integration sorgen.“

 

Da sind wir bei einem Thema, das mir schon unter den Nägeln gebrannt hat, bei der Thematik des Wahlrechtes. Da bin ich auch gleich beim Kollegen Haslinger, der meint, meine Fraktion hätte jetzt irgendein Thema aus Wahlkampfgründen entdeckt. So ist das nicht! Seitdem Manfred Juraczka hier in diesem Gremium ist, kämpft er ganz klar dafür, dass Wahlrecht Staatsbürgerrecht zu bleiben hat. Das habe ich vor neun Jahren gemacht, das mache ich jetzt, und das hat mit keinem Wahltermin zu tun.

 

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