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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 127

 

standen ist, und die Faktenlage machen einen Rücktritt unausweichlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

Aber lassen Sie mich die Vorwürfe, die wir verschriftlicht haben, noch einmal mündlich zusammenfassen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat im Herbst 2020 Ermittlungen gegen Herrn Bezirksvorsteher Nevrivy aufgenommen. Sie hat Ermittlungen betreffend das Vergehen Verletzung des Amtsgeheimnisses, die Verbrechen der Bestechlichkeit sowie mehrere Fälle des Vergehens der Vorteilsnahme zur Beeinflussung aufgenommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne den Gerichten vorgreifen zu wollen, für diese Delikte drohen bis zu fünf Jahren Haft. Der Vorwurf gegen Herrn Nevrivy lautet, er habe neben monetären Vorteilen - wie VIP-Karten, die durch die Medien gegangen sind, oder vielleicht auch Auftritten von Bands, für die er bei seiner privaten Hochzeit Spenden lukriert hat - auch Vorteile für seine Frau und für seine Familie erhalten.

 

Was hat er dafür getan? - Er hat eben aus jener Kernteamsitzung mit der MA 21 auf der einen Seite und den Wiener Linien auf der anderen Seite eine Datei, die sogar im Betreff als „Vertraulich“ gekennzeichnet war, weitergeleitet, nicht vielleicht an andere Politiker zur Abstimmung, sondern an einen privaten Bauträger. Das allein macht eine mehr als schiefe Optik.

 

Der Gegenstand dieser Datei, das sollen eben Informationen über das Kaufvorhaben der Wiener Linien gewesen sein, die das Nachbargrundstück der Remise Attemsgasse erwerben wollten. Gleichzeitig hat der Bezirksvorsteher dem Unternehmen auch noch eine Immobilienmaklerin vermittelt, die Kontakte zur Eigentümerin des Grundstücks in der Attemsgasse herstellen sollte. Das heißt, er hat nicht nur gesagt, wo es etwas zu kaufen gibt, sondern er hat auch quasi gleich eine Immobilienmaklerin vermakelt und weitergeleitet, die diesen Kontakt zur Besitzerin des Grundstücks in der Attemsgasse herstellen sollte. Tatsächlich hat der Unternehmer das Grundstück daraufhin um 1,3 Millionen EUR gekauft und im Jahr darauf um 2,1 Millionen EUR weiterverkauft.

 

Na gut, da könnte man jetzt sagen, das ist ein guter Geschäftsmann, das kann man so oder so sehen, das ist eine schiefe Optik, aber vielleicht nicht strafbar. Das kann man so oder so sehen, die Staatsanwaltschaft wird es herausfinden. Was aber das Ganze doppelt schief macht beziehungsweise mehr als schief, das ist das Hintergrundwissen, dass die Wiener Linien genau jenes Grundstück, das sie dann um 2,3 Millionen EUR von der Firma, zu der es Herr Nevrivy weitergeleitet, verkauft hat, ein Jahr zuvor um 0,7 Millionen EUR kaufen wollten. Diese 0,7 Millionen EUR waren der Verkäuferin zu wenig. Die hat gesagt, sie will mindestens 1,3 Millionen EUR.

 

1,3 Millionen EUR sind den Wiener Linien zu teuer. Ein Jahr vergeht, in dieser Zeit wird das Grundstück vom Herrn Bezirksvorsteher Nevrivy an ein befreundetes Immobilienunternehmen vermakelt, und ein Jahr später können die Wiener Linien plötzlich 2,3 Millionen EUR für ein Grundstück zahlen, das ihnen im Jahr zuvor nicht einmal 1,3 Millionen EUR wert war. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da braucht man keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, da sagt einem der gesunde Hausverstand, dass da nichts mit rechten Dingen zugegangen ist.

 

Es wundert mich an dieser Stelle natürlich schon auch, dass die Wiener Linien zwar sagen, dass sie eine genaue Prüfung einleiten werden, warum man wenige Monate später 1 Million EUR mehr als ein Jahr zuvor zahlen konnte oder zahlen wollte, aber der zuständige Stadtrat, Stadtrat Hacker, oder auch Sie, Herr Bürgermeister, das bis jetzt nicht kritisch hinterfragt haben, weil es ja doch 1 Million EUR des Steuergeldes der Wienerinnen und Wiener ist, das da zweifelhaftest verwendet wurde und das Gegenstand von juristischen Ermittlungen ist. Da sollte die Stadt Wien schleunigst von sich aus tätig werden und eruieren, wie es zu dieser Differenz von einer Million innerhalb von einem Jahr kommen konnte. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das hätte schon längst passieren müssen.

 

Es ist ja auch nicht der erste fragwürdige Immobilien-Deal, den es in den letzten Jahren in Wien gegeben hat. Ich denke da beispielsweise an die ganzen Situationen rund um den Heumarkt, wo Korruptionsverdachtsmomente im Raum gestanden sind, wo es Hausdurchsuchungen bei Magistratsabteilungen gegeben hat, ich denke an den einen ehemaligen Bundeskanzler, der auch Wohnbaustadtrat in Wien war, der gute Geschäfte mit Umwidmungen in Wien gemacht hat, wo offensichtlich die MA 21A nicht weiß, was die MA 21B macht. Wenn Leute profitieren, dann sind das interessanterweise SPÖ-Leute oder Leute, die diesem Umfeld ganz nah entspringen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat deswegen auch zu Recht einen großen medialen Aufschrei gegeben und es hat zu Recht eine große mediale Berichterstattung und auch eine große Entrüstung in der Bevölkerung darüber gegeben, wie schamlos manche Politiker offenbar meinen, mit Macht umgehen zu können, die sie ja in Wahrheit nur geliehen haben, nur weil sie diese Macht in Wien schon seit Jahrzehnten ausüben. Aber ich sage Ihnen, die Leute haben genug von dieser strukturellen Korruption in Wien.

 

Es wenden sich ja auch immer mehr Whistleblower an uns, und in dem Fall hätte es ihre Whistleblower-Stelle gar nicht gebraucht, auch wenn ich sie grundsätzlich nicht schlecht finde, denn durch einen Whistleblower sind wir auch an die Informationen über Herrn Nevrivy gekommen. In den letzten zwei Wochen haben sich da auch durchaus noch weitere Informationsstränge von neuen Whistleblowern ergeben, die sich bei uns gemeldet haben, die sich bei Zeitungen gemeldet haben, aber das werden wir dann in den nächsten Tagen veröffentlichen, wobei Herr Nevrivy und seine Familie eine durchaus wichtige Komponente spielen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt natürlich auch einen Koalitionspartner in Wien, der bei diesen Dingen wegschaut. Das macht es ja, wenn man sich die Vorgeschichte der Partei anschaut, eigentlich gerade doppelt traurig. NEOS, eine Partei, die angetreten ist, um für Transparenz zu sorgen, um dafür zu sor

 

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