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Gemeinderat, 73. Sitzung vom 11.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 21

 

bestehenden und geplanten S-Bahn-Netz und mit sonstigen hochrangigen Verkehrsnetzen koordiniert werden, dass das Ganze wirklich einen entsprechend großen Nutzen bringt, denn wir brauchen diese Verkehrsverbindungen schlicht und ergreifend.

 

Wenn es um die Planung der U5 geht, dann fällt mir in diesem Zusammenhang immer diese Skizze aus der „Tagespresse“ ein, die ich Ihnen hier zeige. Ich lade Sie herzlich ein, nachdem das wahrscheinlich zu klein ist, als dass Sie es sich anschauen können, das einfach zu googeln: Schauen Sie sich unter den Schlagwörtern „Tagespresse“ und „U-Bahn“ diesen U-Bahn-Plan an! - Die spiralförmige U-Bahn würde tatsächlich eine Möglichkeit bieten, alle wichtigen Punkte in der Stadt mit Ausnahme des Hauptbahnhofs miteinander zu verknüpfen. Die Satire trifft in diesem Fall in der Tat fast alle wesentlichen Fehlentwicklungen, die es im Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau gegeben hat. Schauen Sie sich das an! Normalerweise hat man das als Redner nicht so gerne, wenn alle in den Computer schauen, aber ich rege jetzt an: Tun Sie das!

 

Nun aber zurück zum Ernst: Im konkreten Fall der künftigen U5, dieser Türkis eingefärbten Linie - es war wichtig, dass man darüber entscheidet, dass sie Türkis und nicht Pink ist -, fehlt zum Beispiel ein entscheidender Abschnitt, nämlich die Verbindung mit der S45 in Hernals. Warum das nicht geplant wird und stattdessen eine letztlich als verlorener Aufwand bei einer späteren Verlängerung anzusehende Wendeanlage dort gebaut werden muss, das wissen die Götter! Die immer gebrachte Argumentation, dass man mit dem Bund noch keine Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen habe, ist sicherlich nicht triftig, denn eine solche Finanzierungsvereinbarung gibt es für gar nichts! Seit 1979 gibt es keine gesetzliche Grundlage für die Finanzierung des U-Bahn-Baus gemeinsam mit dem Bund. Das hat die Frau Stadträtin zwar seinerzeit bestritten, als ich ihr das aus dem Rechnungshofbericht vorgelesen habe. Aber der Rechnungshof weiß ja wohl, was er geprüft hat, und er hat das eindeutig kritisiert: Es gibt bis zum heutigen Tag keine wirklich gesetzeskonforme Finanzierung der Wiener U-Bahn. - Daran sollten Sie vielleicht einmal arbeiten!

 

Aber kommen wir zurück zu dem Problem der derzeitigen Verzögerungen und der Kostenexplosion. - Mich erinnert die ganze Geschichte in der Tat auch ganz frappant an das KH Nord! Ich kann mich erinnern, dass ich in der Untersuchungskommission Bgm Häupl - beziehungsweise auch damals schon Ex-Bürgermeister - gefragt habe, warum er denn, obwohl im Jahr 2015 ja schon absehbar war, dass sich da Verzögerungen und Kostenexplosionen ergeben werden, nie darüber geredet hat, sich da nicht eingemischt hat und das nicht zur Chefsache erklärt hat.

 

Er hat mir damals mit entwaffnender Ehrlichkeit gesagt: Wissen Sie, in dieser Zeit hatte ich Wichtigeres zu tun, denn da musste ich darauf achten, dass die FPÖ bei der nächsten Wahl nicht zu stark wird. - Ja, so sieht es aus! Sie kümmern sich nicht mehr um die sachlichen Probleme, sondern Sie betreiben Wahlkampf. Das machen Sie vielleicht gar nicht so schlecht. Aber wichtiger wäre den Wienern, dass die U-Bahn rechtzeitig fertig wird! Darum sollten Sie sich kümmern.

 

Kollege Auer-Stüger hat vorhin gemeint, wir sollten den Wiener Linien ja dafür dankbar sein, dass sie diese Ausschreibung aufgehoben haben und ihnen den Rücken stärken: Grundsätzliche finde ich es natürlich richtig, dass, wenn freche Angebote, die weit über dem Schätzpreis liegen, eingebracht werden, entsprechend hart reagiert wird. Aber es ist schon erstaunlich, dass dieses Problem offensichtlich vor einem Jahr aufgetaucht ist und man es in der Zwischenzeit nicht geschafft hat, eine neue Ausschreibung wirklich zu einem Ende zu bringen.

 

Ich habe den dunklen Verdacht, dass bei der ganzen Sache eine Deadline in der Größenordnung von 12. Oktober angepeilt wird, denn dann wird die bittere Wahrheit herauskommen, dass es immer noch viel zu teuer ist. Dann wird vor allen Dingen wiederum Zeit vergangen sein. Ein ganzes Jahr Verzögerung ist jetzt alleine aus diesem Grund schon entstanden. Das heißt, die ganze Geschichte wird sich in mehrfacher Hinsicht verzögern.

 

Es gibt aber noch einen ganz anderen Aspekt, den man bei der Sache berücksichtigen sollte. Wie kommt es eigentlich, dass bei einer Ausschreibung so viele beziehungsweise offensichtlich durchgehend viel zu hohe Angebote gelegt werden? - Da steht natürlich sofort der Verdacht im Raum, dass es sich um eine illegale Preisabsprache handelt. Das ist etwas, was nicht allzu selten vorkommt, wie wir wissen. Es gibt einen bei der Wettbewerbsbehörde und bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Fall unter dem Stichwort Baukartell, in welchem alle namhaften Firmen von Porr über Strabag und auch viele kleinere Firmen Beschuldigte sind, weil sie über Jahre eine gewaltige Anzahl von Verfahren, also hunderte Verfahren, manipuliert haben und dort diese Absprachen zu gewaltigen Mehrkosten für die meist öffentlichen Auftraggeber geführt haben.

 

Meine Damen und Herren, dagegen muss man sich wehren! Auch wenn es tatsächlich so ist, dass jetzt die eine Ausschreibung wegen solcher Auffälligkeiten aufgehoben wurde und man die andere nicht zu einem Ende bringt, weil offensichtlich die Angebote immer noch schlecht sind, dann warte ich doch darauf, meine Damen und Herren, dass langsam einmal eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und bei der Bundeswettbewerbsbehörde gemacht wird und man nicht mehr einfach sagt: Irgendwann wird es schon fertig werden!

 

Entweder-oder: Entweder diese Verfahren müssen neu gemacht werden, das ist in Ordnung, das soll geschehen, aber in einem vernünftigen Zeitrahmen. Und wenn da etwas Strafrechtliches im Hintergrund steht, dann bitte schleunigst mit dem auf den Tisch, was damit zusammenhängt!

 

Jetzt möchte ich mich aber noch mit einem anderen Aspekt der gesamten Kostenentwicklung befassen. Wie gesagt: Unbestritten ist, dass Wien eine U-Bahn braucht und es gut ist, dass wir inzwischen eine haben. Unbestritten ist aber auch, dass Wien so ziemlich die teuerste U-Bahn der Welt hat. Das Thema hat vor vielen Jahren

 

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