«  1  »

 

Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 100

 

von Sklaverei, von Vergewaltigungen, von Mord und von grenzenloser Diskriminierung.

 

Meine Damen und Herren, Christen sind die weltweit meistverfolgte Religionsgemeinschaft. Auf unserem Globus sind aktuell 309 Millionen Christen einer sehr hohen bis extrem hohen Verfolgung ausgesetzt. Das ist in etwa so viel wie die Bevölkerung der Vereinigten Staaten, nicht viel weniger. Stellen Sie sich also vor, die gesamte Bevölkerung der Vereinigten Staaten kann ihre Religionsfreiheit nicht ausüben, wird verfolgt, wird eingesperrt, wird hingerichtet und hätte dabei aber keine Stimme, keine weltweiten Proteste, keine internationalen Solidaritätsbekundungen, kein #ChristianLivesMatter, nichts. Es ist ein schweigendes Leid.

 

Die Organisation Open Doors versucht, diesen Schleier zu heben und veröffentlicht jedes Jahr einen Index, der die für Christen gefährlichsten Länder der Erde auflistet. Die Liste wird von Nordkorea, Afghanistan, Somalia, Libyen angeführt. In Nordkorea gibt es Open Doors zufolge 4 Lager, in denen Christen inhaftiert sind, und zwar aktuell 50.000 bis 70.000 Christen, die gefoltert werden und die Zwangsarbeit leisten müssen.

 

Die meisten Todesopfer im vergangenen Jahr gab es in Nigeria: 3.500 Menschen. Diese Zahl ist im letzten Jahr rapide angestiegen. Warum? Weil auf Grund der Corona-Maßnahmen das Land geschlossen war und keine ausländische Hilfe hineinkonnte. Es muss nicht nur so dramatisch sein, die Diskriminierung findet auf ganz, ganz vielen Ebenen statt. In Nepal wurde einer Familie, die vom Hinduismus zum Christentum konvertiert ist, verboten, den dörflichen Brunnen zu berühren. Das wäre natürlich das Todesurteil für diese Menschen gewesen, weil es der einzige Brunnen im Dorf war.

 

Am 24. Dezember gab es in Nigeria von Boko Haram eine Attacke auf eine christliche Kirche, die elf Opfer gefordert hat, und das Ganze am Weihnachtsabend. Sie sehen, wie vielschichtig dieses Problem ist und wie weit die Diskriminierung geht. Es ist tatsächlich nur an der Spitze Mord, es sind auf ganz, ganz vielen Ebenen Verbrechen, die hier geschehen.

 

Die gute Nachricht ist: Hilfe geschieht, Hilfe durch engagierte Einzelpersonen, Hilfe durch NGOs, Hilfe durch einige couragierte Medien, die sich darüber zu berichten trauen. Hilfe geschieht auch, wenn die Einhaltung der Menschenrechte von Regierungen auf bilateraler Ebene eingefordert wird, weil es hier eben nicht nur um Asyl oder Migration geht, sondern es darum geht, die Grundfreiheiten in den Heimatländern sicherzustellen, und dies deswegen eine Materie der Außenpolitik ist.

 

Hilfe kann auch dann geschehen, wenn eine Weltstadt, eine internationale Stadt, eine diverse Stadt, wie Wien es ist, ihre Stimme erhebt. Wozu ich Sie heute aufrufe, ist, ein Zeichen zu setzen, ein Zeichen der Solidarität, und da spreche ich ganz gezielt die geschätzten Abgeordneten der Sozialdemokratie an, die geschätzten Abgeordneten jener Bewegung, die als internationale das Menschenrecht erkämpft.

 

Ich spreche alle Abgeordneten an, die so gerne hier heraufgehen und so gerne Brandreden über Menschenrechte halten. Wir beantragen heute - und ich lese aus unserem Antrag vor -: Wien ist Stadt der Menschenrechte. Der Wiener Gemeinderat verurteilt jede Form der Verfolgung religiöser Minderheiten, besonders der weltweit meistverfolgten Religionsgemeinschaft, der Christen. Die Stadt Wien wird in ihrem Einflussbereich religiöse Diskriminierung bekämpfen und aktiv für den Schutz vulnerabler Gruppen, beispielsweise christlicher Konvertiten, eintreten.

 

Meine Damen und Herren, aus welchem Grund könnte dieser Antrag abgelehnt werden? Weil es Christen sind oder weil diese Menschen nicht in Ihr Weltbild passen oder vielleicht, weil das nicht Ihre Wähler sind oder vielleicht, weil der Antrag von der Oppositionspartei kommt?

 

Ich darf Ihnen etwas sagen: Wenn Sie diesen Antrag ablehnen, meine Damen und Herren, dann ist das im höchsten Maße kleingeistig. Es ist im höchsten Maße kleingeistig von einer Bewegung wie der Sozialdemokratie, die Jahrhunderte alt ist und die angetreten ist, um sich für die Schwächsten der Gesellschaft einzusetzen, für Frauen, für Arbeiter, für Minderheiten.

 

Es ist im höchsten Maße kleingeistig, wenn Sie über Ihre Ideale und über Ihre Ideologie und über Ihre Meinung parteipolitisches Geplänkel setzen und einen solchen Antrag ablehnen, einfach nur, weil ihn die ÖVP einbringt. Das ist peinlich, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Mit unseren beiden Anträgen heute haben Sie die Möglichkeit, ein sichtbares Zeichen zu setzen und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir beantragen die Teilnahme der Stadt Wien am „Red Wednesday“. Der „Red Wednesday“ ist eine internationale Aktion, bei der öffentliche Gebäude einen Tag im Jahr rot angestrahlt werden. Vergangenes Jahr hat das Parlament bereits dabei mitgemacht, es haben einige Ministerien mitgemacht, es haben Kirchen mitgemacht und es wäre doch ein wunderschönes Zeichen, wenn sich auch die Stadt Wien daran beteiligen würde.

 

Sie kennen dieses Konzept ja bereits von „Orange the World“. „Orange the World“ ist eine großartige Kampagne, bei der öffentliche Gebäude orange angestrahlt werden. Damit soll auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam gemacht werden, eine gute, gute, gute Sache.

 

Es ist tatsächlich nicht wesentlich mehr, was wir von Ihnen wollen, denn ich sage Ihnen - und das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben -: Gewalt, meine Damen und Herren, ist Gewalt, Gewalt ist Gewalt, und es ist nicht zulässig, dass Sie zwischen Gewalt gegen die eine Gruppe und Gewalt gegen die andere Gruppe unterscheiden. Es ist nicht zulässig, nicht aus politischen Gründen, nicht aus ideologischen Gründen. Wenn man für den Schutz von Menschenrechten ist, dann ist man das immer und überall auf der Welt.

 

Ich plädiere daher an Sie: Geben Sie sich einen Ruck, stimmen Sie meinen Anträgen zu, diskutieren wir in den Ausschüssen, wie die Stadt Wien sich am besten am „Red Wednesday“ beteiligen kann! Es ist tatsächlich nicht viel, was wir von Ihnen wollen. Es ist tatsächlich nur, dass Gebäude rot angestrahlt werden, ein kleiner,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular