Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 127
schlechte Politik ist, auch hier, wir sind unterschiedliche Parteien, haben unterschiedliche Grundwerte, eine unterschiedliche Politik, die wir verfolgen, und auch ein anderes Klientel, das wir entweder bedienen wollen oder aus unterschiedlichsten Gründen bedienen müssen. Außerdem sind in normalen Zeiten natürlich die Auswirkungen der Politik, die man machen kann, viel langfristiger. Wenn ich zum Beispiel an Pensionsreformen von rechten Regierungen denke, da hat man sich am Anfang gefreut, wenn man das als positiv gesehen hat, denn man spart Geld, die Auswirkungen in zig Jahren, dass es zu Pensionskürzungen und zu etwaiger Altersarmut kommt, waren dann nicht mehr so positiv für die vielen Betroffenen.
Umgekehrt ist das bei uns: Wenn wir als Stadt Wien sagen, wir bauen zum Beispiel einen neuen Schulcampus, dann müssen wir heute Geld ausgeben, aber natürlich haben die Kinder erst in ein paar Jahren etwas davon. In der Krise tickt die politische Welt aber ein bisschen anders, da müssen politische Entscheidungen am besten sofort Wirkung zeigen. In diesem Rahmen von guter und schlechter Politik wird das Ganze dann ein bisschen objektivierbarer, denn - und da möchte ich noch einmal auf das Beispiel, das ich vorher genannt habe, zurückkommen -, wenn ich im November den Umsatzersatz von 80 Prozent beantrage und im Februar habe ich noch immer nichts, dann ist das unmittelbar für mich spürbar. Das ist nicht nur unmittelbar spürbar, sondern das ist auch existenzbedrohend, und so geht es auch gerade ganz vielen Wiener Unternehmerinnen und Unternehmern. In dieser Krise wird es auf einmal viel nachvollziehbarer, für wen Politik gemacht wird, ob das Versprochene auch gehalten wird und vor allem, ob auch vorausschauende Politik gemacht wird.
Und genau dieser letzte Punkt macht objektiv sehr wohl einen Unterschied. In der Krise schnell zu entscheiden, bedeutet nämlich nicht, die langfristigen Auswirkungen aus den Augen zu verlieren. Nein, ganz im Gegenteil, man muss sich immer auch überlegen, was sind die nächsten oder vielleicht sogar die übernächsten Herausforderungen. Alles muss mitgedacht werden. Am Samstag zu verkünden, wie eine Schulöffnung am Montag ausschaut, tut das nicht. Frisöre aufzumachen, ohne sicherzustellen, dass zum Beispiel in den Bundesländern genug Testmöglichkeiten da sind, damit die Leute überhaupt die Frisöre besuchen können, tut das auch nicht. Das bringt nämlich weder dem Frisör was noch dem Menschen mit der herausgewachsenen Dauerwelle.
Die Stadt Wien geht hier zum Glück einen anderen Weg. Bei uns geht es darum, die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit zu beschließen. Und genau das machen wir heute, sehr geehrte Damen und Herren.
Die beiden Maßnahmen, die auch schon vom Kollegen Ornig und vom Kollegen Stürzenbecher skizziert worden sind, stehen für mich sehr sinnbildlich genau dafür. Sie rücken nämlich UnternehmerInnen und vor allem Branchen in den Mittelpunkt, die besonders massiv von der Krise betroffen sind. Sie sollen Voraussetzungen schaffen, um die Folgen der Krise abzufedern. Und genau das ist essenziell. Und, und das freut mich besonders, sie haben darüber hinaus auch noch einen gesellschaftlichen Impact.
Da haben wir eben zum einen - auch schon erwähnt worden - dieses Förderprogramm lebendige Erdgeschoßzonen. Wie im Namen schon erwähnt, sollen die leerstehenden Geschäftslokale wieder gefüllt werden. Dieses Förderprogramm ist nicht neu, aber es ist auf die momentanen Herausforderungen adaptiert worden. Ich möchte jetzt nicht alles noch einmal wiederholen, ich möchte aber auf zwei Punkte eingehen, die ich persönlich besonders toll finde. Das ist zum einen die Möglichkeit zur Zwischennutzung, das ist extrem wichtig, weil damit auch kurzfristig geholfen werden kann, und vor allem auch in der momentanen Zeit, da natürlich die Krise auch ganz viele Leute verunsichert hat, gerade Unternehmerinnen und Unternehmer. Sachen, die man früher vielleicht einfach ausprobiert hätte, sind jetzt nicht mehr so leicht möglich und man überlegt sich vielleicht drei Mal, ob man das macht. Mit dieser Möglichkeit der Zwischennutzung, auch in den Geschäftslokalen, wird das vielleicht erleichtert.
Auch der zweite Punkt, und zwar der Bonus für die GründerInnen, ist gerade in Krisenzeiten extrem wichtig. Leute, die sich in der aktuellen Situation dazu entscheiden, sich selbstständig zu machen, gehen ein enormes Risiko ein. Aber genau solche Leute brauchen wir auch jetzt, da diese Leute uns auch die Möglichkeit bringen, dass wir nach der Gesundheitskrise wieder besser durch die vielleicht dann aufkeimende Wirtschaftskrise weiter auf den Weg kommen. Sie auf diesem Weg zu unterstützen, bringt uns allen etwas.
Das ist also die Seite, die den UnternehmerInnen oder auch den zukünftigen UnternehmerInnen schnell und konkret hilft. Darüber hinaus, und das habe ich auch schon vorher angeführt, gibt es auch einen generellen und langfristigen Vorteil durch diese Förderung. Ich denke, niemand geht gerne durch Straßen in Städten, wo entweder prinzipiell nichts los ist, denn das ist fad, oder wo man von einem leeren Geschäftslokal zum nächsten gehen muss. Bei belebten Erdgeschoßzonen geht es auch um Lebensqualität. Wenn ich in der Früh zur U-Bahn gehe, dann finde ich das super, wenn ich am Weg dort hin meine Uhr zum Reparieren bringen kann oder wenn ich vielleicht noch ein Geburtstagsgeschenk für meine Schwester kaufen kann - da bin ich eh immer sehr spät dran. Genau das ist das, was mir mein Leben erleichtert, was mir Lebensqualität gibt. Und da möchte ich auch an den Kollegen Arsenovic anschließen, auch am Abend, wenn ich nach einer langen Sitzung im Dunklen nach Hause gehe, ist mir eine beleuchtete Auslage viel lieber als ein dunkler und verwaister Eingangsbereich. Und genau dieser Mix, diese Breite der Auswirkung einer Förderung macht gute Politik aus.
Das zweite Förderpaket, das heute beschlossen wird, dreht sich um die Kreativwirtschaft. Eine Branche, die meist nicht direkt, aber ganz, ganz oft indirekt von der Krise betroffen worden ist. Auch das haben wir heute schon gehört. By the way, wir haben schon gesagt, es ist ein Jahr Corona, und nach einem Jahr Corona können Unternehmen, die indirekt von der Krise betroffen sind,
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