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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 127

 

Wettbewerb „Creatives for Vienna“. Die zweite Auflage ist nun in den Startlöchern und ist an die Wiener Kreativszene adressiert, 2021 wird es um die Umsetzung der kreativen Lösungen für die Stadt gehen, allen voran um Initiativen für die urbane Community. Die maximale Fördersumme pro Projekt beträgt 7.000 EUR, insgesamt stehen, wie schon erwähnt, 1 Million für die Projekte der Kreativwirtschaft bereit. Start ist, ebenfalls sehr zeitnah, 1. März.

 

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Die Stadt als Impulsgeber in der Krise trägt aus meiner Sicht zur Gesundung der Wirtschaft bei. - Frau Vorsitzende, ich danke Ihnen.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke schön, Herr Berichterstatter.

 

13.52.24Es gelangt nunmehr die Postnummer 4 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Förderung an den Verein Miteinander Lernen, Beratung-, Bildung- und Psychotherapiezentrum für Frauen, Kinder und Familien. Ich darf die Berichterstatterin, Frau GRin Mag. Abrahamczik, ersuchen, die Verhandlung einzuleiten.

 

13.52.50

Berichterstatterin GRin Mag. Nina Abrahamczik: Ich bitte um Zustimmung.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Ich eröffne die Debatte, und zu Wort gelangt Frau GRin Mag. Aslan. Bitte.

 

13.53.06

GRin Mag. Aygül Berivan Aslan (GRÜNE)|: Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir einen derartigen Antrag begrüßen, obwohl wir der Meinung sind, man hätte da schon mehr Budget zu Verfügung stellen können, denn immerhin befindet sich der Verein Miteinander Lernen in einer Krisenzeit, es war für sie eine Herausforderung, in der Pandemiezeit ihre Kundinnen und Kunden weiterhin effektiv zu betreuen. Ja, ich hoffe, nächstes Jahr geht sich mehr Budget aus.

 

Aber was ich heute einbringen will, ist ein anderer Antrag, und zwar ein Antrag für Frauen mit Migrations- und Fluchtbiographie 50plus, denn Frauen über 50 Jahre mit Migrations- und Fluchtbiographie gehören nicht nur in Krisenzeiten zu den größten Verliererinnen, sondern sind auch ohne Krisenzeiten benachteiligt. Damit meine ich explizit Frauen, die in den 50er, 60er Jahren als sogenannte Gastarbeiterinnen nach Österreich geholt wurden oder vor Kriegen fliehen mussten.

 

Die Gründe, warum die Frauen ab dem 50. Lebensjahr vom System auf der Strecke gelassen werden, sind vielfältig. Viele dieser Frauen durften auf Grund ihrer Ausgangssituation die Schulpflicht in ihren Herkunftsländern nicht erfüllen. Sie verfügen leider zum Großteil über unzureichende Deutschkenntnisse, einige von ihnen sind Analphabetinnen. Das ist auf die patriarchalen Strukturen in ihren Herkunftsländern zurückzuführen, und dazu kommen natürlich traditionelle Rollenbilder, die Frauen in der Mehrheitsgesellschaft, in der Aufnahmegesellschaft auch nicht anders haben, wo das Verständnis von Arbeitsaufteilung im Haushalt und in der Erwerbsarbeit zwischen Frauen und Männern eine ganze andere ist.

 

Diese Verhaltensmuster schränken auch die Arbeitschancen vieler Frauen mit Migrations- und Fluchtbiographie ein. Die 1. Generation hatte damit eine ganz andere Ausgangsituation als die 2. Generation von Frauen mit Migrationsbiographie. Je nach Herkunftsland und Alter verstärken sich die Unterschiede deutlicher. Zum Beispiel haben ältere Frauen aus muslimisch geprägten Ländern wie Türkei oder Afghanistan somit eine ganz andere Ausgangssituation als jüngere Frauen aus nichtmuslimischen Ländern wie zum Beispiel Russland oder Slowakei, weil das patriarchale Gesellschaftsverständnis hier oft in seiner strukturellen Ebene einfach tiefgreifender ist.

 

Die Problemlagen von Frauen mit Migrations- und Fluchtbiographie haben sich allerdings während der Pandemiezeit verschlechtert. Sie arbeiten überwiegend in prekären Arbeitsverhältnissen oder haben überhaupt keinen Arbeitslosengeldanspruch, wenn sie davor schon nicht oder geringfügig beschäftigt waren. Hier beginnt für explizit diese Personengruppe eine Ausweglosigkeit. Das bedeutet, sie bleiben einfach auf der Strecke, landen dann in der Arbeitslosigkeit, werden dann vom AMS schwer vermittelt, weil sie halt nicht über genügend Deutschkenntnisse verfügen. Gerade in der Pandemiezeit sind sie wahrscheinlich die Letzten, die drankommen, wenn es um Arbeitsvermittlung geht. Wenn sie Pech haben, fallen sie dann in die Notstandshilfe, und das bedeutet, irgendwann einmal fallen sie auch aus der Versicherung heraus und man drängt sie dann in diese finanzielle Abhängigkeit ihrer Ehemänner. Und was ist dann mit jenen Frauen, die arbeitsunfähig sind, die invalid sind? Die haben natürlich ganz andere Probleme, denn auch in der Arbeitslosigkeit ist es für viele schwer, hier überhaupt eine Invaliditätspension, auch nur befristet, zu beantragen, weil viele diese zirka 15 Beitragsjahre nicht erfüllen. Das bedeutet, sie bleiben weiterhin auf der Strecke der Langzeitarbeitslosen im AMS, sie haben keine Möglichkeit, keine Rahmenbedingungen, auch nur für kurze Zeit in die befristete Invaliditätspension zu gehen, weil sie die Beitragsjahre nicht erfüllen, weil sie geringfügig- oder teilzeitbeschäftigt waren. Somit werden sie einfach vom System und auch gleichzeitig von jeglicher Form der Arbeitsvermittlung im Stich gelassen.

 

Ich kenne diese Problemlage auch persönlich, weil ich als Jusstudentin auch Rechtsberatungen und Sozialberatungen im AMS gemacht habe. Damals gab es die gleichen Probleme, wir haben wirklich nicht gewusst, wie wir diese Frauen unterstützen können, wie wir dazu beitragen können, dass sich diese Frauen wieder am Arbeitsmarkt beteiligen können, wie wir es schaffen können, dass diese Frauen nicht auf der Strecke gelassen werden. Und wenn ich mir das Ganze anschaue, hat sich nach 15 Jahren nichts geändert. Die Frauen werden weiterhin auf der Strecke gelassen, sie werden vom System im Stich gelassen, gerade in der Pandemiezeit denkt niemand an sie, man kann sie nirgendwo hin vermitteln, weil alle anderen ja davor kommen.

 

Insofern war es für mich persönlich und auch für meine Kollegin Vicky Spielmann ein Anliegen, dass wir auf diese Frauen nicht vergessen. Vergessen ist für mich in einer Gesellschaft unsolidarisch. In unserer Gesellschaft müssen wir darauf schauen, dass wir auch jene

 

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