Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 100
die Intimpflege seitens einer männlichen Pflegekraft durchgeführt wird. Das war absolut gegen ihr religiöses und auch Traditionsverständnis. Obwohl man hier immer wieder versucht hat, zu deponieren, dass hier einfach kultursensible Pflege angebracht ist und dass sich die Mutter eher eine Intimpflege von einer gleichgeschlechtlichen Pflegekraft gewünscht hat, ist das so nicht bei der Pflegeeinrichtung angekommen.
Was ist passiert? Am Ende war das Ganze für sie dann noch mehr Stress, und sie hat sich gedacht, okay, jetzt muss ich irgendwie einen anderen Weg finden, wo ich meine Mutter unterbringe. Sie hat mir wirklich leid getan, und das war nicht nur ihr Einzelschicksal, das war einfach die Situation vieler Menschen mit Migrations- und Fluchtbiographie in Österreich. Die Migrationsgesellschaft in Österreich altert, das dürfen wir nicht vergessen, und es gibt hier auch sehr massive Probleme in Bezug auf die mehrsprachige Pflege.
Damit komme ich zum zweiten Beispiel. Das zweite Beispiel war für mich nicht absolut fremd. Genau in der Pandemiezeit haben wir gemerkt, dass genau diese Generation, diese alternde Generation, die auch auf Dolmetschen und die Übersetzungshilfe angewiesen ist, dann mit ihren unzureichenden Deutschkenntnissen komplett allein gelassen waren, denn in der Pandemiezeit war die Regel, dass es in sehr vielen medizinischen Einrichtungen und auch Pflegeeinrichtungen nicht gewünscht war, dass Begleitpersonen mitgehen. Begleitpersonen waren in diesem Fall halt Familienangehörige beziehungsweise jüngere Familienangehörige, und es ist dann wiederum zu massiven Problemen auf der Ebene der Kommunikation gekommen.
Was ich sagen will, ist: Ja, eine gleichberechtigte Gesellschaft wünschen wir uns alle, aber dafür müssen wir auch investieren, und diese Investition beginnt schon bei der Ausbildung der Pflegekräfte. Dabei müssen wir auch wirklich schauen, dass wir niemanden in diesem Land vergessen, dass es auch Menschen in diesem Land gibt, die besondere Bedürfnisse haben, die auf Pflegeeinrichtungen angewiesen sind, die auf medizinische Informationen angewiesen sind, die gar keinen Zugang zu diesen medizinischen Informationen haben. All diese Probleme dürfen einfach nicht weggedacht werden. Aus diesem Grund ist es für uns ein Anliegen, dass wir hier konkret einmal bei der Ausbildung anfangen und uns konkret bei den Maßnahmen überlegen, welche effektiven und nachhaltigen Maßnahmen es geben kann, damit wirklich niemand mehr in Österreich, niemand mehr in Wien vergessen wird und wir diese Serviceleistungen im Pflege- und medizinischen Bereich für alle zur Verfügung stellen können.
Wir haben ja diesbezüglich schon Beispiele wie das jüdische Maimonides-Zentrum, das sehr gut funktioniert. Es ist für viele Menschen, die dort wohnen, nicht nur ein Pflegeheim, sondern das ist wie ein Zuhause für diese Menschen. Es gibt diesbezüglich sehr viele Beispiele, an denen wir uns orientieren können. Wir brauchen also das Rad nicht neu erfinden, sage ich einmal, sondern es genügt, wenn wir uns bestehende Einrichtungen anschauen und diese bestehenden Einrichtungen dann auch in einer effektiven Form umsetzen.
Wir beantragen heute die Zuweisung dieser Anträge in den Gemeinderatsausschuss. Ich hoffe, diese Anträge finden dann eine breite Unterstützung, denn es ist die politische Verantwortung, dass wir schauen, dass alle Menschen einfach freien barrierefreien Zugang zur Information zu medizinischen und Pflegeeinrichtungen haben. Hoffentlich klappt es dann. Das ist jetzt mein Wunsch, und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Danke sehr.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Die Anträge bitte zu mir oder zum Kollegen. Ich ersuche noch um Desinfektion. - Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Greco. Ich erteile es ihr.
GRin Dr. Katarzyna Greco, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Stadtrat! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und auch Zuhörerinnen und Zuhörer, die hier jetzt live mit dabei sind!
Wie bereits von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern erwähnt, ist der kontinuierliche Ausbau der gesamten Ausbildungsbereiche im Gesundheitsbereich - vor allem jetzt die Zeit der Pandemie zeigt es uns - umso wichtiger. Das gilt aber nicht nur in Zeiten der Pandemie, sondern - Ingrid Korosec hat es bereits besonders schön dargestellt - im Bereich der Pflege auch für die ältere Gesellschaft. Wir dürfen alle länger leben, dazu brauchen wir Unterstützung, und die wird hier geboten. Das heißt, ein klares Ja zu den neuen Ausbildungsplätzen, ein klares Ja zu mehr professionellem Pflege- und Gesundheitspersonal.
Auch - und das sei mir an dieser Stelle gestattet - ein ganz klares Ja zum FH Campus Wien. Er ist in der Zwischenzeit - und ich beobachte das seit geraumer Zeit - schon ein bisschen unsere Kaderschmiede geworden, wenn es um Ausbildungsstätten im Gesundheits- und Pflegebereich geht.
Dieser gesamte Bereich dort am Verteilerkreis Favoriten - vergessen wir nicht die Wirtschaft, wenn wir von Gesundheitsstandort sprechen. Was dort zusammenkommt, das ist Lehre, praxisnahe Lehre, die natürlich auch dafür sorgt, dass das, was essenziell ist, nämlich die Patientensicherheit, in einem Ambiente sichergestellt wird, wo bereits die Lehrenden gemeinsam mit der Industrie, gemeinsam mit allen Stakeholdern zusammenarbeiten.
Wir haben dort einen Ort mit sieben Departements, also Fakultäten, die im Sinne der Stadt, das heißt, von dem, was wir hier beschließen, lehren. Auch das muss hervorgehoben werden: Jede Entscheidung im Gesundheitsbereich, die wir hier gemeinsam fällen, kann dort einfließen, ist das, was wir weitergeben, denn im Endeffekt ist es das Gut, das wir durch die dort ausgebildeten Personen dann an die Wiener Bevölkerung weitergeben.
Es gibt dort in diesem in Summe geplanten Ausbau Life Science, Biotechnologie und viele weitere. 2024 soll er fertig sein. Dort werden dann über 9.000 Studierende in besagten Berufen im Pflegebereich ausgebildet werden: Pflegebereich mit Bachelor, zusätzliche 800 medizinisch-technische Studienplätze, die bereits auch von
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