Gemeinderat, 73. Sitzung vom 11.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 21
Nach der sehr polemisierenden Rede des Herrn Stürzenbecher, die eigentlich das widerspiegelt, was die SPÖ widerspiegelt, nämlich dass er sagt, dass jemand nicht anwesend ist, frage ich mich: Wo ist denn eigentlich Frau StRin Sima bei einem so wesentlichen Thema? Kollege Wiederkehr hat eine Sitzung gemeinsam als Fraktion der NEOS beantragt, und wir sind hier. Wir sind hier massiv anwesend, während die Reihen der SPÖ doch ziemlich leer sind. (Zwischenrufe.) Was? - Ja, wir sind da oben!
Aber kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema: Über einen Punkt war ich schon sehr erstaunt, nämlich dass Herr Stürzenbecher gesagt hat, dass es keine Kostenschätzung geben kann. - Ich verstehe, dass es bei Großprojekten, bei denen es um Milliarden Euro geht, keine Kostenschätzung geben kann. Das ist logisch. Ich habe aber trotzdem eine Kostenschätzung. Ihre Aussage ist nicht richtig! Natürlich gibt es eine Kostenschätzung! (Zwischenruf.) Nein, das haben Sie nicht gesagt. Sie haben gesagt, dass es keine Kostenschätzung geben kann.
Wenn es eine politische Grundsatzentscheidung gibt, wird es natürlich eine Kostenschätzung geben müssen. Das ist beim U-Bahn-Bau genau so, wie es auch beim Krankenhaus Nord war. Mich erinnert die Diskussion sehr wohl stark an die Thematik des Krankenhauses Nord, denn damals sind genau dieselben Argumente gekommen: Man kann es nicht genau sagen. - Vor der Wahl heißt es, dass alles okay ist. Nach der Wahl aber steigen plötzlich die Kosten, Stück für Stück. Ich habe das Gefühl, Sie haben wirklich wenig daraus gelernt! Und man verschanzt sich immer hinter den Mitarbeitern der Stadt.
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Auch ich bin sehr stolz, dass es die U-Bahn in Wien gibt. Auch ich bin sehr stolz, dass wir, im Vergleich zu vielen anderen Städten, einen öffentlichen Verkehr haben, der wirklich sehr gut funktioniert. Die Mitarbeiter der Wiener Linien machen einen super Job. Aber trennen Sie bitte zwischen einem Unternehmen der Stadt und der SPÖ! Die Wiener Linien sind nämlich kein Unternehmen der SPÖ! In der Diskussion kommt es aber oftmals fast so rüber, und genau das ist unser Problem.
Die Diskussion um Transparenz entsteht ja genau deswegen, weil von Ihnen immer so getan wird: Das sind ja eigentlich nur unsere Unternehmen, und da haben wir unsere Leute drinnen. - Genau das ist es, wovon wir sprechen, wenn wir über Freunderlwirtschaft sprechen, und das wollen wir nicht! Trennen wir Unternehmen der Stadt, Unternehmen der BürgerInnen, von den Unternehmen der SPÖ! Ich weiß schon, dass die SPÖ das nicht gerne hören möchte: Man verschanzt sich dadurch immer hinter den MitarbeiterInnen und tut so, als ob die Opposition die MitarbeiterInnen angreift. Das Gegenteil ist der Fall! Wir unterstützen die MitarbeiterInnen. Wir haben das bereits beim Wiener Krankenanstaltenverbund gemacht, und zwar vor allem dort, wo die Probleme nicht aufgezeigt wurden und wo man den Menschen der städtischen Unternehmen auch nicht zuhört. Kehren Sie also die Situation in diesem Fall nicht um!
Es wird hier wirklich sehr viel polemisiert. Letztendlich geht es um Ihre politische Verantwortung. Und wir als Opposition fordern natürlich auch die Transparenz der Kosten. Natürlich wollen wir als Opposition regelmäßig, zumindest halbjährlich, einen Bericht über den Stand der Projekte. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich im Gesundheitsausschuss dasselbe beim Krankenhaus Nord eingefordert habe: Das wurde damals belächelt. Wir haben immer wieder nachgehakt: Wo stehen wir mit dem Zeitplan? Wo stehen wir mit den Kosten? - Es ist aber nichts gekommen. Dann hat sich das Stück für Stück verändert, und zwar erst auf Druck der Opposition. Und das ist es genau, wovon wir sprechen, wenn wir Transparenz fordern. Da braucht es eine Kostenschätzung und eine regelmäßige Information, wo wir tatsächlich mit den Kosten stehen. Das ist es, was wir als Opposition von Ihnen, von der SPÖ und den GRÜNEN, verlangen.
Jetzt komme ich zum Thema der Bürgerbeteiligung. Sie sprechen von Bürgerbeteiligung und beteuern auch am Beispiel des U-Bahn-Ausbaus, wie wichtig Ihnen das ist. Aber es sind ganz wichtige Menschen hier in dieser Stadt, die Sie nicht berücksichtigen. Frau Kollegin Emmerling hat das schon gesagt: Es geht auch um jene Menschen, die behindert beziehungsweise nicht gut zu Fuß sind. Wie kann es denn sein, dass wir sieben Jahre lang bei der U4-Station Pilgramgasse auf Grund der Umbauarbeiten keinen Lift haben werden? Wie kann das sein? Ich verstehe das nicht! Wissen Sie, wie es für ältere Menschen, die dort über diese Rampe hinuntergehen müssen, oder für Behinderte, die mit dem Rollstuhl über diese Rampe hinunterfahren müssen, ist? Wo ist denn da Ihre Bürgerbeteiligung? Immer wieder kam ein Aufschrei auch von den VertreterInnen dieser Menschen. Aber es kam nichts von Ihnen. Es kam nur lapidar: Das ist nicht möglich. - Ich halte das für unverantwortlich!
Wir haben ein Großprojekt in Milliardenhöhe, aber es ist angeblich nicht möglich, für die BürgerInnen beziehungsweise für jene Menschen einen Zugang zu schaffen, die nicht so leicht zu Fuß gehen können. Es geschieht nichts! (Zwischenruf.) Das kritisiere ich tatsächlich: Das wird nicht für ein halbes Jahr so sein, nein, sondern sieben Jahre lang. Bis 2027 wird es dort keinen Zugang für Menschen geben, die behindert sind, die nicht leicht zu Fuß gehen können. Das verstehe ich nicht.
Ein weiteres Thema: Oberflächengestaltung. Wir reden immer vom Klimawandel und Anpassungen an den Klimawandel, et cetera. Bei vielen Ausbaustellen beziehungsweise Endstationen der Wiener U-Bahn besteht wirklich Handlungsbedarf: Wenn ich mir zum Beispiel die Endstation der U2 in der Seestadt und den Zugang zur Seestadt anschaue, dann sehe ich asphaltierte Flächen. Nichts ist begrünt, keine der vielen, vielen Lärmschutzwände entlang der U-Bahn. Das sind Betonblöcke, die sich aufheizen und auch in der Nacht abstrahlen. Da gibt es viele Möglichkeiten, etwas zu tun! Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, dass Stadtbildgestaltung und U-Bahn-Bau nicht viel enger verzahnt sind. Da gibt es wirklich sehr viele Möglichkeiten, doch da passiert viel zu wenig.
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